Montag, 11 Oktober 1954

Raupe und Schmetterling (G)

Den glänzenden Falter 
trägt innen die unscheinbare Raupe,
die Nonne; wenn sie, nachdem sie lang in der Vorhalle
gewartet 
und als auf dem Platz es zu dämmern begonnen, 
05 endlich an den Gendarmen vorbei, die in Gruppen zu vier die
Drängenden ordnen, 
eingedrungen ins Herz, dessen Riesengewölb hinter Simsen 
verborgene Lampen erleuchten: 

wenn, in der reglosen Hitze nur vom dunkel 
stockigen Blutstrom der Frommen aufrecht gehalten, 
10 nun endlich sie fängt im über 
dem Kopf emporgehaltnen kleinen 
Spiegel – darin nie oder nur mit 
schlechtem Gewissen sich selbst sie erblickte – 
auf den weissen Greis weit vorn auf dem Thron 
15 (man hat alle Fenster geschlossen, damit er sich nicht erkälte), 
der französisch anspricht die Menge:

jubelt sie „wie schön er doch ist“ und 
trägt, Raupe den Falter<,> ihn dann hinaus auf die Strasse, 
– blind für den hoch über den Reihen // 14
20 der Klosterschülerinnen, die mit Kerzen zum Maialtar 
ziehn, für den über jetzt lichten Laternen 
im Wechsel hellen, im Wechsel erloschnen 
Ring um die Silhouette des Mailänder Doms, 
die selber gelb werbend umkränzt 
25 den roten Fabriknamen „Motta“ – : 

trägt ihn, bis dass sie, die Raupe, 
selbst, eines sicheren Tags, ein glänzender Falter.


Blatt 13 (A-5-c_08_256.jpg)

G Raupe und Schmetterling

I Den glänzenden Falter

trägt innen die unscheinbare Raupe,

die Nonne:; Wwenn sie, nachdem sie lang in der Vorhalle

gewartet

undals
und  auf dem Platz es zu dämmern begonnen,

05 endlich an den Gendarmen vorbei, die in Gruppen zu vier 

die Drängenden ordnen,

eingedrungen ins Herz, dessen Riesengewölb hinter Simsen

verborgene Lampen erleuchten: 

wenn, in der reglosen Hitzenur
II wenn, in der reglosen Hitze , vom Ddunkel

stockigen Blutstrom der Frommen aufrecht gehalten,

10 nun endlich sie fängt im über

dem Kopf emporgehaltnen kleinen

Spiegel – darin sie nie oder nur mit

schlechtem Gewissen selb¿sich selbst sie erblickte –

auf den weissen Greis weit vorn auf dem Thron

15 (man hatte alle Fenster geschlossen, damit er sich nicht erkälte),

der französisch anspricht die Menge:

III jubelt sie „wie schön er doch ist“ und

trägt, Raupe den Falter ihn dann hinaus auf die Strasse,

– blind für den hoch über den Reihen jetzt lichter Laternen //

Blatt 14 (A-5-c_08_257.jpg)

G Raupe und Schmetterling 2

[ im Wechsel hellen, imWechsel erloschnen

Ring um die Silhouette des Mailänder Doms,

die wirbt für Süsswaren Motta ]

der Klosterschülerinnen, die mit Kerzen zum Maialtar, ziehn
20 der Klosterschülerinnen, die mit Kerzen zum Maialtar,ziehn,

ziehnfür  ↓über
ziehn,  den  jetzt lichten Laternen die zum ziehn zum

im Wechsel hellen, im Wechsel erloschnen

Ring um die Silhouette des Mailänder Doms,

die selber gelb werbend umkränzt

25 dieen roten Fabriknamen „Motta“ – : 

IVträgt ihn,   ↓, die Raupe,
   bis dass sie  selbst , eines glänzender Falter  sicheren Tags,

selbst, eines sicheren Tags, ein glänzender Falter.

11.10.54

  • Besonderes:

    alR Strophennumerierung I - IV
    Verso: Typoskripte↑ (Sebastian Franck, S. 67, 66)

  • Letzter Druck: Die verwandelten Schiffe 1957
  • Textart: Verse
  • Datierung: Vollständiges Datum
  • Strophen: ja
  • Schreibzeug: Bleistift
  • Signatur: A-5-c/08_035
  • Seite / Blatt: 13, 14

Inhalt: 205 Manuskripte und 25 Typoskripte zu 33 Gedichten (3 Endfassungen)
Datierung: 1.1.1954 – 27.12.1954
Textträger: 271 Einzelblätter (A4-Format)
Umfang: 36 Dossiers, 270 beschriebene Seiten
Publikation: Die verwandelten Schiffe (15 Gedichte), Verstreutes (3 Gedichte)
Signatur: A-5-c/08 (Schachtel 35)
Herkunft: Mappe EG 54 I, EG 54 II

Wiedergabe: Edierte Texte, Abbildungen, Umschriften

Weitere Fassungen

Manuskripte 1954 (alph.)
(Total: 230 )
Manuskripte 1954 (Folge)
(Total: 230 )