Inhalt: Typoskripte aus verschiedenen Dossiers außerhalb der normalen archivalischen Zuordnung
z. T. Makulatur, auf der Rückseite als Manuskripte verwendet
Wiedergabe: Edierter Text
Soll ich nicht der lobenden Worte
Fülle verschwenden
an diese Glocken,
die aus bedachtsam
05 kreisenden Rädern
hängen dem Nachtwind
ein ihre Töne,
dass ein jeder
leuchte für sich
10 neben den Sternen?
Nicht zum Reigen gefügt
quellen sie los aus dem Turm.
Nein, wie das Kind aus dem Schoss, wie
Tränen aus trauerndem Herzen
15 perlen sie einzeln,
schwer und vollendet,
ohne dass einer wüsste,
wie sie gewachsen.
Ja, ihr fielet,
20 klingende Tränen,
in meine wache,
friedlose Nacht.
Und mit den irrenden Winden
kamt ihr zu mir, da ich stand
25 am Gemäuer des Weinbergs
mitten im Winter.
Zu mir, dem Trauernden, her
fandet ihr,
wie zu den Hügeln dort, die
30 tragen auf kahlen Gipfeln
verfallne Kapellen.
Aber es bleibt noch Gestrüpp,
wucherndes wild,
und noch Bäume gereckt
35 in dieses Januars, des sommergleichen,
unbegreiflichen Himmel.
Auch du, Clivio, harrtest und beugtest dich duldend,
als dir kahl ward das Land, das
stets dich schmückt' als Geschmeide
und im duftenden Kranz
05 dir deine Hochzeit umprangte.
Duldend ertrugst du die Öde,
immer gehorsam gebreitet über die Hänge am Bach.
Aber dass dir nicht mangle vom neuen Tage die Botschaft,
hobst du nicht darum die Türme
10 hoch zum schweigenden Himmel?
Hobst du nicht darum sie auf,
dass sie hinaus vom Rade schleudern sollten die Töne,
wie einst Noah den Tauben am Fenster der Arche
löste die Fesseln der Füsse,
15 dass sie suchten trockenes Land und eine grünende Insel?
Siehe, schon fanden sie dort zum Rasten den Hügel
und der Eichen blattlose Kronen gesponnen ins Silber des Himmels.
Wer wollte Segen dir weigern und wer dir weigern Lobpreisung,
magdliches Clivio, dir? Denn nicht vergebens
20 drehte sich langsam das Rad im Gehäuse des Turmes,
säend die Klänge hinaus, die strenge gestuften,
über den trauernden Weinberg und den versiegenden Bach.
Stille steht es jetzt, es stocken die Töne,
schweigend ruhst du im Lichte,
25 da dir der Bräutigam kommt.
Gibt es denn Winter, mein Herz, die, wenn kahl auch,
glühen wie Sommer und, blumenlos, duften wie Rosen?
Warum liebe ich die trüglich erbrochene Landschaft,
ob sie vom Juli auch zehrt und von den Gluten des Augusts?
05 Singen will jetzt mein Herz dem blutigen Ringe,
wie ihn der Abend entflammt,
ziehend zum Zenith empor des Himmels glasblau Gewölbe.
Und wie dunkle Gebärden des Flehns und der ständigen Bitte
brechen Zypressen hinauf,
10 schwarz durch den feurigen Saum.
Wagst du es noch, mich zu lieben, da über die feurige Flut
immer dunkelt mein Trotz,
querhin gestreckt?
Aufwühlt vergebens der Wind die kreisende Erde,
15 und nur ein Totes aus mir
bricht in den fiebernden Winter.
[ Kehr ich wieder an die MorgensteIle,
wenn der Baum die Wurzeln löst und tanzt,
komm ich nochmals in den Hain am Abend,
wo der Fels den Fels vergisst und tanzt:
05 trittst du mit dem Köcher in den Reigen,
den der Baum, der Felsen um dich tanzt,
schwebt dir auf der lichten Stirn die Sichel,
Mondessichel überm Tanze tanzt:
Bleiben will ich bis zum Morgen, wo der
10 Baum, der Felsen um die Sichel tanzt ]
[ Flieht der Kuckuck vorm Gewitter
mir in Schoss,
deck ich ihn mit dem Gewande,
wächst er gross:
05 wächst er mir zum heissen Werber
unterm Strahl,
lässt mir gegen Kuss und Donner
keine Wahl.
