Typoskripte 1951
Inhalt: 22 Typoskripte zu 21 Gedichten (13 Endfassungen)
Datierung: 1950/1951
Textträger: Einzelblätter (A4-Format)
Umfang: 16 Dossiers
Publikation: Gesicht im Mittag (3 Gedichte), Verstreutes (1 Gedicht)
Signatur: A-5-c/02 (Schachtel 34)
Herkunft: Rote Mappe 1951 G
Kommentar: Dossier 16: Sammlung von 6 Gedichten, vermutl. im März / Mai 1950 entstanden
Wiedergabe: Edierte Texte
Typoskripte 1951 (A-5-c/02)
16 Dossiers
Doss. 16:
2 Bll, 6 Gedichte; je 3 pro Blatt, durch ---- voneinander abgetrennt; bei den ersten beiden Gedichten mit Bleistift eingefügte Titel
Sehr mangelhafte Niederschriften: keine Umlautzeichen (z.T. mit Bleistift ergänzte), Spatien innerhalb von Wörtern, Bleistift und Tintenkorrekturen bei Tippfehlern etc.
Tritt hinab nun nach den Führern
der Verwünschte aus der oberen Welt der
Blumen und der fischbelebten Wasser
in den Glanz der toten Minerale,
05 wo der Dämon unbesiegbar wohnt:
weiss er, dass in kurzem alle folgen
die noch atmend lieben,
durch die Felsentüren in die Unterwelt.
Wenn die obere hier verblasst,
10 muss dort unten totes Bild an totem Bild
innerlich im Licht des Erdendämons glänzen.
- Details
- Konvolut: Typoskripte 1951
- Besonderes: Durchschlag
- Letzter Druck: Unpubliziert
- Textart: Verse
- Datierung: pauschal (Konvolut)
- Fassung: Letzte Fassung
- Schreibzeug: Schreibmaschine
- Signatur: A-5-c/02_001
- Seite / Blatt: 01
Wer in das Totenreich vermessene Fahrt
auf Wagen rauscht mit schnell verschlissnem Prunken
und überdrüssig des, was offenbart,
mit aus dem feuchten Stein geschlagnen Funken
05 die lang verborgene Höhle kaum erhellt,
wo, von den Lebensgärten einst entsunken,
die Flieder in der unbestimmten Welt
vergrauen düftelos in Moderfeuchte:
der taumelt rückwärts vor dem heiligen Zelt
10 am Jauchepfuhl, der ihm das Blut verseuchte,
vom Gegenufer unzerstörter Macht,
die strahlender als jene frühe Leuchte
den Kranken ruft in Königs heile Pracht.
- Details
- Konvolut: Typoskripte 1951
- Besonderes: Typoskript + Durchschlag
- Letzter Druck: Unpubliziert
- Textart: Verse
- Datierung: pauschal (Konvolut)
- Fassung: Letzte Fassung
- Schreibzeug: Schreibmaschine
- Signatur: A-5-c/02_002
- Seite / Blatt: 01
Wäre dieser Strom doch schon erhoben
diese Tiefe schon bereut
wär der Feind vorm Engelheer zerstoben
und das Leben aus dem Sieg erneut,
05 würde an den letzten Abendhängen
jede Pflanze rein benannt
und in unversehrten Fängen
trüg der Vogel endlich fort uns aus dem Brand.
- Details
- Konvolut: Typoskripte 1951
- Besonderes: Durchschlag
- Letzter Druck: Verstreutes
- Textart: Verse
- Datierung: pauschal (Konvolut)
- Fassung: Zwischenfassung
- Schreibzeug: Schreibmaschine
- Signatur: A-5-c/02_003
- Seite / Blatt: 01
- Identisch mit: Verstreutes
Der Sommer ist erkannt,
am End der Glanz,
und unverwandt
ist schon die Traurigkeit gebannt
05 in diesen Kranz
aus Blumen und aus Beeren.
