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Typoskripte Hochstrasser

Inhalt: 19 Typoskripte zu 17 Gedichten (7 Endfassungen); älteste Gedichtzusammenstellung
Datierung: 16.7.1943 – 24.5.1946
Textträger: Einzelblätter (A4-Format)
Umfang: 18 Dossiers, 30 beschriebene Seiten
Publikation: keine
Signatur: E-02-A-01 (Schachtel 146)
Herkunft: Sammlung Hedwig Hochstrasser-Räber
Wiedergabe: Edierte Texte

Immer noch streifen …*

( 01. April 1945 )

Immer noch streifen
auf nächtlichen Seen
singende Geister,
und nimmer verstehn

05 eilende Pfeile
vom Hügel gesandt,
goldenen Hirsches
Geweih und Gewand.

Mühsal vergeht ja,
10 die Jagd und der Mut,
klagend verrinnt das
vergebliche Blut.

Müdem Spieler
die Flöte entglitt,
15 Tänzer im Zwielicht
verlieren den Schritt:

trunkenen Schläfern
in Träume und Hain
taumelt und blendet
20 der Morgen herein.

Zieht euch die Sehnsucht
auf silberne Höh'n,
blüht euch die Flamme
im Opfer so schön,

25 häufet die Früchte
und teilet das Wild
schnell vor des Gottes
gewährendem Bild.

Details
Konvolut: Typoskripte Hochstrasser
  • Immer noch streifen
  • Besonderes: Durchschlag
  • Letzter Druck: Unpubliziert
  • Textart: Verse
  • Datierung: vollständig
  • Fassung: Zwischenfassung
  • Schreibzeug: Schreibmaschine
  • Signatur: E-02-A-01/a
  • Seite / Blatt: 01
  • Identisch mit: Typoskripte 1943-46

Duetto

( 26. April 1945 )

Er:
Zittert nicht stets
Licht noch in dir, die
gehütete Leuchte?
Ob auch Sturm
05 heult in die Nacht und
beben Fenster der
ängstlichen Seele.?

Schlägt nicht der Vogel,
der himmlische, leise
10 sträubend aus Träumen
das warme Gefieder
gerettet in dir?

Sieh, noch ruft dich
durch Wälder ein Pfad, noch
15 wirft der Mond aus
treibenden Wolken
deines Ganges
hastiges Bildnis // 01v
schnell ins grüne
20 Wasser hinab:

Dank aus Süden
heulenden Winden,
da sie dich weckten
zu pochenden Herzens
25 lange ersehnter
Helle der Nächte;
denn hell sind nur Nächte:
wenn Bäche rauschen
im Bruche des Eises
30 und wehe sich wenden,
wehe sich biegen
kahle Sträucher
knapp überm Sturze
bröckelnder Mauer
35 und ächzen die alten,
hölzernen Läden,

dann wacht die klüglich
besänftigte Seele // 02r
auf und reckt die
40 gebundenen Flügel.
Reissend den Zwang
hebt sie die dunkle
Wimper und gleitet
leuchtenden Auges
45 froh in den Sturm.

Sie:
Siehst du, wie leise
dort in der Ferne
sich öffnet die gläserne Wand?
Hörst du Musik,
50 andre Musik aus
einem anderen Saale?

Töne sind es,
Düfte, seliger Blumen
Sehnsucht weckender Ruch.
55 Alles flieht hin in // 02v
den sommernächtlichen Garten. Und 
meine Glieder drängen zum Tanz. Schon
gleiten die Paare hinein in
den Strudel der neuen Bewegung.
60 Lass mich fahren, mein Freund, dass
ich steige und glücklich entgleite,
dem Schmetterling gleich und dem Falter,
der Libelle im singenden Schilf. Wie
als Kind ich spielte Theater,
65 des Schlafs und der Speise, meiner
selbst gar vergessen: feuereifernd
will ich heute es spielen
dies ekstatische Spiel, wo
nicht die Stunde mehr kennt die
70 nächste, einstmals so ähnliche Schwester.
Bring Farben herbei, bring Masken,
bring schimmerfremdes Gewand.