Schmilzt Gewitters letzte Trümmer
10 jetzt die Nacht,
stellt gerettete Gestirne
auf die Wacht:
trägt die zitternde, beschirmte,
kleine Last
15 sicher in die Hochzeitsgrotte
zagen Gast. ]
[ Dort irrt der Schwarm
von Tauben am Gewölbe lang
wie draussen Frühlings Wolkengang:
in Haft und Harm.
05 Das zage Tier,
trägt allen Himmel in dies feuchte
Gelass: und halb verglommner Leuchte
erwacht Begier,
wie Sonne dort
10 der Adler Läufe treulich lenkt,
zu lenken Tauben unversengt
am niedern Ort. ]
[ Schlägt das Rad aus dem Gebüsch,
magst du stets noch Blumen mischen,
wenn der Mond steigt, sich zu mischen
Pfauenaugen, ins Gebüsch?
05 Schlägt aus Dämmer, hell bestimmt,
dir das augenreiche Rad,
magst du vor dem Pfauenrad
dämmernd stehen, unbestimmt?
Vor den Augen im Gebüsch
10 kannst nicht länger Blumen mischen:
schwinde, dich dem Mond zu mischen,
in das Pfauenradgebüsch. ]
[ Kehr ich wieder an die MorgensteIle,
wenn der Baum die Wurzeln löst und tanzt,
komm ich nochmals in den Hain am Abend,
wo der Fels den Fels vergisst und tanzt:
05 trittst du mit dem Köcher in den Reigen,
den der Baum, der Felsen um dich tanzt,
schwebt dir auf der Stirn des Mondes Sichel,
lichte Sichel überm Tanze tanzt:
Bleiben, schauen will ich bis zum Morgen,
10 wo mit Baum und Fels die Sichel tanzt. ]
[ Ohne Königs Lächeln lastet
Stuhl und Teppich eitel hier;
wo der Diener heimlich rastet,
in der Halle flüchtig fastet,
05 sinnt er auf verratne Zier.
Thron, mit Baldachin verhangen,
öffnet sich dem Flitterwicht;
die mit Fackeltanz begangen
Nacht für Nacht, führt Tross gefangen,
10 eh der Saal in Bränden bricht.
Hört er schon die gellen Tritte,
krallt sich zitternd in den Staub?:
Das bewahrte Bildnis glitte
in den Mund, verschlossen litte
15 Foltrung er und Drohgeschnaub. ]
[ Vom Felsen schwankt ihm am Seil
im Krug das Wasser herab,
da ihn nicht stillte das heimlich
aus dem See mit Mühe geschöpfte:
05 Dort spiegelte Licht sich,
wo mühsam er schöpfte,
heimlich, und sich nicht stillte:
im Krug hier schwankt es geborgen. ]
[ Der schwarze Eingang der Grotte lockte die Mädchen nach dem nächtlichen Weg durch den Garten. Aber trotz dem Dunkel, das die Büsche herabschüttelten überall, fürchteten sie sich, jetzt einzutauchen in das hohe, grenzenlose Gewölbe. – Als sie sich darin eine Weile vorwärtsgetastet hatten, standen sie auf einmal vor der Wand: Und der Mond, der nach langem wieder hervorkam, schien hell herein auf den hohlen Mund, auf die Ränder der grundlosen Augen, auf die weh-starren Wangen der Maske, die riesig dahing. ]
[ Aus dem Ufergebüsch
kommen sie wieder mit Fackeln
und steigen zur Grotte hinab,
wo sieht über silberne Herzen
05 das Auge der Mutter aufs Meer,
da sie her ohne Steuer und Ruder
trieb und aus dem Gebüsch
sie kamen und holten vom Schiff
die Wartende ein.
10 Wiederum weht
mit dem Rauch der Fackeln
über silberne Herzen die Hymne
zur erglühenden Kohle des Augs
der Mutter, träges Gewölk. ]
[ Gierig springt
vom Bogen der Pfeil
in die hinter Büschen
verborgene Scheibe,
05 folgend dem Ruf,
der ihm zudringt aus dem Laub:
Springe herein und lass dich nicht fassen,
eh unversehens das Schwarze der Scheibe
dich fängt im Versteck
10 und Schaft dir und Fiederung singend verbeben,
beruhigt von der im Schwarzen der Scheibe
tief ruhenden Spitze. ]
Wenn er auch streift an die Zweige der Wipfel
mit dem gestohlenen Schuh,
so lässt er ihn doch nicht fallen hinab in einen der Gärten
am Wasser,
wo ruhen die Fürsten des Reiches.
