Manuskripte 1952

Inhalt: 95 Manuskripte zu 40 Gedichten (19 Endfassungen)
Datierung: 8.2.1952 – 16.12.1952
Textträger: 91 Einzelblätter (A4-Format)
Umfang: 46 Dossiers, 93 beschriebene Seiten
Publikation: Die verwandelten Schiffe (1 Gedicht), Verstreute (1 Gedicht)
Signatur: A-5-c/03 (Schachtel 34)
Herkunft: Hellblaue Mappe EG 1952; beige Mappe EG 52 VD

Wiedergabe: Edierte Texte, Abbildungen, Umschriften

Freitag, 08 Februar 1952       )

Die Landschaft, Tempel meinem heissen Traum …* (A)

Die Landschaft, Tempel meinem heissen Traum,
der Halle Kühle, triefend übern Saum 
des kahlen Gartens ins Verlies, 
wo hellste Blume Blatt und Düfte liess 
05 dem dumpfen Ruche und dem eklen Span: 
wo ist der Uhu, der dies Ärgste sann 
dem kindischen Träumer, der am Wege gab, 
wohl unbedacht, dem Schlaf, 
sich, alpbeschwertem Grab. 
10 Und bist erwacht du an dem leeren Tisch: 
die Strasse draussen rülpst und kaut den hellen Fisch, 
der lebt und glänzt im klaren Element, 
ein gräulich schon verwesendes Gemisch, 
in ihrer Gier aus Gängern und Geknirsch 
15 der Strassenbahn: 
den Schergen fiel er hin 
und seine Reste Eingeweihte schaun, 
die seinen Thron und schön bewegten Sinn 
des Flossenspiels im Traume fahn.

Samstag, 09 Februar 1952       )

Die Landschaft, Tempel meinem heissen Traum …* (B)

Die Landschaft, Tempel meinem heissen Traum,
blich Abends klagend, triefend übern Saum 
des wilden Gartens ins Verlies, 
wo hellste Blume Blatt und Düfte liess 
05 dem dumpfen Ruche und dem eklen Span: 
Wo ist der Uhu, der dies Ärgste sann 
dem kindischen Träumer, der am Wege gab 
dem Schlaf sich unbedacht und alpbeschwertem Grab? 
Nun bin erwacht ich an den leeren Tisch, 
10 die Strasse draussen rülpst und kaut den Fisch, 
der lebt und glänzt im klaren Element, 
ein stinkend schon verwesendes Gemisch, 
in ihrer Gier aus Händlern und Geknirsch 
der Strassenbahn: 
15 den Schergen fiel er hin, 
und seine Reste nur Geweihte schaun, 
die seinen Thron und schön bewegten Sinn 
des Flossenspiels im Traume fahn.

Sonntag, 10 Februar 1952       )

Keiner kennt die Pinie wieder …* (A)

Keiner kennt die Pinie wieder,
welche früher Liebe schattend, 
welche erster, heisser Flamme 
schattend warf den Schleier nieder. 

05 Keiner kennt den Staubbach wieder, 
welcher hoher Liebe schimmernd, 
welcher hoher stiller Flamme 
schimmernd warf Geschmeide nieder. 

Jeder kennt die Sonne wieder, 
10 die auf tote Liebe sengend, 
auf die Aschenspur der Flamme 
sengend stieg zum Tanz hernieder.

1952 * (nicht datiert)       )

Streife mit den Schwingen, Vogel …* (A)

Streife mit den Schwingen, Vogel,
(wilder) Täler Hirtenfeuer.
Und die Träumer um die Gluten 
wachen auf aus Schlummerdünsten 
05 warmer Tiere 
ins Gestirn des nackten Himmels, 
mild gestillt durch deine Flügel, 
nah herab bewegte Lider 
mildern mir die Sternenwüste.

Sonntag, 10 Februar 1952       )

Streife mit den Schwingen, Vogel …* (B)

Streife mit den Schwingen, Vogel 
wirrer Täler Hirtenfeuer, 
dass die Träumer um die Gluten 
wachen auf aus Schlummerdünsten 
05 warmer Tiere,
ins Gestirn des nackten Himmels: 
deine weissen Schwingen stillen, 
nah herab bewegte Lider 
mildern mir die Sternenwüste.

Dienstag, 26 Februar 1952       )

Streife mit den Schwingen, Vogel …* (C)

Streife mit den Schwingen, Vogel,
nächtiger Täler Hirtenfeuer, 
dass die Träumer um die Gluten 
wachen auf aus Schlummerdünsten 
05 warmen Tiers 
ins Gestirn des nackten Himmels; 
deine weissen Schwingen mildern, 
nah herab bewegte Lider 
mildern kalter Sterne Brand.

Samstag, 22 März 1952       )

Streife mit den Schwingen, Vogel …* (D)

Streife mit den Schwingen, Vogel,
nächtiger Täler Hirtenfeuer, 
dass die Träumer um die Glut 
wachen auf aus Schlummerdünsten 
05 warmen Tiers 
ins Gestirn des nackten Himmels: 
deine weissen Schwingen mildern, 
nah herab bewegte Lider, 
mildern kalter Sterne Brand.

Mittwoch, 27 Februar 1952       )

Liehst du das Ohr …* (A)

Liehst du das Ohr
doch dem Rauschen des unteren Brunnens,
der vom verschütteten Haus 
im Garten quillend geblieben: 
05 nur hörbar dir, Schläfer im Kraut. 
Du stiegest hinab in die Kammer 
und tränkest und trankest 
aus den moosigen Brüsten 
des Bildes, das heute noch lächelt: 
10 wir aber fanden 
tot den Gefährten, der lebt 
und trugen den Leichnam 
hinein in die Höhle. 
Nicht sehend, dass hier endet der Gang 
zum Gewölbe. 
15 Schon kommt der Gestillte 
und holt die verbrüderte Hülle 
im Rauschen des unteren Brunens, 
dem du liehest das Ohr.

Montag, 03 März 1952       )

Liehst du das Ohr …* (B)

Liehst du das Ohr
doch dem Rauschen des Brunnens,
der vom verschütteten Haus 
unterm Garten quillend geblieben, 
05 nur hörbar dir, Schläfer im Kraut: 
und stiegest hinab in die Kammer 
und trankst von den moosigen Brüsten 
des Bildes, das heute noch lächelt. 

Wir aber fanden 
10 tot den Gefährten, der lebt, 
und trugen den Leichnam 
abseits ins Gebüsch unterm Felsen 
wo endet der Gang zum Gewölbe: 

Schon kommst du Gestillter 
15 und holst die verbrüderte Hülle 
ins Rauschen des Quells unterm Garten, 
dem wacher, Schläfer im Kraut, 
du liehest das Ohr.

1952 * (nicht datiert)       )

Nicht dass ich den Morgen vergässe …* (A)

Nicht dass ich den Morgen vergässe unter verändertem Himmel,
Säule Gedächtnis erhebt sich mir auf Trümmern des Kirchleins, 
das auf dem Berg ich einst wallfahrend besuchte, 
einst da mein Gebet, verschleierte Fromme, 
05 mühte auf Knien sich zum Altar, 
überschwemmt ist er noch heute von Blumen der Sucht nach 
Verehrung. 
Aber die Stelle des Bildes ist leer, ob die Düfte 
wohl betören die Taube dort am Gesims, 
dass sie schwebe herbei und mit Gurren hüte den Altar?

Nicht vergass ich den Frühling im verdüsterten Juli, 
Säule Gedächtnis erhebt sich mir auf Trümmern des Kirchleins, 
das auf dem Berg ich einst alltäglich wallfahrend besuchte, 
einstmals, da mein Gebet sich mühte auf Knien zum Altar. 
05 Heute noch ist er voll von Blumen der Sucht nach Verehrung. 
Aber die Stelle des göttlichen Bildes ist leer. Ob die Düfte 
wohl betören die ruhende Taube dort am Gesimse, 
dass sie schwebe herbei und gurrend hüte den Sockel?