Details
Konvolut: Typoskripte Hochstrasser
  • Details: V. 21 Korrektur: Dank den nordwärts → aus Süden
    V. 72 Korrektur: schimmerfremde Gewänder → schimmerfremdes Gewand
  • Besonderes: Handschrift (Reinschrift), ev. von fremder Hand; leicht verblasste Tinte
  • Letzter Druck: Unpubliziert
  • Textart: Verse
  • Datierung: vollständig
  • Fassung: Erste Fassung, Letzte Fassung
  • Schreibzeug: Tinte
  • Signatur: E-02-A-01/b
  • Seite / Blatt: 01r/v, 02r/v

Nachtgedicht

Manchmal bleib' als Gefährte ich nachts der verlassenen Landschaft,
und es erhebt sich vor mir die stets verschmähte Geliebte,
sehnlich begehrend, dass ich sie endlich erkenne, verwundert,
ängstlich schier flieh' ich schnell auf nächtlich wacheren Wegen.
05 Nicht mehr geleiten Bäume sanft wie am Tage die Strassen.
Der sie immer bewohnt, der Geist ergreift sie nun gänzlich.
Heftig drängt er hinauf und dunkel ruft er herüber,
ob nicht Verwandtes hier sei, zu spüren sein Lechzen im Blute.
Abgewendet im Glanz des eigenen, ew'gen Entzückens,
10 halten sich Götter umarmt, von Sträuchern der Liebe behütet.
Ihnen schimmern wie Silber durch grüne wechselnde Schatten
Schultern und Knie und wogende Brust, vom Monde beschienen.
Ueber den Winden geht er, der alte lächelnde Seher,
gleich wie die Biene den Saft aus offenen Kelchen der Blumen,
15 trinkt er aus jedem Geheimnis das innerste Gold, und hernieder
träuft er den himmlischen Honig auf alle, die wandern und warten.

Details
Konvolut: Typoskripte Hochstrasser
  • Genfer Ode 2
  • Details: V. 11 Korrektur: Silbern schimmern ihnen → Ihnen schimmern wie Silber
    V. 16 auR von Hand eingefügt
  • Besonderes: 2 Durchschläge mit Korrekturen; großer Durchschuss
  • Letzter Druck: Unpubliziert
  • Textart: Verse
  • Datierung: fehlt
  • Fassung: Erste Fassung
  • Schreibzeug: Schreibmaschine
  • Signatur: E-02-A-01/c
  • Seite / Blatt: 01

Vogel, Segel, Fontäne …*

( 30. Dezember 1945 )

Vogel, Segel, Fontäne,
immer geschwellt und enthoben,
steigen mir noch in der Träne,
was meine Bangnis auch wähne,
05 bitter umschlossen, nach oben.

Perle, im ätzenden Brande
hält sie im Himmel gefangen.
Da ich sie zögernd erkannte,
staunend die Berge benannte,
10 griff mich reissend Verlangen.

Stets aus tieferen Meeren
schäumt es lichter herauf.
Weisserem Segel begehren
Vögel des Fliegens zu lehren
15 nimmer lahmenden Lauf.

Details
Konvolut: Typoskripte Hochstrasser
  • Besonderes: Typoskript + 2 Durchschläge; großer Zeilendurchschuss
    Darüber die Nummer 3 (= ev. Insel / 3)
  • Letzter Druck: Unpubliziert
  • Textart: Verse
  • Datierung: vollständig
  • Fassung: Erste Fassung, Letzte Fassung
  • Schreibzeug: Schreibmaschine
  • Signatur: E-02-A-01/d
  • Seite / Blatt: 01

Vulkanischer Gipfel …*

( 24. Mai 1946 )

Vulkanischer Gipfel,
kaum versunken im Meer
(der offenen Muschel des Abends
blieb alabastern zurück
05 die Vase wölkenden Rauchs),
und schon ist das Eiland
wider Hoffnung erreicht.
Hafen und Strassen bewegt
die Rüstung der Feier.
10 Fackeln brennen im
Tauwerk der Schiffe
und rot in den Hainen,
wo Mädchen wehren dem Arm
bekränzter Epheben.
15 Von vergossener Spende // 02
duftende Stufen
steigt der Priester herab,
dem Lustgedränge verschleiert,
und ordnet die Chöre:
20 schnell vor Einbruch der Nacht.

