Inhalt:145 Entwürfe zu 110 Gedichten (4 Endfassungen)
Datierung: 1.6.1979 – 19.8.1979
Textträger: Grünes Notizbuch, grau-schwarze Tinte
Umfang: 142 beschriebene Seiten (+ U2, U3)
Publikation: Reduktionen (101 Gedichte)
Signatur: A-5-g/01 (Schachtel 29)
Bilder: Ganzes Buch (pdf)
Kommentar: Beschreibung
Spätere Stufen: Manuskripte 1979, Typoskripte 1979
Wiedergabe: Edierte Texte, Abbildungen, Umschriften
Gleiten, gleiten, den Hang
hinab, immer weiter
gleiten hinab, und dann, unten, ergriffen
vom Talwind, aufwärts
05 auf einmal gleiten und
über den Hang, über alle Hänge, die Hügel, und weit
dahin über die Flüsse,
und gleiten, und gleiten.
Wer steigt hinab in das Grab, wo der weisse
Stein nach der langen
Zeit im Dunkeln
immer noch glüht,
05 wenn in der Wüste darüber im Licht
glühen die Dünen?
Die Fische hüpfen und necken
die Fischer im Nachen.
Die silbernen Furchen.
Aber das Grabmal gespiegelt
05 riesig im Strom.
An den heissen
Hängen die Blüten, an den heissen
Hängen die Falter. Und unten
näher und näher das weisse
05 Boot des Vergessens.
Immer bleiben im Schlaf, und immer
drinnen im Sommer.
Aber der jählings
klirrende Winter.
Einmal drinnen ein Schlaf und ein Sommer
drinnen ohne Erwachen.
Und nie mehr wieder
jählings draussen der Winter.
Einmal drinnen der Strom und drinnen
der Schlaf auf dem Nachen. Und nie mehr
draussen ein Strand und draussen der jählings
klirrende Winter.
Einmal drinnen der Sommer
und drinnen der Schlaf auf dem Nachen.
Und nie mehr
draussen der Strand und draussen
der Winter und nie mehr
05 draussen Erwachen.
Einmal drinnen der Sommer und drinnen
der Schlaf auf dem Nachen. Und nie mehr
draussen der Winter und nie mehr
draussen erwachen.
Einfall der Schatten
in die Lagune. Der Wind
voraus und graues
Wellengekräusel.
05 Und Regen, und Regen
Einfall der Schatten. Erloschne
Lagune. Der Wind und
Wellengekräusel grau.
Und Regen und Regen.
Nach dem Einfall der Schatten der Wind.
Die Lagune
erloschen und fahl
das Wellengekräusel.
05 Und Regen und Regen.
Schwer der Fall
der Schatten in die Lagune. Der Wind und
fahl das Wellengekräusel.
Und Regen und Regen
Fall der Schatten schwer.
Wind in der Lagune.
Fahles Wellengekräusel.
Und Regen und Regen
Regenbäche
über die gläserne Kugel. Doch drinnen
trockene Stille.
Unverändert das Licht.
Wind im Winter. Des Sommers
Gedächtnis. Der Baum eine grosse
Wolke und grün.
Und die Düfte. Doch jetzt
05 im Winter im Wind
abgetan und nackt
gewendet nach innen.
Aber ein Wort
ohne Gestalt,
ein Wort auf der Suche,
Irrfahrt des Wortes
05 ohne Gestalt auf der Suche
nach der Gestalt. Aber das reine
Wort kein Wort. Nur ein Drang¿
ohne Bewusstsein.
Aufgerissen die Stadt
von der Treppe, von den
Stufen der Treppe, den
Stufen der Treppe, den Stufen
05 die Stadt in der Mitte
bis hinunter. Und unten
blau und offen und blau ohne Grenzen und blau.
Aufgerissen.
Tot der Vogel
auf dem Wasser und schwarz. Und schwarz
und tot der Hund auf dem Strand.
Aber darüber
05 der Felsen am Rand wie Silber
im Abend. Am Abend
tot der Weisheit
letzter Schluss
im Wasser und tot
10 der Weisheit letzter Schluss
und schwarz auf dem Strand.
Fensterflügel
Flügel gläserner Falter
Alter Tiere im Stein
erstarrte Bilder gespiegelt und wieder
05 belebt in der Bewegung der
gläsernen Flügel: Im Wind
sind die alten
Tiere erwacht.
Fensterflügel
10 Flügel gläserner Falter. Alte
Tiere im Wind, in der Bewegung der
Fensterflügel. Gib acht.
Erinnerung und
Erinnerung und Genügen
der Erinnerung und
des Tauchens hinab
05 in die Erinnerung und des Auftauchens
Eitelkeit und des Aufstiegs
Eitelkeit und des Flugs
Vergeblichkeit und des Hinabstiegs
Genügen und des Hinabtauchens und des
10 Abstiegs hinab in die Erinnerung und des Untertauchens
in der Erinnerung
volles, volles Genügen.