05 Sondern erst, wo tief unterm Turm
am Tor der König sitzt im Mittagsgericht,
dort stürzt nieder der Adler und wirft ihm den Schuh in
den Schoss.
Aufschauen Beklagter und Kläger von der umstrittenen
Ware,
da wegfliegt der Adler, lässt fragend den König:
10 Der sendet und findet die Frau im ummauerten Garten,
eben entstiegen dem Bad,
wie ringsum sie sucht den einen, verlorenen Schuh.
"Zum Nest in den Wipfel
folge der Taube,
und brich das neue
Reis, das dich leite
05 durchs Grottengewölbe
hinüber zur Bucht
mit dem weilenden Segel"
ruft aus der Kluft
die Greisin des Waldes
10 zu dem Verirrten
in Dickichts Gedräng.
[ Hinter dem Hafen
heb ich am Schatzhaus des Königs
den einen Stein aus der Mauer,
dass ich trage vom Gold
05 einen vollen Scheffel
nächtlicherweile hinweg,
und füge den Stein zurück in die Mauer.
Und immer am Morgen
tritt durch die Tür, die unverletzte, der König
10 und findet gemindert sein Gold,
weil er nicht weiss,
dass ich allnächtlich
hebe heimlich den Stein,
den einen Stein aus der Mauer,
15 und trage vom Gold
einen vollen Scheffel hinweg.
Und wenn er einmal entdeckte
den herausgebrochenen Stein,
wenn er mich fände und fasste:
20 ich weiss, ich stürbe am Kreuz.
Aber schon ist wieder Abend,
wohlan, ich hebe von neuem
den einen Stein aus der Mauer,
dass ich trage vom Gold
25 einen neuen Scheffel hinweg
aus dem Schatzhaus des Königs,
heimlich, hinter dem Hafen. ]
[ Auf dem Gipfel, der die Inseln der Bucht sammelt von weither,
hängt über jubelnden Waffen der Helm, der umfing das Haupt,
das er ausrief mit dem purpurnen Busch,
hängt noch im Panzer das Bild des vorstürmenden Leibes.
05 Hier liess ers und zog mit den jubelnderen Waffen,
dem lauteren Busch, dem bildsameren Panzer,
mit allem, was liessen die Pilger von früher,
hinab auf den Wogen der Schilde, bis er hinsank in den Rausch
der eroberten Stromstadt
und wieder aufstieg und wehte, Duft des würzigen Ruhmbaums,
10 zurück auf den Gipfel, den beraubten, den geschmückteren Altar. ]
[ Fällt mir der Adler, kaum befreit von der Schlange,
schnell in den Nacken und kratzt die Wange mir blutig,
wenn ich mich bücke, zu trinken:
sinkt drüben schon stöhnend das Reh vornüber ins Wasser,
05 das die Schlange speiend vergiftet, als ich sie würgte. ]
[ Mit der Höhle des Augs sah die die wächserne Maske dich an
aus dem Korb, als du hobest den Deckel.
Sodass du sprangst vom Felsen hinab in die Schlucht,
nur um nicht zu fallen weiter, hinab in das Auge,
05 nur dass du fandest den Schluchtgrund, und wenn du zerschelltest. ]
[ Verborgen den Brüdern, im innern Gemach
den Stein zückt aus Fetzen der Bettler.
Und weinend führt der Vater ihn auf den Altan,
dem Volk zu zeigen den Sohn: es erkennt ihn und jauchzt.
05 Doch tief unterm Strahl, den doppelt hinab
zückt der kräftige Stein, sich ducken die Brüder. ]
[ Du stürzest ins salzige Wasser den Mund,
das bittrer ihn als der Durst sengt.
Ehe du hörst ein Murmeln im Kies,
den Fuss dir scharrend benetzest.