Details
Konvolut: Typoskripte Hochstrasser
  • Vulkanischer Gipfel
  • Besonderes: Typoskript + 2 Durchschläge (2 Bll, datiert); großer Zeilendurchschuss; darüber die Nummer 2 (= Insel /2)
  • Letzter Druck: Unpubliziert
  • Textart: Verse
  • Datierung: vollständig
  • Fassung: Zwischenfassung
  • Schreibzeug: Schreibmaschine
  • Signatur: E-02-A-01/e
  • Seite / Blatt: 01, 02
  • Identisch mit: Typoskripte 1945-50

Genfer Ode. / 1

Als ich des wachen, lauteren Tages Sehnsucht erfahren,
innen glühende, über die Hänge, über die kaum mit
Reben bepflanzten Gärten der Liebe, hob ich mich auf, zu
suchen die heilige Stadt, das für Ostern gereinigte Volk und
05 opfernde Priester im Tempel. Doch öde fand ich die Strassen,
wild überwachsen des Heiligtums Höfe. Da dacht' ich des Wortes,
dass einst komme die Zeit, wo nicht mehr wir beten zum Vater
hier im Tempel und dort auf samaritanischem Berge,
sondern dann wird erscheinen, unversehens und lieblich,
10 still auf Höhen des Geistes, dem selig staunenden Wandrer
duftend entgegen aus Dornen, blaue berauschende Blüte.
Viele vergessen ihn zwar und gehn an ihm achtlos vorüber,
da sie Gewalt nur ergreift. Doch immer bleiben die andern,
lauschend der leiseren Landschaft und nicht der Stürme bedürfend,
15 harrt doch am Wege der Gott, vor dem ins Mark sie erschauern.
Lust ist schon der duftende Tag und wehes Entzücken
nie genügendem Herzen, wenn purpurn und lila die Blumen // 02
flammen und grün und schattig ruhen die sinnenden Bäume.
Sehnsucht, rot geronnen im Mohn, überströmende, süsse,
20 dunkle Erinnrung der Linden: heller leuchten der Ahnen
Schätze, unter die Armen verteilt. Und weiss auf dem Gipfel
steigen die Wolken wie Weihrauch empor; denn auch dort ist nun Tempel.
Freudiger Segel gelassnes Ballett auf schimmernder Bühne:
vor der Szene des Weinbergs wandeln und wehen sie schweigend,
25 längst schon im Tanze geübt, am Fest, im Lächeln des Gottes.
Drüben warten die Trauben auf Glanz und geistige Fülle,
alles wird Wein noch für uns, wird Rausch und innere Leuchte.

Details
Konvolut: Typoskripte Hochstrasser
  • Genfer Ode 1
  • Besonderes: Typoskript (2 Bll) mit großem Zeilendurchschuss
  • Letzter Druck: Unpubliziert
  • Textart: Verse
  • Datierung: fehlt
  • Fassung: Zwischenfassung
  • Schreibzeug: Schreibmaschine
  • Signatur: E-02-A-01/g
  • Seite / Blatt: 01, 02
  • Identisch mit: Typoskripte 1943-46

Was willst du, Schwan, mich in die Rosen drängen? …*

( 07. Februar 1946 )

Was willst du, Schwan, mich in die Rosen drängen?
Nicht mag ich denn in deiner Grotte Finsternis entbrennen.
Und wenn die Brüder alle, schon vergehend, sängen,
so blieb' ich, weiss noch, in der Nacht allein.
05 Du sollst mich erst am Wasserfall erkennen,
der mich zum Purpursee hinunterreisst:
er lockt und rauscht, ich gleite
und stürze in die unverhoffte Weite,
der stillen Perle zu, die in der Tiefe gleisst.