Donnerstag, 28 Februar 1952       )

Dunklen Bluts Rubinenblume …* (A)

Dunklen Bluts Rubinenblume
breitet abseits ihres Kelches
Blätter weit zur Schale aus, 
ganz in  Buchs und Dorn verborgen. 
05 Doch sie füllt mit schwerem Duft 
Mittagsgartens Sonnenplane, 
überduftet alle Rosen, 
aller Lilien Duft verweht 
vor dem süssen, süssen Ruch, 
10 der verborgnem Ort entströmt 
ganz in Buchs und Dorn verborgen.

Samstag, 01 März 1952       )

Dunklen Bluts Rubinenblume …* (B)

Dunklen Bluts Rubinenblume
breitet abseits ihres Kelchs
Blätter weit zur Schale aus: 
ganz in Buchs und Dorn verborgen. 

05 Doch sie füllt mit schwerem Duft 
Mittagsgartens Sonnenplane, 
überduftet alle Rosen, 
aller Lilien Duft verweht 

vor der schweren, süssen Woge, 
10 all verhehlter Ort gebiert sie, 
ganz in Buchs und Dorn verborgen.

Montag, 03 März 1952       )

Dunklen Bluts Rubinenblume …* (C)

Dunklen Bluts Rubinenblume
breitet sinnend schwere Blätter
lichtverhehltem Ort zum Ruhme, 
ganz in Busch und Dorn verborgen 

05 Doch sie füllt mit schweren Düften 
Mittagsgartens Sonnenplane, 
wogt empor an Rosenhüften 
aller Lilien Haupt betörend 

In der Nachtverzweiflung Retter 
10 scheucht der Ruch des Gartens Sorgen, 
bleibt die Blume überm Wahne, 
schon den Morgenstern beschwörend.

Mittwoch, 05 März 1952       )

Dunklen Bluts Rubinenblume …* (D)

Dunklen Bluts Rubinenblume
breitet sinnend schwere Blätter
licht verhehltem Ort zum Ruhme, 
ganz in Busch und Dorn verborgen. 

05 Doch sie füllt mit Taumeldüften 
offnen Gartens Mittagsplane, 
wogt empor an Rosenhüften, 
eh sie Lilien betört. 

In der Nachtverzweiflung Retter 
10 scheucht der Ruch des Gartens Sorgen, 
bleibt die Blume überm Wahne, 
die den Morgenstern beschwört.

Sonntag, 16 März 1952       )

Dunklen Bluts Rubinenblume …* (E)

Dunklen Bluts Rubinenblume
breitet abseits ihren Kelch, 
ihre Blätter weit zur Schale: 
ganz in Busch und Dorn verborgen 

05 Doch sie füllt mit schwerem Duft 
Mittagsgartens Sonnenplane, 
wogt empor an Lilienhüften 
überduftet alle Rosen. 

In der Nachtverzweiflung Retter, 
10 scheucht des Gartens Alb die Blume, 
schon den Morgenstern beschwörend: 
ganz in Busch und Dorn verborgen.

Mittwoch, 19 März 1952       )

Dunklen Bluts Rubinenblume …* (F)

Dunklen Bluts Rubinenblume
breitet, abseits sinnend, Blätter 
reifen Kelchs zur weiten Schale 
ganz in Busch und Dorn verborgen. 

05 Doch sie füllt mit schwerem Odem 
Mittagsgartens offne Plane, 
wogt empor an Lilienhüften, 
überduftet alle Rosen. 

In der Nachtverzweiflung Retter 
10 scheucht des Gartens Alb die Blume, 
schon den Morgenstern beschwörend: 
ganz in Busch und Dorn verborgen.

Montag, 24 März 1952       )

Das verwandelte Tier (A)

Sträubte wandelnd Tier Gefieder, 
fiel der Pelikan hinab, 
äugt es aus dem Moder wieder: 
Kröte in dem eklen Grab 
05 unter den geborstnen Stufen 
jene hält, die nicht mehr rufen. 

Lichtes Tier, das Leben spendet, 
dunkles, das verzaubert äugt: 
Herrschaft dort im Blut verspendet, 
10 hier ein Krönlein sie bezeugt: 
in der Gruft das böse Licht 
Macht der Kröte dichter flicht.

Mittwoch, 26 März 1952       )

Nächtens fällt des Stromes laue Woge …* (A)

Nächtens fällt des Stromes laue Woge
in dies Gemach und reisst 
den Vorhang von der Tür, 
vom Bilde Davids mit dem abgeschlagnen 
05 blutigen Haupt in Händen. 
Da schwimmt nun tot herein all das Geziefer, 
das an das Ufer kam ins Sonnenlicht, 
die Spinnen und die Käfer, hell gepanzert. 
Vielleicht dass sich ein Flügel hier noch regt, 
10 ein Fühler, wenn der Strom sie trägt hinweg 
in diese Kammer und hängt als 
eklen Schmuck sie an die seidenen Tapeten, 
an den Vorhang, wenn er stürzt. 
Und schau, sie krabbeln verendend 
15 auf dem blutigen Rumpf des Riesen, 
die Raupe auf des Knaben siegesrosige Wange: 
Strom in der Nacht, o laue Woge, 
die überflutet, flutet dies Gemach.

Donnerstag, 27 März 1952       )

Nächtens fällt, nächtens Stromes laue Woge …* (B)

Nächtens fällt,
nächtens Stromes laue Woge
ins Gemach und reisst 
vom Bilde Davids mit dem abgeschlagnen 
05 blutigen Haupt in Händen 
ab den Vorhang. 
Tot schwimmt herein Geziefer, 
Panzer der Käfer und die Spinnen: 
hier noch regt ein Flügel sich, 
10 bebt ein Fühler, 
wenn der Strom sie steigend 
hängt als eklen Schmuck an seidene Tapete, 
Sturz des Vorhangs. 
Schau, sie bekleckern endend 
15 blutigen Rumpf des Riesen, 
die Raupe noch zuletzt des Knaben 
siegeshelle Wange, 
Spülicht und Satz der 
Woge, die nächtens ins Gemach, 
20 Stromes laue Woge 
nächtens fällt.

Freitag, 04 April 1952       )

Nächtens fällt des Stromes laue Woge …* (C)

Nächtens fällt des Stromes laue Woge 
ins Gemach und reisst von Davids Bild 
mit dem abgeschlagnen Haupt in Händen, 
weg den Vorhang, und Geziefer schwimmt 
05 tot herein, der Käfer Panzer, Spinnen. 
Hier noch regen Fühler sich und Flügel, 
wenn der Strom an seidene Tapeten 
hängt den eklen Schmuck und an den Vorhang.
Schau, sie bekleckern, endend, Rumpf des Riesen, 
10 Raupe noch zuletzt des Knaben Wange, 
siegeshelle, Spülicht, Satz der Woge, 
Stromes laue Woge nächtens im Gemach.

Mittwoch, 09 April 1952       )

Nächtens fällt des Stromes laue Woge …* (D)

Nächtens fällt des Stromes laue Woge 
ins Gemach und reisst von Davids Bild 
mit dem abgeschlagnen Haupt in Händen 
weg den Vorhang, und Geziefer schwimmt 
05 tot herein, der Käfer Panzer, Spinnen. 
Hier noch regen Fühler sich und Flügel, 
wenn der Strom an seidene Tapeten 
hängt den eklen Schmuck und an den Vorhang. 
Schau, sie bekleckert, endend, Rumpf des Riesen, 
10 Raupe noch zuletzt des Knaben Wange, 
siegeshelle, Spülicht, Satz der Woge, 
Stromes lauer Woge nächtens im Gemach.