05 Ehe du gräbst mit der Hand,
dass der Strahl dir hervorspringt. –
Laut, laut rufst du, die brennenden Auges,
Begleiter der Wolken, am Rand gehn:
Hier die Glut, wenn träge
10 weiterwandern die Wolken allein,
empfängt den Quellstrahl ins Antlitz,
loht auf und erlischt an der Scheide der Wüsten. ]
Du stürzest den Mund ins salzige Wasser,
das bittrer ihn als der Durst sengt.
Ehe du hörst ein Murmeln im Kies,
den Fuss dir scharrend benetzest.
05 Ehe du gräbst mit der Hand,
dass der Strahl dir hervorspringt. –
Laut rufst du, die mit den Wolken am Rand gehn:
Dass sie, wenn träge allein
weiterwandern die Wolken, ins Auge
10 empfangen den Strahl, der die Glut ihnen anfacht
und löscht an der Scheide der Wüsten.
Gefühlswälder sind süss zu durchwandern,
weil sie die Tageszeit nie genau erkennen lassen,
sondern die Ränder mit dem Dämmerlappen sorgsam verwischen;
und nachts in den Mondlichtungen sieht uns immer das gleiche Reh
05 aus grossen nassen Augen an und rührt uns.
Erst draussen am Abfall der Klippen,
wo nicht einmal mehr das geduckte Gebüsch den Salzwind mildert
und wo die Nacht nackt ist
im scharfen Wintergespräch mit dem von der Woge aufs Höchste
gereizten
10 über den Golf laut Schnee redenden Berg Fudschijama:
da erst begreifen wir, warum wir so lange gegangen sind.
[ Er wühlt sich durch die von Tapetenblumen umwelkte Höhle,
bis er, um in der plötzlichen Hitze unterm Daunengebirge nicht zu
verdursten,
die Früchte isst, die er aus dem Laub der Kleider gepflückt hat:
Die Blätter ringsum auf dem Boden verstreut,
05 eifersüchtig sähen sie auf den Arm,
der den Ast an ihrer Stelle umfängt,
auf die Brust, die den Stamm an ihrer Stelle bedeckt,
wenn nicht der Vorhang Arm und Brust vor der Strassenlampe,
die mit der Windleiter immer anrennt, beschützte.
10 Doch das Treppenhaus rächt sie,
indem es auf einmal durchs Schlüsselloch sein rostiges Licht
in das ganz vergessene Auge hereinsticht. ]
[ Die Flügel ins Netz verwirrt,
mit schmerzenden Schultern hänge ich zwischen Fenster und Strasse,
wenn Noe die Frau aus der Angstarche des Autos hervorzieht:
Vergeblich hatte er mit den Scheinwerfern die Nachtflut
05 um die Bäume und bitteren Büsche für Sekunden getrocknet.
"Hier war es genau, dass er nach meiner Handtasche griff", zittert die Frau,
und schon trinken beide Trost und knabbern Beschwichtigungen auf dem
hellen Erkerhoreb gegenüber.
Sodass aus der erneuerten Flut hinter den bitteren Blättern der
Strolch taucht
10 und mir, der ich auf den Schrei zu Hilfe lief und hilflos ins Netz
fiel, zuwinkt:
Jetzt taucht der Strolch auf und winkt mir aus Strähnen, die von
Nachtflut triefen,
mit zwinkerndem Einverständnis zu. ]
[ Die Wirbel der überschwemmten Strasse tragen
– aber der Wurm sitzt mir im Ohr –
heran die Zigarettenschachtel.
Drin liegt noch eine Zigarette:
05 soll ich sie aus den Wirbeln der überschwemmten fischen?
– Aber der Wurm sitzt mir im Ohr –
Die Zigarette hat sich mit Wasser vollgesogen,
wozu sie aus den Wirbeln der überschwemmten Strasse fischen?
– Aber der Wurm sitzt mir im Ohr ]
[ Der Leopard schläft am Fuss,
die Tänzerin dreht
auf der purpurnen Spitze der Pyramide.
Die Falter, müde vom Flug
05 über das Gras, besuchen
die Tänzerin oben und lassen
sich fangen im Netz
auf der Spitze der Pyramide.
Der Leopard wacht auf, wenn das Gras
10 raschelt und wenn aus dem Netz
der gestürzten Tänzerin wehn, eine gelbe
Wolke, die Falter, besuchen
die nun violette
Spitze der Pyramide.