Details
Konvolut: Typoskripte Hochstrasser
  • Gesicht
  • Details: Korrekturen vgl. Letzfassung
  • Besonderes: Durchschlag (datiert)
  • Letzter Druck: Unpubliziert
  • Textart: Verse
  • Datierung: vollständig
  • Fassung: Erste Fassung
  • Schreibzeug: Schreibmaschine
  • Signatur: E-02-A-01/h
  • Seite / Blatt: 01
  • Identisch mit: Typoskripte 1943-1946

Ankunft des Engels. 2 (A*)

( 16. Dezember 1945 )

Verebbende Hügel,
bleich in mondloser Nacht,
unbewegte, gefrorene Wasser.
Hirten sitzen, in Decken gehüllt,
05 bei schlafender Herde,
selber fast schlummernd,
und sinnen gewöhnliche Dinge,
graue und kalte.
Ihrer Träume fiebrige Tauben,
10 ausgesandt nach dem Eiland des Glückes,
lange kehrten sie heim in ernüchterte Seelen.
Aber allen, die wohnen zwischen den Blättern der Rose,
kommt einmal der Tag, oder, schöner noch,
einmal die Nacht,
15 da sie, erwachend, ziehn durch Nüstern den Duft,
den süssen, süssen, der sie schon immer umgab.

So ist der Engel,
ob er schnell auch kommt und, wahrlich, erschreckend,
da er überm Feld die Pappeln der grauen Allee
20 gleich grünen Fackeln entflammt.
Dann aber steht er vor ihnen, ganz licht
und klarer denn Bäume, Häuser und Herden.
Und seine Stimme,
hatten sie die nicht täglich zu hören gehofft, in
jedem Gespräch?
25 Nun klingt sie ihnen aus bebender Mitte und
ruft: "Fürchtet euch nicht!"

Details
Konvolut: Typoskripte Hochstrasser
  • Ankunft des Engels
  • Details: Korrekturen:
    V. 22 (f.): und klarer denn Bäume, Häuser und Herden, /[alle die wirklichen Dinge].
    V. 25: klang … rief → klingt … ruft
  • Besonderes: 2 Durchschläge mit Korrekturen; Datum mit Tinte auR nachgetragen
  • Letzter Druck: Unpubliziert
  • Textart: Verse
  • Datierung: vollständig
  • Fassung: Erste Fassung
  • Schreibzeug: Schreibmaschine
  • Signatur: E-02-A-01/i
  • Seite / Blatt: 02

Ankunft des Engels (B*)

( 16. Dezember 1945 )

Bleiche Hügel,
verebbend in mondlose Nacht,
unbewegte, gefrorene Wasser.
Hirten sitzen, in Decken gehüllt,
05 bei schlafender Herde,
selber fast schlummernd,
und sinnen gewöhnliche Dinge,
graue und kalte.
Ihrer Träume fiebrige Tauben,
10 ausgesandt nach dem Eiland des Glückes,
lange kehrten sie heim in ernüchterte Seelen.
Aber allen, die wohnen zwischen den Blättern der Rose,
kommt einmal der Tag, oder, schöner noch,
einmal die Nacht,
15 da sie, erwachend, ziehn durch Nüstern den Duft,
den süssen, süssen, der sie schon immer umgab.

So ist der Engel,
ob er schnell auch kommt und, wahrlich, erschreckend,
da er die Pappeln der grauen Allee
20 gleich Fackeln entflammt.
Dann aber steht er vor ihnen, ganz licht
und klarer denn Bäume, Häuser und Herden.
Und seine Stimme,
hatten sie die nicht täglich, in jedem Gespräch, zu hören gehofft?
25 Nun klingt sie ihnen aus bebender Mitte und ruft:
„Fürchtet euch nicht!“

Details
Konvolut: Typoskripte Hochstrasser
  • Ankunft des Engels
  • Besonderes: Typoskript; Datum (17.12.45) irreführend: vermutlich vor (C*) entstanden
  • Letzter Druck: Unpubliziert
  • Textart: Verse
  • Datierung: vollständig
  • Fassung: Zwischenfassung
  • Schreibzeug: Schreibmaschine
  • Signatur: E-02-A-01/i
  • Seite / Blatt: 03

Ankunft des Engels

( 16. Dezember 1945 )