Samstag, 12 April 1952       )

Nächtens stürzt der Strom in lauer Woge …* (E)

Nächtens stürzt der Strom in lauer Woge
ins Gemach und reisst von Davids Bild 
mit dem abgeschlagnen Haupt in Händen 
weg den Vorhang, und Geziefer schwimmt 
05 tot herein, der Käfer Panzer, Spinnen. 
Hier noch regen Fühler sich und Flügel, 
die der Strom an seidene Tapeten 
hängt als ekler Hochzeit Kranzeszierde. 
Schau, sie bekleckert, endend, Rumpf des Riesen, 
10 Raupe noch zuletzt des Knaben Wange, 
siegeshelle, Spülicht, Satz der Woge, 
Stromes lauer Woge nächtens im Gemach.

Samstag, 29 März 1952       )

Moder hängt an Rosenkränzen …* (A)

Moder hängt an Rosenkränzen,
die da schwanken her und hin, 
hin und her von Säul zu Säule. 
Moder hängt an Rosenkränzen, 
05 die da opfern Götternbildern 
moderigen Zweifelduft. 
Von dem Obelisken hier 
zu dem Obelisken dorten 
hängen, schwanken Rosenkränze, 
10 moderige Rosenkränze, 
Zweifeldüfte: von dem Tempel 
tragen sie zum andern Tempel, 
Knaben, Mädchen in der Nacht, 
Knaben bringen Moderkränze, 
15 modrig süsse Rosenkränze, 
Kränze, Kränze, Moderkränze. 
Weiss sind jetzt die Rosenkränze, 
weiss vom faulem Moderweiss, 
weiss vom Zweifelduft am Morgen: 
20 Zürnend schaun die Götterbilder, 
zürnend von den Säulen her 
auf die schwanken Rosenkränze, 
weisse, faule Moderkränze, 
die sie hin einander werfen, 
25 Obelisk den Obelisken: 
Nacht, nur Nacht die Rosen zeitigt, 
Dämmerung sie eilig fällt, // 02
schwanken eine kurze Weile 
moderig von Säul zu Säule, 
30 Kränze, Kränze, Rosenkränze, 
moderige Rosenkränze.

Montag, 31 März 1952       )

Moder hängt an Rosenkränzen (B)

Moder hängt an Rosenkränzen,
die da schwanken her und hin, 
hin und her von Säul zu Säule, 
opfern finstern Götterbildern 
05 moderigen Zweifelduft. 
Kränze von dem Obelisken 
schwanken zu den Obelisken, 
Obelisken hier und dort, 
hängen, schwanken Rosenkränze. 
10 Zweifeldüfte nachts vom Tempel 
tragen Knaben zu dem andern 
Tempel, Mädchen ahnungslos, 
bringen faule Moderkränze, 
Rosenkränze Moderkränze, 
15 weiss im Zweifelduft am Morgen. 
Finster schaun die Götterbilder, 
finster von den Säulen her, 
zürnend auf die Rosenkränze, 
hoch einander warf sie hin 
20 Obelisk dem Obelisken. 
Nacht, nur Nacht die Rosen zeitigt, // 04
Dämmerung sie eilig fällt, 
schwanken eine kurze Zeit 
modrig noch von Säul zu Säule: 
25 Kränze, Kränze, Rosenkränze, 
moderige Rosenkränze.

Freitag, 04 April 1952       )

Empor dreht hoch die Säule aus Porphyr (A)

Empor dreht hoch die Säule aus Porphyr,
bis wo der gipserne Torso höhnisch 
sie krönt: der starke Tänzer stets am selben Ort 
bewegt, besitzend dennoch diese ganze Grotte, 
05 die sich unendlich ins Gebirge[,] dehnt 
ins schwere, gelockert nur durch diese Grotte: 
wir ahnen alle nur die ferne Wölbung, 
wenn Tropfen uns fallen in das Haar. 
Hier tanzt die Säule, dreht sich nach Gesang 
10 der Mädchen dort am Quell, 
immer gehöhnt vom Torso, alberner Bekrönung, 
der sich wiegt, der gipserne, und schnell sich 
schmiegt der runden Drehung, 
fangend vom Licht des Morgens, 
15 – Taube, die fällt durch eine kleine Lücke 
auf einmal herab –, den ersten Strahl, 
vom Licht des Morgens immer grinsend, schäbig.

Sonntag, 06 April 1952       )

Höhnisch krönt aus schäbigem Gips der Torso (B)

Höhnisch krönt aus schäbigem Gips der Torso 
hochgewundner Porphyrsäule Tanz: 
starker Tanz am selben Ort allein 
hat zu eigen diese ganze Grotte, 
05 die sich unterm schweren Felsen dehnt. 
Alle ahnen nur die ferne Wölbung, 
wenn die Tropfen fallen in das Haar. 
Immer tanzt die Säule, dreht sich, horchend 
Liedern Mädchen dort am Quell, 
10 stets gehöhnt vom Torso, der sich albern, 
gipsern schmiegt der runden Drehung an, 
fängt die Taube weg, die durch die Lücke 
fällt herab am Morgen, erstes Licht. 
Grinsend fängt er es der schönen Säule weg.

Montag, 07 April 1952       )

Höhnisch krönt der Torso, schäbiger Gips (C)

Höhnisch krönt der Torso, schäbiger Gips
hochgewundenen Tanz der Porphyrsäule: 
unverrücktem Tanz am selben Ort 
wird zu eigen diese ganze Grotte, 
05 die den schweren Felsen unterdehnt: 
alle ahnen nur die ferne Wölbung, 
wenn die Tropfen fallen in das Haar. 
Nur die Säule fasst sie, tanzend nach den 
Liedern dreier Mädchen dort am Quell, 
10 stets gehöhnt vom Torso, der sich albern 
wendig schmiegt der runden Drehung an. 
Der die Taube fängt, die durch die Lücke 
fällt herab am Morgen, erstes Licht, 
weg der Säule fängt mit bröckelndem Genick.

Dienstag, 08 April 1952       )

Unverrücktem Tanz der Porphyrsäule (D)

Unverrücktem Tanz der Porphyrsäule
wird zu eigen diese nächtige Grotte, 
die den Felsen riesig unterdehnt. 
Wo wir andern fürchten nur die Wölbung, 
05 wenn die Tropfen fallen in das Haar, 
fasst in ihren Wirbel sie die Säule, 
stets gehöhnt vom Torso, der sie albern 
krönt, sich schmiegt der schnellen Drehung an. 
Ja, die Taube fängt er weg, die durch die 
10 Lücke schwebt herab, mit spröden Stümpfen 
fängt er weg der Säule einzigen Strahl.

Samstag, 12 April 1952       )

Unverrücktem Tanz der Porphyrsäule (E)

Unverrücktem Tanz der Porphyrsäule
wird zu eigen diese nächtige Grotte,
die den Felsen riesig unterdehnt. 
Wo wir andern fürchten nur die Wölbung, 
05 wenn die Tropfen fallen in das Haar, 
saugt in ihren Wirbel sie die Säule. 
Stets gehöhnt vom Torso, der sie gipsern 
krönt, sich schmiegt der schnellen Drehung an. 
Ja, die Taube fängt er weg, die durch die 
10 Lücke schwebt herab, mit spröden Stümpfen 
fängt er weg der Säule einzigen Gast.

1952 * (nicht datiert)       )

Wo wir andern fürchten nur die Wölbung …* (F)

Wo wir andern fürchten nur die Wölbung,
wenn die Tropfen fallen auf das Haupt, 
saugt in seinen Wirbel diese Grotte, 
die den Felsen riesig unterdehnt, 
05 unverrückter Tanz der Prophyrsäule.

Mittwoch, 16 April 1952       )

Wenn uns andre immer höhnt die Wölbung …* (G)

Wenn uns andre immer höhnt die Wölbung
und die Tropfen speit auf unser Haupt, 
saugt in seinen Wirbel nächtige Grotte, 
die den Felsen riesig unterdehnt, 
05 unverrückter Tanz der Porphyrsäule. 
Aber sie, zum Hohne, krönt der Torso, 
gipsern hält er doch der Drehung stand. 
Ja, die Taube fängt er weg, die durch die 
Lücke schwebt herab, mit spröden Stümpfen 
10 fängt er weg der Säule einzigen Trost und Gast.