Und willst du den beschweren
mit Süssem noch und noch,
so musst du Last dir mehren:
10 vom Obsthain und den leeren,
entweihten Gärten kommen doch
die Früchte dir zumal aufs Haupt.
Mit Efeu lang der Trunkenheit belaubt
gehst in der Dämmerröte,
15 die dir die Rauschesnacht geraubt,
und irrst vom Schall ertaubt
der wirren Flöte
in Reichtum ächzend durch das Haus.
- Details
- Konvolut: Typoskripte 1951
- Besonderes: 2 Durchschläge
- Letzter Druck: Unpubliziert
- Textart: Verse
- Datierung: pauschal (Konvolut)
- Fassung: Letzte Fassung
- Schreibzeug: Schreibmaschine
- Signatur: A-5-c/02_004
- Seite / Blatt: 01
Wie doch fallen jäh die Flammen
Wanderern aufs Haupt hernieder,
stürzen gierig von den Horsten
Vögel in das Aug hernieder.
05 In der Wüste zückt den Strahl
Dürstendem die nackte Sonne,
peinigt ihn aus fremder Wahl.
Doch in Nächten steigt sie auf
reiner Strahl aus Brunnentiefe,
10 steigt dem Heger, ob er schliefe,
Feuerschlange heiss herauf
aus dem Herd in Leibesmitte:
Dass sie nimmermehr entglitte.
Aus den Klüften schlägt das Haupt
15 Geierflügel, lässt mich ziehen
tappend nur, Gesichts beraubt.
Doch in kahler Kammer schwebt
Silbertaube aus dem Dunkel,
schlägt die Schwinge, streut Gefunkel,
20 das mich Siechenden belebt
über allerkühnste Bitte:
Dass sie nimmermehr entglitte.
- Details
- Konvolut: Typoskripte 1951
- Details:
V. 06 Korrektur: Dürstenden → Dürstendem
V. 07 Korrektur: peinigt jeden ohne Wahl → peinigt mich ... → peinigt ihn aus fremder Wahl
V. 09 Korrektur: «wie ein Strahl → reiner Strahl - Besonderes: Typoskript + 2 Durchschläge (Korrekturen)
- Letzter Druck: Unpubliziert
- Textart: Verse
- Datierung: pauschal (Konvolut)
- Fassung: Letzte Fassung
- Schreibzeug: Schreibmaschine
- Signatur: A-5-c/02_005
- Seite / Blatt: 01
Allzu leicht nicht
sei uns Erfüllung,
wenn der Weg über Halden,
über Schotter und Bruch
05 leitet zur Lichtung des Gipfels:
wo Beeren
tief in den Herbst noch
süss zwischen den Adern der Blätter,
Tropfen Bluts
10 brennen, im Schnee noch an Weihnacht.
Nicht zu leicht
sei uns Verwöhnten Erfüllung,
da nimmer verlangte
unsre Sattheit am Wegsaum des Tieflands
15 die Beeren,
bevor wir, ernüchtert im Schweiss,
mit gekräftigten Sinnen
uns bereitete Süsse, gütig
wie Ostereier den Kindern im Garten verstreute,
20 versteckt gebotene Gaben
lüstern erfahren
in hoher Luft nahe dem Himmel,
Vorpfand verschwendrischen Mahls.
- Details
- Konvolut: Typoskripte 1951
- Details:
V. 08/09 Korrektur: Blätter / wie → Blätter, /
V. 18 Direktkorrektur: gütig verstreute → gütig - Besonderes: Typoskript + 3 Durchschläge ( Korrekturen)
- Letzter Druck: Unpubliziert
- Textart: Verse
- Datierung: pauschal (Konvolut)
- Fassung: Letzte Fassung
- Schreibzeug: Schreibmaschine
- Signatur: A-5-c/02_006
- Seite / Blatt: 01
Nahe krächzt,
nahe das Schöpfrad,
hebt aus der Tiefe,
hebt aus der innersten Tiefe
05 den schwankenden Eimer,
voll noch, voll überfliessend dort unten:
aber im Steigen am Seil
gibt er den Reichtum zurück,
lässt ihn fallen zum Schatz heim,
10 dem er enthoben.