Bleiche Hügel,
verebbend in mondlose Nacht,
unbewegte, gefrorene Wasser.
Hirten sitzen, in Decken gehüllt,
05 bei schlafender Herde,
selber fast schlummernd,
und sinnen gewöhnliche Dinge,
graue und kalte.
Ihrer Träume fiebrige Tauben,
10 ausgesandt nach dem Eiland des Glückes,
lange kehrten sie heim in ernüchterte Seelen.
Aber allen, die wohnen zwischen den Blättern der Rose,
kommt einmal der Tag, oder, schöner noch,
einmal die Nacht,
15 da sie, erwachend, ziehn durch Nüstern den Duft,
den süssen, süssen, der sie schon immer umgab.

So ist der Engel,
stets inwendiger Bote:
war er auch, wie Glut unter Asche, verborgen,
20 jetzt flammt er auf,
entzündet gleich Fackeln
die Bäume der grauen Allee.
Nun tönt sie,
Klangsonne, jähe, des Nachts,
25 Stimme aus bebender Mitte und ruft:
"Fürchtet euch nicht!"

Details
Konvolut: Typoskripte Hochstrasser
  • Ankunft des Engels
  • Besonderes: 2 Durchschläge
  • Letzter Druck: Unpubliziert
  • Textart: Verse
  • Datierung: vollständig
  • Fassung: Zwischenfassung
  • Schreibzeug: Schreibmaschine
  • Signatur: E-02-A-01_001/i
  • Seite / Blatt: 01
  • Identisch mit: Typoskripte 1945-50

Clemens Brentano

( 21. Februar 1946 )

Tänzer auf flimmerndem Seil im gelben Zwielicht des Zeltes, hoch über wilder Musik schritt er behend, über der schnaubenden Jagd schwarzer Pferde mit silbernen Mähnen, über Wolken rötlichen Staubes.

02 Schreiten musste er stets, tanzen auf unverlässlichem Tau, jede Bewegung erwägend, ob sie ihn weiter leite den schaukelnden Pfad, ob sie ihn stürze in wirre, nie ganz unterschiedene Tiefe.

03 Oben im First des Zeltes, am hohen Mast, da drehte sich die glänzende Kugel, gefügt aus kleinen, metallnen Quadraten, und fing durch bunt verglaste Lukarnen die Sonne, warf sie in den dämmernden Raum wie farbige Blüten, wie sanfte Wirbel von Opalen, Smaragden, Demanten.

04 Wenn er nur hinaufsehen dürfte, für einen Augenblicks Hälfte hinaufsehn zu diesem Wundergestirn, das oft violett erglomm, gleich den schönen Käfern am Lattich, die er als Knabe gesammelt, oft rot wie Astern am Abend im Herbst, eidechsgrün endlich, gelb auch und blau. – – – –

05 Böse Wahl zwischen Dunkelschlund und Ekstase: noch, noch geht er, sieh, noch wiegt er den weissen, biegsamen Stab in den Händen und tanzt und lächelt. Aber es lauscht seine furchtsame Seele, es lauschen der Sinne innerste stets auf jede Regung des Taus: schwingender, leichter, mühsamer, mühsamer Gang!

06 Wie hält er den Blick, dass er ihm, lange schon flügge, nicht plötzlich entweicht zu des Schimmerplaneten lockender Drehung?

07 Nicht lange mehr hält über schaukelndem Tau des Willens dürftig geschmiedeter Käfig gefangen den starken, verschlagenen Drang: genau fand er aus die schwächsten der Stäbe.

08 (Bleibe Aug' auf dem Stabe, bleib' auf dem Seil.) Purpurn braust es herauf aus drehendem Grunde. Es wandelt der Raum vom Amethyst zum Rubin. – – – –

09 Wer fängt den Tänzer im Fall, wenn das Tau ihm zu schmal wird? Wer fängt den von innen verbrannten, den stürzenden Sperling im Fall?