Donnerstag, 17 April 1952       )

Wenn uns andern immer speit die Wölbung …* (H)

Wenn uns andern immer speit die Wölbung
höhnisch schreckend Tropfen auf das Haupt

Donnerstag, 10 April 1952       )

Wendest du dich, schmerzende Kaskade …* (A)

Wendest du dich, schmerzende Kaskade,
diesem Garten zu,
wenn er perlenträchtigem Gestade 
längst entsagte und dem reinen Bade 
05 sich entriss der Bergesöde zu? 

Schwemmst du ins Geröll die Trostagaven, 
strahlend überm Sturz: 
wenn die Hirten unter deinem Donner schlafen 
deine Stimmen ihre Träume trafen 
10 finden sie den Zauberwurz.

Samstag, 12 April 1952       )

Wendest du dich, schmerzende Kaskade …* (B)

Wendest du dich, schmerzende Kaskade,  
diesem Garten zu,
wenn er perlenträchtigem Gestade 
längst entsagte und dem reichen Bade 
05 sich entriss der Bergesöde zu? 

Schwemmst du ins Geröll die Trostagaven, 
strahlend überm Sturz: 
Hirten, die in deinem Donner schlafen, 
wenn die Stimmen ihre Träume trafen, 
10 finden bald den Zauberwurz.

Samstag, 12 April 1952       )

Brach das Füllhorn, das uns ganz genügte …* (A)

Brach das Füllhorn, das uns ganz genügte,
giessend Balsam in das Haus,
duften Jahr um Jahr noch von den Scherben 
jener Gärten Blumen aus. 

05 Jener Gärten, wo der Seher züchtet 
aus der nachtverschlossnen Qual, 
wenn sich Zedernwipfel lichtet, 
neuer Blumen Wahl. 

Aus der neuen Blumen einer 
10 presst er, jäh bestimmt, verheissnen Saft: 
stark wie Wein und als der Honig reiner 
herrsch er, Hornes Mittelkraft. 

Mittelkraft des Horns allein genügte, 
brach es, brach mit ihm das Haus, 
15 Folterblume noch in Scherben, 
reicher stets zu spenden Düfte aus.

Sonntag, 13 April 1952       )

Tag, wo vor des Himmels roher Röte …* (A)

Tag, wo vor des Himmels roher Röte
Tempels metallne Wandung fällt
und die Kämpfer aus den Kammern dringen, 
Klageton der Hörner dröhnt verloren 
05 Siechen in geborstne Fenster, 
wo sie werfen blutige Laken weg. 
Aber auf der Schwelle sitzt der Sänger, 
hebt Gesang, den lautern Kelch 
in den Flammensturm empor, und alle, 
10 alle werfen ihm den Sold, ob 
schlagend, selbst gefällt vorüber taumelnd, 
werfen Sold dem treuen Fremdling hin.

Montag, 14 April 1952       )

Tag, wo vor des Himmels roher Röte …* (B)

Tag, wo vor Himmels roher Röte
fällt des Tempels metallene Wandung
und aus den Kammern die Kämpfe quellen: 
Klageton der Hörner dröhnt 
05 Siechen ins geborstne Ohr, 
und sie werfen blutige Laken fort. 

Aber auf der Schwelle hebt der Sänger 
lauteren Kelch des Lieds 
zum Flammenmund empor, um ihn zu stillen, 
10 der unersättlich säuft 
die Wasser auch der tiefsten Bergeshöhlen 
und stillt ihn wirklich: 

Da die Najaden alle auf dem Trocknen röcheln, 
erlischt die Röte überm wüsten Feld, 
15 eine schwarze Kruste deckt das erstarrende Metall 
des Tempels alten Ort, 
darin die Kämpfer sich ernüchtert winden. 
Des Bläsers müden Lippen ist das Horn entfallen. // 02v
Und die Nackten raffen 
20 schwarze Fetzen zitternd ans Gebrest. 
Den Sänger frass des Tores stürzende Glut.

Dienstag, 15 April 1952       )

Vor Himmels Röte schmilzt …* (C)

Vor Himmels Röte schmilzt
metallene Wandung des Tempels 
und in den Kammern quillt
den Siechen ins geborstene Ohr 
05 Klageton des Horns 
sodass sie werfen fort die blutigen Laken. 

Aber auf der Schwelle hebt der Sänger 
lauteren Kelch des Lieds 
empor zum Flammenmund, der unersättlich säuft, 
10 dass es ihn stille: 

wenn die Najaden alle auf dem Trocknen röcheln, 
erlischt die Röte überm wüsten Feld, 
geronnen deckt Metall, erkaltend 
des Hauses alten Ort, 
15 wo das Horn entfiel des Bläsers Lippe 
und die Nackten raffen 
verkohlte Fetzen aus Gebrest.

Montag, 21 April 1952       )

Riss ich nicht aus mir das Auge …* (A)

Riss ich nicht aus mir das Auge,
schmerzte nicht Glut
immer noch
und immer noch Mühsal der Wandrung? 
05 Jetzt noch dringt mir das Bild 
der Büsche am Hang 
und der Schleier der Nymphen, 
Sibyllenwort aus der Höhle, 
Tanz der gestaffelten Vögel: 
10 über den Büschen und Höhlen und dem Wort in der Höhle 
regerer Schmuck um den kahlen Gipfel 
dringt mir noch in das Auge. 
Einzig die Nacht 
steigt mir ins Fenster zu ruhen, 
15 trägt auf der Schulter den Vogel: 
Wort der Sibylle entsiegelt, 
kündend den künftigen Altar.

Montag, 21 April 1952       )

Täglich weht …* (B)

Täglich weht
über die Büsche am Hang
der Schleier der Nymphe,
schreckt aus der Höhle das Wort der Sibylle 
05 die gestaffelten Vögel zum Tanz, 
regerem Schmuck um den Gipfel. 

Einzig die Nacht 
steigt mir ins Fenster, zu ruhen, 
trägt auf der Schulter die Eule und öffnet 
10 das Wort der Sibylle. 

Die gestaffelten Vögel vom Tanz 
weist in die Höhle zurück zum Wort der Sibylle, 
zieht den Schleier der Nymphe 
weg von den Büschen 
15 einzig die Nacht.

Mittwoch, 23 April 1952       )

Sonne, Monde gleiten in den Schlund …* (A)

Sonne, Monde gleiten in den Schlund
glühen Drachs am Himmelsrand: 
Wilder späht er übers Band, 
das der Hirte zog ums Insel-Rund, 
05 wo die Lämmer weiden blindlings in der Nacht. 
Trug geschorner Flockenwolle hohe Fracht 
still hinweg das Schiff, vom Insel-Rund 
findend einen Pass im Band, 
barg er hinter Himmelsrand 
10 mehr als Sonnen vor dem glühen Schlund.

Montag, 25 Februar 1952       )

Ιχθύϛ (B)

Und bist erwacht du an dem eklen Tisch,
die Strasse draussen kaut und rülpst den Fisch,
der dennoch lebt und glänzt im Element, 
ein stinkend hier verwesendes Gemisch 
05 aus Gier der Händler und Gefluch, Geknirsch 
der Strassenbahn: 
den Schergen fiel er hin, 
wo sind, die seiner Glorie nahn, 
den Meeresthron und schön bewegten Sinn 
10 des Flossenspiels im Traume fahn?

1952 * (nicht datiert)       )

Ιχθύϛ * (C)

Und bist erwacht du an dem eklen Tisch,
die Strasse draussen kaut und rülpst den Fisch,
der denooch lebt und glänzt im Element, 
im stinkend hier verwesenden Gemisch 
05 aus Händlergier und Fluch, Geknirsch 
der Strassenbahn: 
den Schergen fiel er hin. 
Wo sind, die seiner Glorie nahn, 
den Meeresthron und schön bewegten Sinn 
10 des Flossenspiels im Traume fahn?