O dass nur noch ein Tropfen
meiner geborstenen Lippe
bliebe zur Letzung,
da mich der Abendstern nimmer
15 tröstete, nicht des Mondes lächelnde Sichel:
wenn ich dies reine,
aus der Tiefe mühsam geschöpfte
Wasser nimmer,
auch nicht einen Tropfen empfinge.
- Details
- Konvolut: Typoskripte 1951
- Details: V. 12 Korrektur mit blauer Tinte: schmachtenden → geborstenen
- Besonderes: Typoskript
- Letzter Druck: Unpubliziert
- Textart: Verse
- Datierung: pauschal (Konvolut)
- Fassung: Zwischenfassung
- Schreibzeug: Schreibmaschine
- Signatur: A-5-c/02_007
- Seite / Blatt: 01
Nahe krächzt,
nahe das Schöpfrad,
hebt aus der Tiefe,
hebt aus der innersten Tiefe
05 den schwankenden Eimer,
voll noch, voll überfliessend dort unten:
aber im Steigen am Seil
gibt er den Reichtum zurück,
lässt ihn fallen zum Schatz heim,
10 dem er enthoben.
O dass nur noch ein Tropfen
meiner geborstenen Lippe
bliebe zur Letzung,
da mich der Abendstern nimmer
15 tröstete, nicht des Mondes lächelnde Sichel:
wenn ich dies reine,
aus der Tiefe mühsam geschöpfte
Wasser nimmer,
auch nicht einen Tropfen empfinge.
- Details
- Konvolut: Typoskripte 1951
- Details: V. 12 Korrektur: schmachtenden → geborstenen
- Besonderes:
(1) Typoskript (Korrektur)
(2) Typoskript + Durchschlag (Korrektur) - Letzter Druck: Unpubliziert
- Textart: Verse
- Datierung: pauschal (Konvolut)
- Fassung: Letzte Fassung
- Schreibzeug: Schreibmaschine
- Signatur: A-5-c/02_007
- Seite / Blatt: 01, 02
O Schirmer Tag,
der vor das öde All
sich blinkend warf,
die falbe Schlange schlug
05 und auf dem Berg
den goldnen Horizont
mit heilem Schilde deckt:
Zu deinem Fuss
der Bronn speist schon die Stadt,
10 wo Lorbeer herb
nun tröstet kahlen Stamm,
des Krone kühlt
die Stirn des Nachmittags.
- Details
- Konvolut: Typoskripte 1951
- Besonderes: Typoskript + 2 Durchschläge
- Letzter Druck: Unpubliziert
- Textart: Verse
- Datierung: pauschal (Konvolut)
- Fassung: Letzte Fassung
- Schreibzeug: Schreibmaschine
- Signatur: A-5-c/02_008
- Seite / Blatt: 01
Reichtum spendend wie nie
versinkt die Sonne im Blut,
versinkt der niedergeworfne
Held im Purpur, der ausströmt
05 aus seiner herrlich gefassten,
nun zerbrochnen Gestalt,
aus der zerschmetterten Kraft
des jubelnden Aufstiegs.
Nun, nun fällt er und färbt
10 die weite Rundung des Himmels
mit dem Gold seines Gürtels,
nun das Gewölk mit
Trophäen vollendeten Ganges,
mit Rosen und Duft seines Abschieds.
15 Diese künden noch kurz
vom unerbittlichen Zeugen,
Glanz des herrlichen Todes
ringsum, bis endlich
bleibt das jenseits Entrücktem
20 zugewandte und seine
verborgene Glorie silbern
abglänzende Antlitz des Mondes.
