Synopse

(6)
Samstag, 10 Mai 1952    (    )

Mond ist gross, als Lampe uns entzündet …*

Mond ist gross, als Lampe uns entzündet,
Glocke giessend lichten Klang ins Ried
wo die Vögel aus dem Schlafe plätschern, 
dröhnt uns Wachen volles Licht ums Haupt.
05 Endlich Tages Klingelzaum beraubt 
mögen selbst wir in der Quelle plätschern, 
da wir liessen für Gebirg das Ried 
und sich jäh der nackte Busch entzündet. 

Seine Flamme, Mond verdrängend kündet 
10 jenen Vogel, der sich selbst verbrannt, 
seine Ankunft mit entblössten Füssen 
wir erflehen, dass uns selbst er harrt 
Phönix, sammelnd Glieder, die zerstreut // 031 
rings aus Asche, mit behenden Füssen 
15 dass wir, wenn uns Haut u. Haar verbrannt, 
nahn der Ödnis, die den Gipfel kündet.

Hier nun erst sind Hang und Tal verbündet, 
dünstet tief das Ried mit mancher Brut 
und die Quellen rauschen, abwärts wachsend, 
20 in den Pausen, wenn der grosse Mond 
abschwillt, hinter sanfter Wolke wohnt: 
dann steigt Vogel in die Flügel wachsend, 
tot noch eben, Feuerbusches Brut, 
heisse Loh dem sanften Glanz verbündet.

In: Notizbuch 1952-54
Mittwoch, 14 Mai 1952    (    )

Mond ist gross als Lampe uns entzündet …* (A)

Mond ist gross als Lampe uns entzündet,
Glocke giessend lichten Klang ins Ried; 
wo die Vögel, halb im Schlafe, plätschern 
schwebt uns bald die Fülle Lichts ums Haupt: 

05 von des Tages wirrem Weg bestaubt, 
lechzen wir im nächtigen Quell zu plätschern 
und zu lassen fürs Gebirg das Ried, 
wo sich jäh der nackte Busch entzündet. 

Seine Flamme, Mond verdrängend, kündet 
10 jenen Vogel, der sich selbst verbrannt:
nahe Ankunft mit entblössten Füssen 
wir erflehen, dass uns selbst erneut 
Phönix, sammelnd Glieder, die zerstreut, 
Asche rings, dass mit behenden Füssen 
15 wir uns, wenn uns Haut und Haar verbrannt, 
nahn der Ödnis, die den Gipfel kündet.

In: Manuskripte 1952
Donnerstag, 15 Mai 1952    (    )

Mond, die grosse Glocke ist entzündet …* (B)

Mond, die grosse Glocke ist entzündet, 
giesst den lichten Abendklang ins Ried,
Wasservögel, halb im Schlafe, plätschern. 
Bald schon tönt uns voller Glanz ums Haupt.
05 Von des Tages Steppengang bestaubt, 
lechzen wir, im nächtgen Quell zu plätschern 
und zu lassen fürs Gebirg das Ried, 
wo sich jäh der nackte Busch entzündet. 

Seine Flamme, Mond verdrängend, kündet 
10 jenen Vogel, der sich selbst verbrannt: 
wir erflehen mit entblössten Füssen, 
dass, aus Asche jugendlich erneut, 
Phönix sammle Brüder, die zerstreut, 
uns vereine; mit behenden Füssen 
15 dass wir, deren Kleid und Haar verbrannt, 
nahn der Ödnis dann, die Gipfel kündet. // 02v

Hier nun erst sind Hang und Tal verbündet, 
dünstet tief das Ried mit mancher Brut, 
Quellen singen, die zu Tale wachsen, 
20 in den Pausen, wenn der grosse Mond[,]
abschwillt und ihn sanfte Wolke lohnt: 
dann steigt Vogel, und die Flügel wachsen, 
tot noch eben, Feuerbusches Brut, 
heisse Loh, dem obern Glanz verbündet.