Und überhaupt
das Summen im Gras und
die Käfer und das
Brummen der Hummeln und
05 von den Flugzeugen nur das leise
Beben des Bodens
am Ohr.
Woge golden heran und
golden heran und nochmals
heran und golden
die Scheibe des Fensters.
05 Lautloses Klirren. Die Sonne
versunken.
Und der
Weg durch die Wälder
hinauf und der Duft
und der Weg durch die Matten
05 hinauf und der Duft
und der Weg durch das Geröll
hinauf und der Schnee
und die Kehren und die Windungen dann
hinauf und
10 dann die Fläche
eisig im Wind und weit
in der Tiefe erstarrt
das Meer und steinalt.
Der Mond mit grossen
Kratern trauert, mit leeren
steinigen Meeren:
Vertrieben der Hirt, zerstreut
05 die weisse weidende Herde.
Erschlagen im grauen
Krater der Hirt, erwürgt
in den leeren
steinigen Meeren die Herde.
05 Der Hass
endlich, endlich gestillt.
Abgeworfen der letzte Ballast und
blauer unten und blauer
die Schluchten. Leichter
Schwindel. Näher
05 die Sonne und heisser,
heisser. Schneeweiss.
Aber die Rosen rasen
rasen im Wind. Nur unten
unter den weissen
Zelten ist Schatten.
Und eine Glut und
eine Glut. Ein Segel
darüber. Der Schatten
verbrennt.
Die Stille immer
grösser. Endlos
der Gletscher. Darüber
die Sonne weiss und immer
05 im Zenith.
Echo des Lichts. Des Lichts
Echo. Dröhnen
der Stille. Der Stille
Dröhnen. Und weit
05 weichen die Wände. Und drinnen
Wind aus der Wüste. Der Wüste
Echo, drinnen
der Wind.
Auf dem leeren, dem leeren
Strand wälzt sich der Schläfer und lässt
sich nicht stören vom Klirren
der Kiesel, vom Licht,
05 das jählings hereinbricht.
Am leeren
Strand wälzt sich der Schläfer und lässt
sich nicht stören am leeren, am leeren
Strand vom Klirren der Kiesel, vom Licht
05 am leeren, am leeren
Strand, das hereinbricht.
Am leeren
Strand wälzt sich der Schläfer und lässt
sich nicht stören vom Klirren
der Kiesel am leeren
05 Strand und lässt sich nicht stören
vom Licht am leeren
Strand, das hereinbricht.
Und in der Grotte der Donner
der Woge, im Ohr
der goldene Sarg. In der Grotte im Ohr
der Donner der Woge,
05 im Ohr in der Grotte
der Sarg in der Woge
im Ohr.
Führe ich an dich heran und
stiesse dich nieder und
zertrampelte dich und
zerstiesse dich und
05 zermalmte dich und zerstreute in alle
Winde den Staub:
Kaum höbe ich meinen Kopf wieder auf, siehe,
du stündest wiederum da, riesig,
und auf deinen Lippen die leise
10 Andeutung eines
belustigten Lächelns.
Blume, Kraut des Vergessens. Breiter
Strom des Vergessens im Nebel
ohne Gegenufer. Diesseits eine bunte
Scherbe vom Schiff
05 des versunkenen Dogen.
Blume, Kraut und
breiter Strom des Vergessens.
Blume, Kraut des Vergessens. Breiter
Strom des Vergessens. Vor dem
Gegenufer der Nebel. Diesseits eine bunte
Scherbe im Sand. Doch die Blume,
05 das Kraut, der breite Strom des Vergessens.
Blume, Kraut des Vergessens. Und dann noch eine
bunte Scherbe im Sand am
breiten Strom des Vergessens. Sonst nur Nebel
über dem Wasser und nirgends
05 ein anderes Ufer, Blume,
Kraut des Vergessens
Erhaben und
beladen mit Schmuck
mit Geschmeide und Steinen
über der Wüste.
05 Und dann die Düne und nur
noch eine kleine Erhebung. Der Falter
winzig aber und weiss in den Gärten
jenseits des Flugsands.
Die Kronen der Bäume, schwarz,
unberührt von den Schreien,
brüten aus aus dem Schlaf
panische Träume.
Die Krone des Baums
schwarz auf dem Schläfer und
unberührt vom Geschrei aus den Gräsern
brütet den panischen Traum aus.
Die Krone des Baums brütet schwarz
aus dem Schläfer den panischen Traum aus,
unberührt vom Geschrei
aus den Gräsern.
Brüten die Kronen der Bäume
schwarz aus den Schläfern,
vom Geschrei aus den Gräsern
unberührt, den panischen Traum aus.
Die Kronen der Bäume
brüten, unberührt vom Geschrei
aus den Gräsern, schwarz aus den Schläfern
den panischen Traum aus.