15 Das Licht des Motorrads erschreckt
den Leoparden. Er läuft
hinter die Pyramide. Und schon
schwarz ist die Spitze. Die Falter
taumeln im Licht des Motorrads.
20 Dreht die Tänzerin hier? Die gelbe
Wolke schmilzt ins Licht des Motorrads.
Der Leopard schläft hinter der Pyramide.
Das Gras steht und die Tänzerin dreht
auf der purpurnen Spitze der Pyramide. ]
[ Die Strasse barst. Und das Gekröse
quoll herauf und stinkt. Man muss sie
verbinden. Dazu wären
mehr Binden nötig als der Winter hat.
05 Der Karneval
schminkt sich weiss und übersteigt mit Mühe
den Graben, hebt den Schirm, als ob der ihn hinüber
trüge, über seine
spitze Mütze in den Wind.]
[ Die Flaschen stehn in der Einfahrt.
Du stolperst. Die blinde
Büste riecht nicht das Blut,
das sich mit dem Katzen-
05 urin mischt. Der Brunnen
springt heller. Der Ginster
stürzt dahinter hervor in die Lache
und stürzt in die Scherben und wird
nicht nass und schneidet sich nicht.
10 Du bleibst in der Einfahrt
liegen. Gelbe Betäubung. ]
[ Die lange Allee.
Der Platz
steinern und leer.
Jählings der Steilhang
05 zum Fluss. ]
[ In den Grotten eisiges Dunkel.
Auf einmal der Glutwind
aus dem offenen Garten. Die Blüten
üppig
die Büsche. ]
[ Eisige Grotten. Auf einmal
der Glutwind aus dem
offenen Garten. Die Blüten
üppig
05 die Büsche. ]
[ Reglos liegen im seichten
reglosen Wasser reglos
in der unmerklich
wandernden Sonne.
05 Warten
auf den Fisch mit der Münze im Bauch
auf die Taube mit der Botschaft im Schnabel.
Warten auf die Woge die fasst auf die
Woge die hochträgt.
10 Und liegen und warten. ]
[ Auf dem Strand der Kadaver
vom Wasser verlassen. Der Geier
auf der Klippe. Erwartung des Mittags, der mürbe
bereiteten Speise.
05 Mit steigender Hitze
wacher und wacher. ]
[ Über den Bäumen geballt
Drohungen. Aber gewendet
schon, aber schon
silbern die Blätter. ]
Die ersten achtzehn Gedichte entstanden zwischen dem 7. Dezember 1980 und dem 11. Februar 1981, noch während ich an "Vor Anker" arbeitete, der Rest nach Beendigung des Stücks seit dem 18. September 1981. Zum Essay über das schweizerische Sprachdilemma machte ich neben der Arbeit an den Gedichten fortwährend Notizen, die Erstfassung schrieb ich dann zwischen dem 14. Juli und dem 25. August 1982. Die Schlussfassung wurde am 25. Februar 1983 beendet.
02 Gedichte und Essay entstanden nicht nur neben einander, sie bedingen einander auch. Der Brief von Nico Bachmann war der Anstoss dazu, mich gründlicher mit dem Thema, das mich seit meiner Kindheit beschäftigte, auseinanderzusetzen. Theoretisch zuerst und dann, in den Gedichten, auch praktisch: die lyrische Gattung schien mir besonders geeignet, um auszuprobieren, ob und wieweit mir der Dialekt als künstlerisches Ausdrucksmittel liegt. Durch diese Arbeit, wie schon vorher bei der Lektüre von Martin Franks Roman "Ter Fögi ische Souhung", fand ich mich in der Vermutung bestärkt, dass die Entscheidung für oder gegen das Alemannische, für oder gegen das Hochdeutsche als Sprache der Literatur und der öffentlichen Kommunikation eine politische ist: Unsere Vorfahren hatten das Hochdeutsche gewählt. Seit dem Zweiten Weltkrieg ist diese Entscheidung in Zweifel geraten. Ob sie am Ende doch wieder bestätigt oder ob sie, wie es im Augenblick scheint, endgültig revidiert wird, stellt sich wohl im Lauf der nächsten Jahrzehnte heraus.
Kuno Raeber
24.4.1983
(Typoskripte 1983)