Freitag, 09 Mai 1952       )

Die tiefe Quelle steigt und quillt ins Bild …* (A)

Die tiefe Quelle steigt und quillt ins Bild,
das auf dem regen Spiegel zweifelnd schwebt,
hinab mich lockt, zwar schön doch unbelebt: 
es will des Blutes Feur und Pulse wild 
05 vermählen sich im drohenden Gefild. 

Wend ich zurück ins Spiel der Freunde mich 
und trinke Lichts und Lachens starken Wein, 
quillt stärker stets der Quell. Das Bild allein, 
da Spiegel bricht, nicht heil erhält er sich: 
10 weil vor dem Flehn um Blut ich schaudernd wich.

Mittwoch, 14 Mai 1952       )

Mond ist gross als Lampe uns entzündet …* (A)

Mond ist gross als Lampe uns entzündet,
Glocke giessend lichten Klang ins Ried; 
wo die Vögel, halb im Schlafe, plätschern 
schwebt uns bald die Fülle Lichts ums Haupt: 

05 von des Tages wirrem Weg bestaubt, 
lechzen wir im nächtigen Quell zu plätschern 
und zu lassen fürs Gebirg das Ried, 
wo sich jäh der nackte Busch entzündet. 

Seine Flamme, Mond verdrängend, kündet 
10 jenen Vogel, der sich selbst verbrannt:
nahe Ankunft mit entblössten Füssen 
wir erflehen, dass uns selbst erneut 
Phönix, sammelnd Glieder, die zerstreut, 
Asche rings, dass mit behenden Füssen 
15 wir uns, wenn uns Haut und Haar verbrannt, 
nahn der Ödnis, die den Gipfel kündet.

Donnerstag, 15 Mai 1952       )

Mond, die grosse Glocke ist entzündet …* (B)

Mond, die grosse Glocke ist entzündet, 
giesst den lichten Abendklang ins Ried,
Wasservögel, halb im Schlafe, plätschern. 
Bald schon tönt uns voller Glanz ums Haupt.
05 Von des Tages Steppengang bestaubt, 
lechzen wir, im nächtgen Quell zu plätschern 
und zu lassen fürs Gebirg das Ried, 
wo sich jäh der nackte Busch entzündet. 

Seine Flamme, Mond verdrängend, kündet 
10 jenen Vogel, der sich selbst verbrannt: 
wir erflehen mit entblössten Füssen, 
dass, aus Asche jugendlich erneut, 
Phönix sammle Brüder, die zerstreut, 
uns vereine; mit behenden Füssen 
15 dass wir, deren Kleid und Haar verbrannt, 
nahn der Ödnis dann, die Gipfel kündet. // 02v

Hier nun erst sind Hang und Tal verbündet, 
dünstet tief das Ried mit mancher Brut, 
Quellen singen, die zu Tale wachsen, 
20 in den Pausen, wenn der grosse Mond[,]
abschwillt und ihn sanfte Wolke lohnt: 
dann steigt Vogel, und die Flügel wachsen, 
tot noch eben, Feuerbusches Brut, 
heisse Loh, dem obern Glanz verbündet.

Samstag, 17 Mai 1952       )

Mond, die grosse Glocke, schwebt entzündet …* (C)

Mond, die grosse Glocke, schwebt entzündet,
giesst den lichten Abendklang ins Ried. 
Wasservögel, halb im Schlafe, plätschern, 
eh uns tönt der volle Glanz ums Haupt. 
05 Von des Tages Steppengang bestaubt, 
lechzen wir, im nächtgen Quell zu plätschern 
und wir lassen fürs Gebirg das Ried, 
wo sich jäh der nackte Busch entzündet. 

Lohe Flamme, Mond verdrängend, kündet 
10 jenen Vogel, der sich selbst verbrannt: 
wir erflehen mit entblössten Füssen, 
dass, aus Asche jugendlich erneut, 
Phönix sammle Wandrer, die zerstreut, 
dass wir sichrer, mit behenden Füssen 
15 stark vereinte, Haar und Schuh verbrannt, 
nahn der Ödnis dann, die Gipfel kündet. 

Hier zuerst sind Hang und Tal verbündet, 
dünstet tief das Ried mit mancher Brut, 
Quellen tönen, die zu Tale wachsen, 
20 in den Pausen, wenn der grosse Mond 
abschwillt und ihn sanfte Wolke lohnt: 
dann steigt Vogel, und die Flügel wachsen, 
tot noch eben, Feuerbusches Brut, 
heisse Loh, dem obern Glanz verbündet.

Sonntag, 01 Juni 1952       )

Eh die grosse Glocke sanft entzündet …* (D)

Eh die grosse Glocke, sanft entzündet,
giesst den lichten Abendklang ins Ried,
Wasservögel, halb im Schlafe, plätschern. 
Tönt uns nun der volle Glanz ums Haupt, 
05 das der heisse Steppengang bestaubt, 
lechzen wir, im nächtigen Quell zu plätschern: 
und wir lassen fürs Gebirg das Ried; 
jäh sich dort der nackte Busch entzündet. 

Seine Flamme, Mond verdrängend, kündet 
10 jenen Vogel, der sich selbst verbrannt: 
wir erharren mit entblössten Füssen, 
dass, aus Asche jugendlich erneut, 
Phönix sammle Wandrer, die zerstreut 
und uns sende, auf behenden Füssen, 
15 unverweilt, ob Haar und Schuh verbrannt, 
karger Weide zu, die Gipfel kündet. 

Hier zuerst sind Hang und Tal verbündet, 
dünstet tief das Ried mit mancher Brut, 
Quellen tönen, die zu Tale wachsen, 
20 in den Pausen, wenn der grosse Mond 
abschwillt und ihn sanfte Wolke lohnt: 
dann steigt Phönix, und die Flügel wachsen, 
tot noch eben, Feuerbusches Brut, 
heisse Loh, dem Himmelsglanz verbündet.

Dienstag, 20 Mai 1952       )

Hochaltar von St. Peter (A)

Hände jener vier, die sehen, heben
Thron empor in Prunk der Engelwolken,
heben also, dass der Sturm des Blicks 
schweren Stuhl erleichtert, ja, er schwebt, 
05 himmlisches Geschmeide selber schon. 
Keiner wagt ihn, ob sich jeder auch 
Herrscher dünkt im Herzen, zu ersteigen. 
Fürchtend, dass er an so hohem Ort, 
ganz verwandelt, wandelte die Welt 
10 in die Himmelssphären, und so, taumelnd, 
stiesse den Palast in Schutt ohn Antlitz.

Mittwoch, 21 Mai 1952       )

Hochaltar von St. Peter (B)

Hände vierer Gründer-Väter heben
Thron empor in Tanz der Wolken, Geister,
heben mühlos, da der Brand des Blicks 
schweren Stuhl erleichtert, ja, er schwebt, 
05 himmlisches Gerät schon selber, dass 
keiner wagte, ob sich jeder auch 
Herrscher dünkt im Haupt, ihn zu besteigen. 
Fürchtend, dass er an so hohem Ort, 
ganz erhoben, höb empor die Welt 
10 in die Himmelssphären und die schwere 
stürzte rückwärts in den Schutt ohn Antlitz.

Montag, 26 Mai 1952       )

Hängen Waldes Schattennetze nieder …* (A)

Hängen Waldes Schattennetze nieder,
spüren Hunde kleffend nach dem Reh:
dass es sinkt in falbe Kräuter nieder, 
glüher Nüstern Beute, reines Reh, 
05 das sie auf der Fährte manchen Wildes rochen. 
Glüher Mäuler, die nun stillt das Reh, 
fallend Geifer-Gier zur Atzung nieder, 
Hundegier, die lodert nach dem Reh, 
irre, wenn die Netze hängen nieder.