Die Kronen der Bäume, schwarz
über den Schläfern und vom Geschrei
in den Gräsern
unberührt, brüten
05 den panischen Traum aus.
Enge zwischen den Wänden. Herein
schwebt eine Feder. Herein
ein Gestiebe von Federn.
In der Höhe
05 Vögel, und Streit
ist in der Höhe am Himmel.
Auf das Verdeck
zwischen den Wänden
in der Tiefe fällt eine Feder –
Federngestiebe treibt
05 über das Schiff. In der Höhe im Licht
ist Streit, und Krieg
ist am Himmel.
Federn auf dem Verdeck
zwischen den Wänden.
Im Grund und im Finstern
über dem <Schiff> // 121
05 ist Streit, und im Licht
am Himmel ist Krieg.
Federn auf dem Verdeck und
Federgestiebe zwischen den engen
Wänden über das Schiff
in der Tiefe. Am Himmel
05 ist Streit. Und Krieg
ist in der Höhe im Licht.
Öder Flachstrand. Im seichten
Wasser kein Vogel. Ohne
Wolken der Himmel und ohne
Spuren der Sand.
05 Wo sind die Wiesen und wo
sind die Bäche versteckt? Und wo
sind die Bäume? Wo
sind sie verborgen<?>
Über die Kronen
Glockengetön. Und der Staub
der Dämmer des frühen
Zimmers
05 drinnen im Mittag.
Warum fürchtest du dich von
der Kuppel zu reden, der weissen
über dem Grossen Kanal?:
Eine Spiegelung im gekräuselten, grauen,
Wasser und nur ungefähr zu benennen
mit einem Namen,
05 der dir bekannt ist.
Warum fürchtest du dich, von der Kuppel
zu reden, der weissen,
über dem Grossen Kanal?:
Eine Spiegelung im gekräuselten, grauen
Wasser, mit Namen, die mir bekannt sind,
05 nur ungefähr zu benennen.
Gräber am Rand der Oase. Der Mond
über der kahlen
Kuppel. Die wenigen Wipfel erregt
vom Fieber der Wüste.
Nur die wenigen Wipfel erregt
vom Fieber der Wüste. Der Mond
über der kahlen
Kuppel, den Gräbern
05 am Rand der Oase.
Die Angst
vor der Frühe.
Ein glühendes Linnen die Nacht
über den Dächern. Verbrannt
die Begierde. Der Wipfel
der einzigen Palme verhindert
05 das Spiel
mit den Gestirnen.
Das glühende Linnen
Die Nacht.
Verbrannte Begierden.
Und sogar auf dem Dach
05 hat auf ihrem Wipfel die einzige
Palme jeden Kontakt
mit den Gestirnen verhindert.
Reglose Bäume
gespiegelt im Weiher
reglos. Immer ein warmer
Nachmittag im Oktober.
05 Versuchung des Todes.
Immer weiter unter dem weissen
Mond. Die schwarzen
Grotten im Laub. Und dann das Knistern
ruhig, das Feuer
05 warm nach der Biegung des Hohlwegs
Feuchter Duft aus den Trümmern,
Das Feuer von Tieren umdrängt.
Und schon zieht der Regen über den Golf
nach Westen davon.
Feuchter Duft aus den Ruinen. Das Feuer
von Tieren umdrängt.
Und über den Golf
zieht nach Westen
05 der Regen.
Untergetaucht und an der Küste
aufgetaucht mit den wenigen
Hütten. Über Jahre allein
das Schlagen der Wogen.
05 Untergetaucht und, neben dem Handtuch,
aufgetaucht. Und auf dem leeren
Sims sitzt der Vogel und pickt
immer noch keine Körner.
Untergetaucht neben dem Handtuch und an der Küste
aufgetaucht bei den
wenigen Hütten. Das Schlagen
der Wogen Jahre
05 und Jahre allein.
Untergetaucht und neben dem Handtuch
aufgetaucht. Und auf dem Sims sitzt
der Vogel wie schon soeben
noch immer und pickt.
Und der Gesang
von den Wiesen. Beladen
entladen die Schiffe. Die weissen
Seebuchten.
05 Vögel flügellahm von Scholle zu Scholle.
Entladen
Beladen. Gesang.
Todeswald am Fudschijama: Gestrüpp so dicht, dass man nicht mehr hinausfindet. Skelette in den Ästen.
—————————
02 „Oft müssen die Geier stundenlang warten, weil sie einen weichen Schnabel haben, bis der Leckerbissen in der heissen Sonne mürbe geworden ist.“
—————————
03 „Die Ironie des Reigens: das Katastrophale der Sicherung.“
—————————
05 Wer sich ihm entgegenstemmt, den zermalmt das schwingende Rad, wer sich ihm hingibt, den trägt es in rauschendem Schwung.
—————————
06 Buddha, unter dem Baum der Erleuchtung, wird von den dämonischen Fratzen versucht: Die schon erloschene Lebenslust, der Durst zum Dasein soll neu erweckt werden.