Kein Datum ! . . . ( 01.01.1952 *)

Allzu leicht nicht ...*

Allzu leicht nicht
sei uns Erfüllung,
wenn der Weg über Halden,
über Schotter und Bruch
05 leitet zur Lichtung des Gipfels:
wo Beeren
tief in den Herbst noch
süss zwischen den Adern der Blätter,
Tropfen Bluts
10 brennen, im Schnee noch an Weihnacht.
Nicht zu leicht
sei uns Verwöhnten Erfüllung,
da nimmer verlangte
unsre Sattheit am Wegsaum des Tieflands
15 die Beeren,
bevor wir, ernüchtert im Schweiss,
mit gekräftigten Sinnen
uns bereitete Süsse, gütig
wie Ostereier den Kindern im Garten verstreute,
20 versteckt gebotene Gaben
lüstern erfahren
in hoher Luft nahe dem Himmel,
Vorpfand verschwendrischen Mahls.

  • Details:

    V. 08/09 Korrektur: Blätter / wie → Blätter, /
    V. 18 Direktkorrektur: gütig verstreute  gütig

    V. 11-24 Annotation Kutters arR:

    Der Satz ist gramm. nicht überschaubar, darum auch nicht verständlich. (Ist er es überhaupt?)
    Form: „gütig / wie Ostereier den Kindern im Garten verstreute,“ wo offensichtlich „gütig“ und „verstreute“ zus.gehören, ist zu weit ausgedehnt. On ne saisit pas.

  • Besonderes:

    Typoskript (Lieferung II, Jan. 1952) mit Korrektur und Annotationen von Kutter

    Markus Kutter an Raeber, 26.1.1952:

    Allzu leicht nicht: Eines jener lehrhaften (im guten Sinn) besser: sentenziösen Gedichte, in denen Du eine ganz besondere Art der Aussage gefunden hast. Das Poetische entsteht hier immer durch eine bewusst unübersichtlich gehaltene Auffächerung der Grammatik, wie man es bei hölzernen Lehrgerüsten für Betonbrücken sieht, <wo ein Gewirr von Sparren die eigentlich erstrebte Form verstellt.> Es entsteht ein gewisses logisches „dépaysement“ des Lesers, die einzelnen Verse schwimmen beinahe selbständig vorüber, und doch ahnt man einen sicheren Zusammenhang. Unerlässlich ist dabei, dass dieser sichere Zusammenhang tatsächlich auch ganz streng logisch vorhanden ist; in diesem Gedicht scheint mir der zweite Satz (ab Vers 11) nicht vollkommen logisch durchgeführt zu sein; vielmehr nicht vollkommen evident: man erwartet eine Entbehrung, die dann schon durch eine Beere in Erwartung der Fülle gesetzt werden könnte; demgegenüber scheint aber die Süsse, die man lüstern erfährt, schon zu stark. Ich weiss nicht, ob ich mich klar ausgedrückt habe. Schön finde ich den Anklang an Ostern und Weihnacht, sprachlich ist das Gedicht aber schwächer. Mir hat es zuviele abstrakte termini: Erfüllung, Sattheit, Süsse, Gaben, Vorpfand.

  • Letzter Druck: Unpubliziert
  • Textart: Verse
  • Datierung: ohne Datumsangabe
  • Schreibzeug: Schreibmaschine
  • Signatur: E-03-A-01/d
  • Seite / Blatt: 04
  • Identisch mit: Typoskripte 1951

Inhalt: Typoskripte zu 122 Gedichten (7 Endfassungen)
Datierung: 1950 – 1954
Textträger: Einzelblätter (A4-Format)
Umfang: 10 Dossiers: 1/a (I, 17.4.1951), 1/j (Ia, 11.8.1951), 1/d (II, 1952), 1/b (III, 1952), 1/c (IV, 3.8.1952), 1/e V (Dez. 1952), 1/g (VI, 2.7.1953), 1/h (VII, Okt. 1953), 1/f (VIII, Dez. 1953), 1/i (IX, März 1954)
Publikation: Die verwandelten Schiffe (18 Gedichte); Verstreutes (11 Gedichte)
Signatur: E-03-A-01/a-j (Schachtel 147)
Herkunft: Sammung Markus Kutter

Kommentar: Beschreibung. Texte Dossier /a übereinstimmend mit Sammlung Georgi I (Werke 5, S. 28-36)
Wiedergabe: Edierte Texte

Weitere Fassungen

Typoskripte Kutter (alph.)
(Total: 122 )
Typoskripte Kutter (Datum)
(Total: 122 )
Suchen: Typoskripte Kutter