Donnerstag, 29 Mai 1952       )

Nächtens fallen Königsbrüder …* (A)

Nächtens fallen Königsbrüder
von des Waldes Mitte aus,
fallen in das Jägerlager, 
stören Jägerabendschmaus: 
05 wo die Flamme gleissnerisch 
leckt empor am toten Hirsch. 

Treiben jauchzend Königsbrüder 
Herrn und Knechte feldhinaus, 
reinigen im Jägerlager, 
10 Opferer, den eklen Schmaus: 
dass auf steinerm hohem Tisch 
kehr nach Haus der heile Hirsch.

Mittwoch, 28 Mai 1952       )

Quelle springt dem Meere kindlich zu …* (A)

Quelle springt dem Meere kindlich zu, 
spricht geschwätzig in den schweren Sang 
starken Läufers, der zum Felsen brandet. 
Zarter Schwester plätscherndes Begrüssen 
05 reizt, den keiner hält zum hohen Griff, 
dass er, schäumend, übersteigt das Riff, 
stürzt hinan und, krankend nach der Süssen, 
zu der Überraschten Füssen landet 
Muschel, Stern und Krebs. Behängt mit Tang 
10 fasst er sie und küsst den Mund ihr zu.

Sonntag, 01 Juni 1952       )

Quelle springt dem Meere kindlich zu …* (B)

Quelle springt dem Meere kindlich zu,
spricht geschwätzig in den schweren Sang 
starken Läufers, der zum Felsen brandet. 
Kleiner Schwester plätscherndes Begrüssen 
05 reizt, den keiner hält, zum hohen Griff, 
dass er, schäumend, übersteigt das Riff, 
stürzt hinan und, krankend nach der Süssen, 
vor der Überraschten Füssen landet 
Muschel, Stern und Krebs. Behängt mit Tang 
10 fasst er sie und küsst den Mund ihr zu.

Freitag, 06 Juni 1952       )

Die Flöte rief, da wir noch immer fielen …* (A)

Die Flöte rief, da wir noch immer fielen
tief ins Genist und tief, tief ins Gebirg, 
uns sichernd zu, dass wir des rechten Falls 
gestürzt und uns getrost ihm liessen 
05 ohn all Gefahr mit Geist und Seel und Leib. 
Wenn auch der Flügel schwarzen Nestlings als 
Dämonenfittich wachsend mit uns sinkt, 
so rinnt der Sand doch lauterster Gesteine, 
rinnt im Kristallstaub selbst das reine Gold 
10 von Wänden her, wohin wir endlich stürzen 
und schäumt mit Schimmer über Schwingennacht.

Freitag, 01 August 1952       )

Der rechte Fall (B)

Die Flöte rief, da wir noch immer fielen
tief ins Gestrüpp und tief, tief in den Fels, 
uns sichernd zu, dass wir des rechten Falles 
gestürzt und uns getrost ihm liessen: 
05 Wenn auch der Flügel schwarzen Nestlings, als 
Dämonenfittich wachsend, mit uns sank, 
so rann der Sand doch lauterster Gesteine, 
und im Kristallstaub rann das lichte Gold 
von Höhlenwänden, wo wir endlich hielten, 
10 und überschäumte das geborstne Aas.

Samstag, 02 August 1952       )

Der Sturz (B / C*)

Die Flöte rief, als wir noch immer fielen
durch wirre Disteln tief, tief ins Gebirg, 
uns tröstend zu, dass wir des rechten Falls 
gestürzt und uns getrost ihm liessen: 
05 Wenn auch der Flügel schwarzen Nestlings, als 
Dämonenfittich wachsend, mit uns sank, 
so rann der Sand doch lauterster Gesteine, 
und im Krstallstaub rann das lichte Gold 
von Höhlenwänden nieder, wo wir endlich hielten, 
10 bis es die schwarze Schwinge überschäumt.

Ich sitz am Säulenstumpf der Nacht und werfe
nach dem Polypen, der gen Westen sinkt,  
das Netz und fange schliesslich nur den Mond: 
sein Schwimmen ohne Flossenregung tröstet 
05 mit vieler Sternenfischchen Wimperschlagen 
gar bald mich, wenn ich leise aus der Flut 
die Beute zieh zum Säulenstumpf der Nacht.

Mittwoch, 16 Juli 1952       )

Der Fischer (A)

Wechselt nicht der Fischer Steg und Strand,
dass er jenen schönsten fände,
dass er lachend auf die Lände 
zög den Haifisch, der sein  Boot berannt. 
05 Bringt er hoch ihn nicht die schroffen Wände, 
ob er lang auch ächzend riss, 
sich die Zunge blutig biss, 
schafft er’s leicht auf weichem Sandgelände: 
wo das stumme Maul die Angel greift 
10 trägt’s der Tiefe Rauschen 
macht das Ohr des Fischers lauschen: 
der nun Träume wach mit Sinnen greift.

Donnerstag, 31 Juli 1952       )

Die Heimfahrt (A)

Überstanden wär dies,
wenn uns die Flamme trüge
nächtens leuchtend hinweg 
über den brauenden See. 
05 Hob sie uns Kauernde auf vom felsigen Ufer, 
was denn fürchteten wir, 
dass auf die Insel 
nimmer wir fänden zurück? 
Überstanden ist dies, 
10 da uns die Flamme erfasste, 
die aus dem Himmel herab 
fuhr und uns rückte hinweg 
schnell den glühenden Weg, 
aus der Flut ragt die Heimat, 
15 Gipfel, der uns gezeugt, 
halten und glänzen sie dort 
Winden und Sternen ein Sitz.

Donnerstag, 31 Juli 1952       )

Überstanden wär dies …* (B)

Überstanden wär dies,
wenn uns die Fackel trüge
nächtens flammend hinweg 
über den brauenden See. 
05 Hob sie uns Kauernde auf vom felsigen Ufer, 
was denn fürchteten wir, 
dass auf die heimische Insel 
nimmer wir fänden zurück? 

Da uns die Fackel jäh 
10 griff vom Himmel hernieder 
und uns rückte hinweg 
schnell den verglühenden Weg, 
ragte der Gipfel herauf, der unvergessne, 
Winden und Sternen ein Sitz, 
15 wo sie noch halten und glänzen: 
Überstanden ist dies. –

Donnerstag, 31 Juli 1952       )

Überstanden wär dies …* (C)

Überstanden wär dies,
wenn uns trüge die Fackel
nächtens flammend hinweg 
über den brauenden See. 
05 Hob sie uns Kauernde auf vom nächtigen Ufer, 
was denn fürchteten wir, 
dass auf die heimische Insel 
nimmer wir fänden den Weg? 

Da uns die Fackel jäh 
10 griff vom Himmel hernieder 
und uns rückte hinweg 
schnell die versprühende Bahn, 
ragte der Gipfel bald, den stets wir erinnert, 
Winden und Sternen ein Sitz, 
15 wo sie noch halten und glänzen: 
Überstanden ist dies. –

Donnerstag, 31 Juli 1952       )

Überstanden wär dies …* (D)

Überstanden wär dies,
wenn mich trüge die Fackel
nächtens flammend hinweg 
über den brauenden See. 
05 Höb sie mich Kauernden auf vom Felsen am Ufer, 
was denn fürchtete ich, 
dass nach der heimischen Insel 
nimmer ich fände das Schiff? 

Da mich die Fackel jäh 
10 griff vom Himmel hernieder 
und mich rückte hinweg 
schnell die versprühende Bahn, 
da der Gipfel herauf, den Sternen und Winden, 
wo sie noch halten, ein Sitz, 
15 ragte, den stets ich erspähte 
Überstanden war dies –.

Freitag, 01 August 1952       )

Der Ballon (C)

Den schwebenden, den steigenden Ballon, 
wer hält den Traum,
der aller Last entbehrt 
und streift den Saum: 
05 wo noch der Nachen voll 
und fruchtbeschwert 
fährt Tag hinweg? – Der Baum 
fängt mit den Ästen schon 
den schwankenden, den sinkenden Ballon.

