Donnerstag, 15 Juli 1982

Der Adler

Von Wien
steigt er auf und über
dem Schwarzwald erscheint er
dem Wanderer als ein
05 heimischer Vogel und doch
war es vermutlich
im persischen Hochland dass er
ausschlüpfte aus dem
Ei. Aber das ist // 134
10 zulange her. Über
Frankfurt steht er
am höchsten und längsten ein paar
Bilder zeigen ihn mit zwei
Köpfen aber das kommt wohl von einer
15 östlichen Neigung
zum Üppigen und zum
Monströsen ein
Fabeltier wäre er dann aber
er ist ein einfacher
20 Vogel nun schon lange
allein und ohne
Genossen und findet
zwischen den Wolken-
kratzern sein altes
25 Nest St. Bartholomäus nicht mehr schon auf
Goethe hatte er dort // 135
nur noch exotisch
gewirkt wie aus einem
fernen Zwinger herge-
30 flogen doch da fällt
eine Feder und dort
herunter Passanten
lesen sie auf und erinnern
sich sie hätten im Nordosten
35 ihn neulich noch auf einem verschneiten
Sandplatz im Schnee
sitzen sehen abgemagert und heiss-
hungrig schnäbelnd wie lang
ists her dass er über den Toren der alten
40 Städte des Südens aus goldenen Tellern
frass und von Castel del Monte die Flotten // 136
der Türken die
Segel des heiligen Markus erspähte nicht zu
reden von der
45 Grotte am Palatin wo er am längsten
wohnte und am bequemsten noch heute
schmerzt ihn der Rauch in den Augen
womit man ihn austrieb
doch auch über Frankfurt wird er sich nicht lange
50 mehr halten können
hoch in den Lüften und
von keinem gesehen bald
hat er alle Federn verloren man wischt sie
jeweils morgens um fünf Uhr
55 an der Konstabler-
wache an der
Kaiserstrasse zusammen er fällt // 137
wenn er Glück hat am Römer
herunter ein kahles
60 ausgemergeltes Aas liest ihn ein Türke
vom Pflaster auf und wirft ihn zum übrigen
Müll in den Container.


Seite 133 (66) (A-5-h_02_133.jpg)

 

 

Der Adler

Von Wien

steigt er auf und über

dem Schwarzwald erscheint er

dem Wanderer als ein

05 heimischer Vogel und doch

war es vermutlich

im persischen Hochland

irgendwo in der im

wo d¿

im persischen Hochland dass er

ausschlüpfte aus dem

aus dem Ei

ausschlüpfte aus dem

Ei. Aber das ist ||

Variante zu V. 02ff. (Spalte rechts):

und folgt der

Kutsche Maximilians
Kutsche Leopolds

und Leopolds von | Toskana

durch Schwaben | und Franken.

Über dem Hunsrück | erscheint er .... //

Seite 134 (A-5-h_02_134.jpg)

10 zulange her. Über

Frankfurt steht er

am höchsten und längsten ein paar

Bilder zeigen ihn mit zwei

Köpfen aber das kommt wohl von einer

15 östlichen Neigung zum

zum Üppigen und zum

Monströsen ein

Fabeltier wäre er dann aber

er ist ein einfacher

20 Vogel nun schon lange

allein und ohne

Genossen und sieht findet

zwischen den Wolken-

kratzern Frankfurts sein altes

25 Nest St. Bartholomäus nicht mehr schon auf

Goethe hatte er dort //

Seite 135 (67) (A-5-h_02_135.jpg)

nur noch komisch exotisch

gewirkt wie aus einem

fernen Zwinger herge-

30 flogen doch da fällt eine¿

eine Feder und dort

herunter Passanten

lesen sie auf und erinnern

sich sie hätten im Nordosten

ihn neulich noch im Winter
35 ihn neulich noch im Nordosten  auf einem
ihn neulich nocn im Nordosten  verschneiten
ihn neulich nocn im Nordosten  verschneiten
Sandplatz

Sandplatz im Schnee

sitzen sehen abgemagert und heiss-

hungrig schnäbelnd wie lang

ists her dass erüber den Toren
ists her dass er  in  denr  alten

40 Städtene des Südens aus goldenen Tellern

goldenen Tellern

frass und von Castel del Monte die Flotten //

Seite 136 (A-5-h_02_136.jpg)

der Türken die

Segel d des heiligen Markus erspähte nicht zu

nicht zu

reden von der

45 Grotte am Palatin noch heute wo er am längsten

wohnte und am bequemsten noch heute

schmerzt ihn der Rauch in den Augen

womit man ihn austrieb

dochauch Frankfurt wird er sich nicht lange
doch   über Frankfurt wird er sich nicht mehr

lange halten können so hoch

50 mehr stehen halten können

hoch in den Lüften und

von keinem gesehen bald

hat er alle Federn verloren man wischt sie

jeweils morgens um fünf Uhr

an
55 auf der Konstabler-

wache an der

Kaiserstrasse zusammen er fällt //

Seite 137 (68) (A-5-h_02_137.jpg)

wenn er Glück hat am Römer

herunter ein kahles

ausgemergeltes Aas      wird ihn liest
60 ausgemergeltes Vieh¿ wird ihn trägt¿ ihn ein

Türke

avom Pflaster auf und wirft ihn zum übrigen

zum übrigen

Müll in den Container.

12.7.82

 

  • Besonderes:

    Mit Klammer markiert

  • Letzter Druck: Abgewandt Zugewandt 1985
  • Textart: Verse
  • Datierung: Vollständiges Datum
  • Fassung: Erste Fassung
  • Schreibzeug: Tinte
  • Signatur: A-5-h/02
  • Seite / Blatt: 133 (unten) (66), 134, 135 (67), 136, 137 (oben) (68)

Inhalt: 168 Entwürfe zu 124 Gedichten (31 Endfassungen); mit den Zyklen:
Beschwörung des Todes I-XXIX, New York I-VI, Rom I-IX, Escorial I-III, Beschwörung – Andere Abteilung I-XIII, Durchgang I-XI
Datierung: 7.12.1980 – 27.8.1988
Textträger: Rotbraunes Notizbuch, grau-schwarze Tinte
Umfang: 212 beschriebene Seiten (+ U2/U3); Bll von Raeber numeriert, ab Bl. 106v leer
Publikation: Abgewandt Zugewandt: Hochdeutsche Gedichte (52 Gedichte)
Signatur: A-5-h/02 (Schachtel 29)

Bilder: Ganzes Buch (pdf)
Spätere Stufen: Manuskripte 1979-1983, Typoskripte 1983
Kommentar: Beschreibung; vgl. auch das Typoskript Zur Entstehung
Wiedergabe: Edierte Texte, Abbildungen, Umschriften

Weitere Fassungen

Notizbuch 1980-88 (alph.)
(Total: 168 )
Notizbuch 1980-88 (Folge)
(Total: 168 )
Suchen: Notizbuch 1980-88