- Details
- Konvolut: Typoskripte 1951
- Besonderes: Typoskript + 4 Durchschläge; Entstehung wohl nach 1.1.1952 (Datierung Notizbuch)
- Letzter Druck: Unpubliziert
- Textart: Verse
- Datierung: pauschal (Konvolut)
- Fassung: Letzte Fassung
- Schreibzeug: Schreibmaschine
- Signatur: A-5-c/02_009
- Seite / Blatt: 01
Was hält und trägt
dies Meer umher,
darin wir immer schliefen,
das dunkel geht,
05 den Tag verweht
aus diesen nackten Riffen?
Die Blasen steigen
tiefher grün und rot:
wer regte sie,
10 wer atmet in den Tod?
des Linnen wir entrafft
die Augen reiben,
bis die Lider schmerzen:
wir schwanken noch,
15 wir folgen schon gestrafft
dem sanften Fisch,
den Scherzen
der goldnen Flossen, treiben
dem Schimmer zu,
20 der sanft aufs Haupt uns sinkt
aus Spiegels Ruh.
- Details
- Konvolut: Typoskripte 1951
- Besonderes: Typoskript + 4 Durchschläge
- Letzter Druck: Unpubliziert
- Textart: Verse
- Datierung: pauschal (Konvolut)
- Fassung: Letzte Fassung
- Schreibzeug: Schreibmaschine
- Signatur: A-5-c/02_010
- Seite / Blatt: 01
Wenn er tunkt das Haupt ins untere Wasser,
sieht er dort die ganze Welt
um Gebirg und Bäume stehn,
um Gebirg und Bäume wandeln
05 dort den Kämpfer, Lorbeer pflückend,
und am Ufer stehn, die sich umarmen:
wenn er tunkt das Haupt ins untere Wasser.
Wenn er hebt das Haupt aus unterem Wasser,
sieht er hoch den ganzen Himmel
10 um die Sonnen und die Monde stehn,
um die Sonnen und die Monde wandeln
dort den Sieger mit dem Silberzweig
und am Lichtstrom schauend stehn den Weisen:
wenn er hebt das Haupt aus unterem Wasser.
15 Wenn er tunkt das Haupt ins untere Wasser,
sieht er dort die ganze Welt,
sieht er dort den ganzen Himmel,
einen Abglanz von den Sonn und Monden,
wandeln um Gebirg und Baum,
20 sieht den Sieger mit dem Silberzweig
jenem lächeln, der den Lorbeer pflückt,
und den Weisen über der Umarmung
sieht er widerlächeln in der Woge:
wenn er tunkt das Haupt ins grüne untere Wasser. // 02
25 Wenn er tunkt das Haupt ins untere Wasser,
lockt Gebirg und Baum, dass er sich niedersenke.
Wenn er hebt das Haupt aus unterem Wasser,
locken Sonn und Monde, dass er sie umkreise.
Aber, schwachen Atems, kann er nimmer tauchen,
30 schwacher Flügel trägt ihn nicht empor:
wenn er hebt das Haupt aus unterem Wasser.
Wenn er hinschwimmt auf dem unteren Wasser,
der Gespräche stiller Zwischenlauscher,
weiss er jedes Bild und Spiegelbild,
35 selber unbekannt der Höh und Tiefe,
bis am Abend im Gebüsch des Ufers
bricht aus weisser Brust, was er erfuhr,
weher Sang, den Winden übergeben:
als er hinschwamm auf dem unteren Wasser.
- Details
- Konvolut: Typoskripte 1951
- Details: V. 06 Korrektur: Wasser → Ufer
- Besonderes: Bl. 01 Typoskript, Bl. 02 Durchschlag
- Letzter Druck: Unpubliziert
- Textart: Verse
- Datierung: pauschal (Konvolut)
- Fassung: Letzte Fassung
- Schreibzeug: Schreibmaschine
- Signatur: A-5-c/02_011
- Seite / Blatt: 01, 02