1952 * (nicht datiert)       )

Der Mond (A)

Trinkt der Mond, in Dunst verschwommen
Abendschein,
schimmert selbst, von Nacht benommen, 
bleich herein: 
05 lischt Gebirges Schneegeschmeide, 
jählings matt, 
zeichnet scharfe, knappe Kreide 
Fels und Blatt.

Freitag, 01 August 1952       )

Der Mond (B)

Trank der Mond, in Dunst verschwommen, 
Abendschein,
steigt er selbst, von Nacht benommen, 
bleich herein: 
05 löscht des Berges Schneegeschmeide, 
zeichnet matt 
mit der harten, knappen Kreide 
Fels und Blatt.

Samstag, 02 August 1952       )

Östliches Liebeslied (A)

Kennst du mich, der eh dich küsste,
kennst du meiner Lippe Brand, 
kennst du, deren Nacht ich süsste, 
mich am duftenden Gewand? 

05 Ja, du bist’s, den ich vernommen, 
schönrer Schall als Tamburin: 
Wehn und Wort ist angekommen 
schon die Lippe aufgenommen; 
statt vorm Feuer schnell zu fliehn, 
10 such ich Kühlung mittendrin.

Donnerstag, 06 November 1952       )

Brach den Fels die starke Quelle …* (A)

Brach den Fels die starke Quelle,
jung entzückt 
stieg beglückt 
nochmals greisen Stromes Welle, 
05 warf die Schäume, helle Bälle, 
warf und nahm sie schnell zurück. 

Der den Krug so lange leerte, 
Alter mag 
diesen Tag 
10 weil das Kind im Spiel er ehrte, 
spielen, doch eh Nacht ihm wehrte, 
meerwärts, das zu Sinne heimlich lag

Freitag, 07 November 1952       )

Strom und Quelle (B)

Brach den Fels die starke Quelle, 
lichtentzückt, 
stieg beglückt 
nochmals greisen Stromes Welle, 
05 warf die Schäume, helle Bälle, 
warf und nahm sie schnell zurück. 

Der den Krug so lange leerte, 
Alter mag 
diesen Tag, 
10 spielen, was das Kind ihn lehrte, 
fliesst er doch, da Nacht ihm wehrte 
ganz ins Meer, das lechzend lag.

Montag, 10 November 1952       )

Dieser noch einzig am Himmel lichtere Hügel …* (A)

Dieser noch einzig am Himmel lichtere Hügel,
schau doch, wie nun auch er, zaudert 
zuerst und dann schnell, als fürchtet’ er schnellere Reue, 
am Zipfel das Laken ergreift, das dunkle, 
05 und sich verhüllt. 
Schüchtern erglimmt in der Hütte 
am Hang die Lampe und steht 
bald sicher scheinend im Fenster: 
wissende Priesterin sie, zieht den Verirrten hinan.

Samstag, 15 November 1952       )

Eh du nicht sahest den Himmel …* (A / B)

Eh du nicht sahest den Himmel
und seine strahlende Glorie,
blieb dir als Licht in der Höhle 
nur die rauchende Fackel, 
05 trieb dir das Salz 
aus schmerzenden Augen 

Jetzt erst trittst du heraus, 
wo der einzig noch lichtere Hügel 
zaudert zuerst und dann schnell, 
10 als fürchtet er schnellere Reue, 
am Zipfel das Laken ergreift, 
das dunkle, und sich verhüllt.

Sonntag, 16 November 1952       )

Eh du nicht sahest den Himmel …* (B)

Eh du nicht sahest den Himmel,
trieb dir die rauchende Fackel,
einziges Licht in der Höhle, 
Salz aus schmerzenden Augen. 

05 Jetzt, wo du tratest heraus, 
einzig noch licht war der Hügel; 
zaudernd ergreift er schon, 
schneller am Zipfel das dunkle 
Laken, das ganz ihn verhüllt.

Sonntag, 16 November 1952       )

Eh du nicht sahest den Himmel …* (C)

Eh du nicht sahest den Himmel,
trieb dir die rauchende Fackel,
einziges Licht in der Höhle, 
Salz aus schmerzenden Augen. 

05 Jetzt, wo du tratest hervor, 
einzig war licht noch der Hügel: 
zaudernd ergreift auch er, 
schneller, am Zipfel das dunkle 
Laken, das ganz ihn verhüllt.

Sonntag, 07 Dezember 1952       )

Eh du nicht sahest den Himmel …* (D)

Eh du nicht sahest den Himmel,
trieb dir die rauchende Fackel,
einziges Licht in der Höhle, 
Salz aus schmerzenden Augen. 

05 Jetzt, wo du trittst heraus, 
einzig noch licht ist der Hügel: 
Aber schon tastet auch er, 
greift er schnell nach dem dunklen 
Zipfel des Lakens.

Sonntag, 23 November 1952       )

Nachtlied (A)

Standst du, bis die letzte Wolke glitt
offnem Horn vorüber, im Gebüsch
heimlich, schlägt nun¿ aus dem  Beet das Feuer, 
fasst dich an und sengt von heisser Säule 
05 letzte Hülle weg, sodass die prallen 
Blumen springen auf, da ihre Gluten 
fallen glühender auf sie zurück, 
springt die Rose durstig auf inmitten, 
saugt die Säule lang in ihren Grund, 
10 bis das süsse Mark sie, jählings stürzend 
spät berauscht, wenn sich das Horn vergoldet.

Montag, 24 November 1952       )

Nachtlied (B)

Standst du, bis die letzte Wolke glitt
offnem Horn vorüber, heimlich im
Holz und schlägt dann aus dem Beet das Feuer,
fasst dich an und sengt von heisser Säule
05 letzte Hülle weg, sodass die prallen
Blumen, da die Gluten alle auf sie
glühnder rückwärts fallen, springen auf,
springt die Rose durstig auf inmitten,
saugt die Säule lang in ihren Grund,
10 bis das süsse Mark sie, jählings stürzend,
überfüllt, wenn sich das Horn vergoldet.

Donnerstag, 27 November 1952       )

Nachtlied (C)

Lagest du, bis hellem Horn vorüber
spät die Wolke glitt, versteckt im Holz,
schlug verwegen aus dem Beet das Feuer, 
fasste, sengte von der heissen Lanze 
05 letzte Hülle dir, sodass die prallen 
Blumen, da die Gluten alle auf sie 
glühnder rückwärts fielen, sprangen auf, 
sprang die Rose durstig, als du bohrtest 
ihr die Lanze bebend in den Grund, 
10 saugte lang sie, bis das Mark entstürzte 
jach der Lanze und die Rose füllte, 
überfüllte, als das Horn verblich.

Dienstag, 25 November 1952       )

Spiegel zeigt mir …* (A)

Spiegel zeigt mir,
was ich nimmer,
Tor, erkannt:
dass du ganz, 
05 mit Leib und Sinnen 
an mir festgebannt. 

Dass die Woge, 
die mich brausend 
trägt und hebt, 
10 deinen Mund und deinen Busen, 
deinen Schoss mir zubewegt. 

Stürzen wir in eins zusammen, 
dass uns keiner trennt, 
dass das allerschärfste Auge 
15 nicht mehr kennt 
Mund von Mund 
und Glied vom Schoss umfangen.

Dienstag, 25 November 1952       )

Trinkst du noch so lang und durstig …* (A)

Trinkst du noch so lang und durstig,
bleibt der Stein im Grund des Bechers,
glänzt und ruft, 
lechzt die Lippe gieriger ihm zu, 
05 schneller ist er dort zerflossen, 
eh dich trankest bis zu ihm.
Hat ihn leicht hinabgeworfen 
Wirtes reicher Scherz? 
Oder wuchs er in der Beere, 
10 süsser Sonne Bild, 
mit dem Kern zur Milde reifend?