In: Manuskripte 1952
Samstag, 17 Mai 1952    (    )

Mond, die grosse Glocke, schwebt entzündet …* (C)

Mond, die grosse Glocke, schwebt entzündet,
giesst den lichten Abendklang ins Ried. 
Wasservögel, halb im Schlafe, plätschern, 
eh uns tönt der volle Glanz ums Haupt. 
05 Von des Tages Steppengang bestaubt, 
lechzen wir, im nächtgen Quell zu plätschern 
und wir lassen fürs Gebirg das Ried, 
wo sich jäh der nackte Busch entzündet. 

Lohe Flamme, Mond verdrängend, kündet 
10 jenen Vogel, der sich selbst verbrannt: 
wir erflehen mit entblössten Füssen, 
dass, aus Asche jugendlich erneut, 
Phönix sammle Wandrer, die zerstreut, 
dass wir sichrer, mit behenden Füssen 
15 stark vereinte, Haar und Schuh verbrannt, 
nahn der Ödnis dann, die Gipfel kündet. 

Hier zuerst sind Hang und Tal verbündet, 
dünstet tief das Ried mit mancher Brut, 
Quellen tönen, die zu Tale wachsen, 
20 in den Pausen, wenn der grosse Mond 
abschwillt und ihn sanfte Wolke lohnt: 
dann steigt Vogel, und die Flügel wachsen, 
tot noch eben, Feuerbusches Brut, 
heisse Loh, dem obern Glanz verbündet.

In: Manuskripte 1952
Sonntag, 01 Juni 1952    (    )

Eh die grosse Glocke sanft entzündet …* (D)

Eh die grosse Glocke, sanft entzündet,
giesst den lichten Abendklang ins Ried,
Wasservögel, halb im Schlafe, plätschern. 
Tönt uns nun der volle Glanz ums Haupt, 
05 das der heisse Steppengang bestaubt, 
lechzen wir, im nächtigen Quell zu plätschern: 
und wir lassen fürs Gebirg das Ried; 
jäh sich dort der nackte Busch entzündet. 

Seine Flamme, Mond verdrängend, kündet 
10 jenen Vogel, der sich selbst verbrannt: 
wir erharren mit entblössten Füssen, 
dass, aus Asche jugendlich erneut, 
Phönix sammle Wandrer, die zerstreut 
und uns sende, auf behenden Füssen, 
15 unverweilt, ob Haar und Schuh verbrannt, 
karger Weide zu, die Gipfel kündet. 

Hier zuerst sind Hang und Tal verbündet, 
dünstet tief das Ried mit mancher Brut, 
Quellen tönen, die zu Tale wachsen, 
20 in den Pausen, wenn der grosse Mond 
abschwillt und ihn sanfte Wolke lohnt: 
dann steigt Phönix, und die Flügel wachsen, 
tot noch eben, Feuerbusches Brut, 
heisse Loh, dem Himmelsglanz verbündet.

In: Manuskripte 1952
Datiert: 1952    (    )

Eh die Mondesglocke, ganz entzündet …*

Eh die Mondesglocke, ganz entzündet,
giesst den lichten Abendklang ins Ried,
Wasservögel halb im Schlafe plätschern.
Tönt uns dann der volle Glanz ums Haupt,
05 das der heisse Steppengang bestaubt,
lechzen wir, im nächtigen Quell zu plätschern:
und wir lassen fürs Gebirg das Ried.
Jäh sich dort der nackte Busch entzündet.

Seine Flamme, Mond verdrängend, kündet
10 jenen Vogel, der sich selbst verbrannt:
wir erharren mit entblössten Füssen,
dass, aus Asche jugendlich erneut,
Phönix sammle Wandrer, die zerstreut,
und uns sende auf behenden Füssen,
15 unverweilt, ob Haar und Schuh verbrannt,
karger Weide zu, die Gipfel kündet.

Hier zuerst sind Hang und Tal verbündet,
dünstet tief das Ried mit mancher Brut,
Quellen tönen, die zu Tale wachsen,
20 in den Pausen, wenn der grosse Mond
abschwillt und ihn sanfte Wolke lohnt:
dann steigt Phönix, und die Flügel wachsen,
tot noch eben, Feuerbusches Brut,
heisse Loh, dem Himmelsglanz verbündet.

In: Typoskripte 1952
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