Details
Konvolut: Typoskripte Hochstrasser
  • Clemens Brentano
  • Besonderes: 2 Durchschläge (datiert); Direktkorrekturen und Tintenkorrektur
  • Letzter Druck: Unpubliziert
  • Textart: Prosagedicht
  • Datierung: vollständig
  • Fassung: Zwischenfassung
  • Schreibzeug: Schreibmaschine
  • Signatur: E-02-A-01/j
  • Seite / Blatt: 01
  • Identisch mit: Typoskripte 1943-1946

Dass aber nächtlich …*

Dass aber nächtlich
an den Rändern
meiner Insel
schleicht die Drohung,
05 schleichen Aengste
und der Tod,
blindlings zertretend
kaum zur Sonne
fröhlich entrollte,
10 blasse Blüten,
als ob nicht mehr
er unterschiede vom
matt gewelkten, das 
freudig ihm zufällt, 
15 Junges, Bewegtes. 
Solchem weine ich, 
solcher Verwirrung, 
meiner Tränen
manche des Nachts;
20 denn das Weh,
das je uns verbrennet,
zieht die Seele
tief aus dem Brunnen,
wo im Grunde
25 weint seit dem Anfang
unsrer Verbannung
hilflos die Trauer
jeden Geschöpfs.
Was bedarf ich
30 dann noch des Trostes Weg
tastender Worte?
Weg gibt's ja keinen
aus dem Walde
unseres Leides,
35 weil am Saume
wehrt ein Engel mit
feurigem Schwert die
Pforte zum Garten.
Drum nur tröstet
40 mich deine Stille
und dein schweigend
toroffenes Auge,
wo meine Trauer
eingeht zur andern,
45 eingeht zur Trauer
aller Geschaffenen.

Klage nimmer,
dass du nicht Worte
und nicht Beistand
50 kluger Mahnung
findest zu sagen: // 02
Weil meine Trauer
vor deines offenen
Angesichts Tor,
55 freudeerstaunend,
schnell, die Verirrte,
löst sich von mir und
kehrt zu den Schwestern,
sinkend in deine
60 Tiefe hinab,
darum bist du
Trost mir des Nachts.

Details
Konvolut: Typoskripte Hochstrasser
  • Besonderes: 3 Durchschläge (2 Bll, enger Durchschuss)
  • Letzter Druck: Unpubliziert
  • Textart: Verse
  • Datierung: fehlt
  • Fassung: Erste Fassung, Letzte Fassung
  • Schreibzeug: Schreibmaschine
  • Signatur: E-02-A-01/k
  • Seite / Blatt: 01, 02

Seite 1 von 2

  • 1
  • 2
Typoskripte Hochstrasser
  • An einen Meister und Lehrer

    Wie denn wollte Dich erreichen...

  • Ankunft des Engels

    Bleiche Hügel, verebbend in...

  • Ankunft des Engels (B*)

    Bleiche Hügel, verebbend in...

  • Ankunft des Engels. 2 (A*)

    Verebbende Hügel, bleich in...

  • Clemens Brentano

    Tänzer auf flimmerndem Seil im...

  • Dass aber nächtlich …*

    Dass aber nächtlich an den...

  • Dem Gedächtnis einer Freundschaft. / An B. K.

    Denkst du noch der Morgengärten...

  • Die Erde …*

    Die Erde Vor den silbern...

  • Die Insel 1

    Aeste streiften den Kahn am...

  • Duetto

    Er: Zittert nicht stets Licht...

  • Genfer Ode. / 1

    Als ich des wachen, lauteren...

  • Immer noch streifen …*

    Immer noch streifen auf...

  • Nachtgedicht

    Manchmal bleib' als Gefährte ich...

  • Ueber schwarzen Felsen des Grates stehet …*

    Ueber schwarzen Felsen des Grates stehet...

  • Vogel, Segel, Fontäne …*

    Vogel, Segel, Fontäne, immer...

  • Vulkanischer Gipfel …*

    Vulkanischer Gipfel, kaum...

  • Was willst du, Schwan, mich in die Rosen drängen? …*

    Was willst du, Schwan, mich in...

  • Wenn in Nächten des Winters …*

    Wenn in Nächten des Winters...

  • Winterlied / Den andern Freunden.

    Zerbrochen seid ihr, aber nicht...

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