Dienstag, 25 November 1952       )

Bleibt der Stein im Grund des Bechers …* (B)

Bleibt der Stein im Grund des Bechers,
glänzt und ruft,
trinkt die Lippe lang und durstig 
lechzt ihm gierig zu: 
05 schneller ist er dort zerflossen,
eh dich trankst ihm zu.
Hat ihn leicht hinabgeworfen 
reicher Scherz des Wirts? 
Oder wuchs er in der Beere, 
10 mit dem Kern zur Röte hoffend 
süsser Sonne Bild?

Donnerstag, 27 November 1952       )

Trinkt die Lippe lang und durstig …* (C)

Trinkt die Lippe lang und durstig,
lechzt ihm zu,
bleibt der Stein im Grund des Bechers 
glänzt und ruft. 
05 Schneller ist er dort zerschmolzen, 
eh dich trankst ihm zu. 

Hat ihn leicht hinabgeworfen 
Scherz des Wirts, 
oder wuchs er in der Beere, 
10 Mondes Bild, 
mit dem Kern zur Röte hoffend?

Freitag, 28 November 1952       )

Hat den Stein hinabgeworfen Wirtes Scherz …* (D)

Hat den Stein hinabgeworfen
Wirtes Scherz
oder wuchs er, mit der Beere
heiterm Kern zur Röte hoffend. 

05 Glänzt und ruft er aus dem Becher, 
bleibt er doch im Grund, 
magst du schnell und durstig trinken, 
schneller schmolz er, 
eh dich trankst ihm zu.

Montag, 01 Dezember 1952       )

Trank den Becher schnell ich aus …* (A)

Trank den Becher schnell ich aus,
schmolz schon schneller auf dem Grunde
(warf ihn Wirtes Scherz hinein,
oder wuchs er in der Beere,
05 reiner Kern zur Röte hoffend)
schmolz zu schnell der Edelstein, 
dass ihn trinkend nicht erreiche, 
dass ich lechzend nie zu ihm, 
mit den Lippen nimmer reiche.

Montag, 01 Dezember 1952       )

Trink ich schnell den Becher aus …* (B)

Trink ich schnell den Becher aus,
schneller schon schmilzt auf dem Boden
(warf ihn Wirtes Scherz hinein,
oder wuchs er in der Beere,
05 reiner Kern zur Röte hoffend?)
schmilzt zu schnell der Edelstein: 
dass ihn trinkend nicht erreiche, 
dass ich lechzend nie zu ihm, 
mit den Lippen nimmer reiche.

Montag, 01 Dezember 1952       )

Zwischen kahlen Zweigen schlägt …* (A)

Zwischen kahlen Zweigen schlägt
auf das Rad der weisse Pfau,
bis auf kahlem Zweig der Mond 
rollt herab zum weissen Pfau. 

05 Zag an kahlen Zweiges End 
schliesst das Rad der weisse Pfau, 
wenn auf kahlem Zweig der Mond 
heller sitzt als weisser Pfau. 

Hüpft vom kahlen Zweig hinab 
10 zag ins Holz der weisse Pfau, 
ins Gebüsch den weissen Mond 
trägt vom kahlen Zweig der Pfau.

Freitag, 05 Dezember 1952       )

Ausgeleerte Schale …* (A)

Ausgeleerte Schale,
von dem dunklen Saft
trägt sie noch die Male. 
Reinigt, dass sie prahle, 
05 spät sie Wassers Kraft: 
glänzend und erwartend 
wirrer Feste Trunk, 
zeigt sie geil dem Abend 
ausgeleerten Prunk.

Freitag, 05 Dezember 1952       )

Tauen Tropfen von den Büschen …* (A)

Tauen Tropfen von den Büschen,
Beeren überprall,
süss, zu Haufen überprall 
rollen sie zu Fuss den Büschen

Samstag, 06 Dezember 1952       )

Fallen ab von Palmenbäumen …* (B)

Fallen ab von Palmenbäumen,
Früchte überprall,
süss, in Haufen, überprall, 
rollen her aus Palmenhainen

Freitag, 05 Dezember 1952       )

Schiff, das zwischen Inseln führe …* (A)

Schiff, das zwischen Inseln führe,
wogt die heisse See
hoch von Düften, hoch von Früchten, 
rollenden vom Hain, 
05 rollenden aus Palmenhainen 
her in heisse See. 
Schiff, das schnell vorüberführe, 
häufte Früchte schwer, 
tränke Düfte, eilte, glitte 
10 zwischen Inseln weiss: 
Palmenhain vorüberglitte, 
folgt dem Kranichreihn

Samstag, 06 Dezember 1952       )

Schiff, das zwischen Inseln gleitet …* (B)

Schiff, das zwischen Inseln gleitet,
wogt die heisse See
hoch von Düften, hoch von Früchten, 
rollenden vom Hain, 
05 rollenden aus Palmenhainen 
her in heisse See: 
Schiff, das schnell vorübergleitet, 
häuft die Früchte schwer, 
häuft die Früchte, trinkt die Düfte 
10 zwischen Inseln weiss: 
Palmen es vorübergleitet, 
folgt dem Kranichreihn.

Samstag, 06 Dezember 1952       )

Fallen ab von Palmenbäumen …* (A)

Fallen ab von Palmenbäumen
Früchte, schwer und prall
schwer, in Haufen überprall, 
rollen her aus Palmenhainen, 

05 wenn das Schiff[,] an Inseln gleitet, 
über heisse See 
hoch von Düften, hoch von Früchten, 
rollenden vom Hain, 
rollenden aus Palmenhainen 
10 her in heisse See: 

Schiff, das schnell vorübergleitet, 
liest die Früchte schwer, 
liest die Früchte, trinkt die Düfte 
zwischen Inseln weiss: 
15 Palmen weiss vorübergleitet, 
folgt dem Kranichreihn, 

wenn herab von Palmenbäumen 
Früchte fallen prall, 
schwer, in Haufen überprall, 
20 rollen her aus Palmenhainen.

Dienstag, 09 Dezember 1952       )

S. Maria della Vittoria II (A)

Zeigt der Engel, Hingegossne,
dir den Pfeil,
greifst du nach der blanken Spitze, 
willst die Hand 
05 ritzen, dass das Blut, entströmend, 
wasche Königs Zorn. 
Aber er, mit Lächeln, weigert, 
was du willst: 
„Deine Brust will ich durchbohren, 
10 denk der Nacht, 
wo du ganz nach mir verlangtest. 
Dir gewähr 
heut ich diese grösste Bitte.“
Steigt der Brand, 
15 reisst dich hin zu Königs Gipfel. – 
Asche nur noch fällst 
du an dieser trägen Bäche 
Nebelstrand zurück.

Dienstag, 16 Dezember 1952       )

Licht vom Lichte still im Wasser …* (A)

Licht vom Lichte still im Wasser, 
Wolke, spiegelt sich im Licht,
zieht er nächtens durch die Büsche,
Lichtes sinnend, Tal hinab.

05 Büsche bittet er vergeblich,
ihn zu bergen vor dem Licht:
reglos stehn sie, lassen liegen
Nachtlichts Spiegel Tal hinab.

Biegen Büsche kahle Zweige,
10 liegt der Spiegel ohne Licht:
und die Zweige blinde Wellen
peitschen blindlings Tal hinab.

Dienstag, 16 Dezember 1952       )

Zwischen Büschen Licht vom Lichte …* (B)

Zwischen Büschen Licht vom Lichte
spiegelt sich in Flusses Licht,
zieht er nächtens durch die Büsche, 
Lichtes sinnend, Tal hinab. 

05 Büsche bittet er vergeblich, 
ihn zu bergen vor dem Licht: 
reglos stehn sie, lassen liegen 
Nachtlichts Spiegel Tal hinab. 

Biegen Büsche spät die Zweige, 
10 liegt der Spiegel ohne Licht: 
und die Zweige blindlings peitschen 
blinde Wellen Tal hinab.

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