Datiert: 1955

Die Perle

Ich kann doch das Mädchen,
das am Haustor im grasgrünen Pijama auf den Postboten wartet und gähnt,
nicht fragen –
ich kann doch den Pförtner,
05 der in seinem Verschlag Tischlampen lötet und mir die Zeitung herausreicht,
nicht fragen:
Nicht fragen, ob sie die Perle gesehen hätten,
die ich beim Erwachen heute früh in der Hand hielt.

Ich kann nach der Perle nicht fragen:
10 Irgendwo fiel sie hinab,
zum Beispiel im Gespräch mit der Fürsorgerin
unter das Bild und die Karteikarte des Mathematikstudenten,
der Cello spielt und von der Strudlhofgasse in Wien kommt;
vielleicht fiel sie dort in ein Kanalloch,
15 bis hinab, wo ich allein, höchstens, sie finde,
wenn ich das Pflaster aufkratze und tief in den Abwasserkanal krieche.

Den Kopf würden das Mädchen und der Pförtner und die Fürsorgerin schütteln,
wenn ich plötzlich nach einer Perle fragte,
die mir beim Erwachen heute früh in der Hand lag:
20 Sie war mir von der Muschel, die die Ebbe wegtrug, geblieben.

  • Besonderes:

    Typoskript + 5 Durchschläge

  • Letzter Druck: Unpubliziert
  • Textart: Verse
  • Datierung: Jahresangabe
  • Fassung: Letzte Fassung
  • Strophen: ja
  • Schreibzeug: Schreibmaschine
  • Signatur: A-5-c/12_017
  • Seite / Blatt: 01

Inhalt: 24 Typoskripte zu 23 Gedichten (8 Endfassungen)
Datierung: 1955
Textträger: Einzelblätter (A4-Format)
Umfang: 24 Dossiers zu je einem Gedicht (außer der Doppelung Nr. 8/21)
Publikation: Die verwandelten Schiffe (12 Gedichte), GEDICHTE (1 Gedicht), Verstreutes (2 Gedichte)
Signatur: A-5-c/12 (Schachtel 36)
Herkunft: Rote Mappe 1955 G

Kommentar: Typoskript-Reinschriften (alle gleichartig) mit meist mehreren, z.T. bis 5 Durchschlägen
Texte i.d.R. identisch mit Druckfassung; alle unten mit Jahreszahl 1955 datiert
Wiedergabe: Edierte Texte

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