Samstag, 09 Juni 1962

Halkyonische Tage

Sieben Tage, Schläfer, Meer,
schläfst du, ehe die neuen
Stürme dich
rütteln, eh sie das Eisvogelweibchen
05 vertreiben, das über deinen
Träumen unermüdlich
hin- und her irrt, in den Fängen
das tote Männchen<.>
Vielleicht erspäht es die Klippe, // 053
10 auf der ich sitze und vergeblich das Blatt,
     das bitter schmeckt,
weich zu kauen versuche.
Vielleicht erspäht es die Klippe,
aber die Stürme sind schneller,
15 reissen das Eisvogelweibchen
in den Gischt, in die Schäume, nach sieben
Tagen schrickst du, mein Schläfer,
weiss auf und verschlingst
das Eisvogelweibchen, das mit dem toten
20 Männchen hin- und her irrt, verschlingst
mit der Klippe auch mich, der ich,
dösend, das bittere Blatt
kaue. Nach sieben // 054
Tagen mein Schläfer, vergisst du,
25 wach und weiss gerüttelt, vergisst du
plötzlich die Träume.


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Halkyonische Tage

Sieben Tage, mein Meer, Schläfer, Meer,
Sieben Tage., Sieben Tage schläfst du,

schweigst

schläfst du

mein Meer

schläft du,  ehe
schläfst du, bevor die neuen

Stürme dich wach

rütteln, eh sie
rütteln , und das Eisvogelweibchen

05 vertreiben, das über deinerenTräume

träumendene Fläche, das tote  das tote

Männchen im Schnabel

Männchen im Kreis unermüdlich im Kreis

trägt.

unermüdlich irrt

Träumen unermüdlich

hin- und her irrt, das tote in den Fängen

Männchen im Schnabel.

Es erspäht das tote Männchen

Vielleicht erspäht es die Klippe, auf der

ich sitze, und das bittere //

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wo ich döse und kaue das Blatt

das Blatt, das so bitter

schmeckt

auf der ich das Blatt  dösend, das Blatt

kaue, das nie bitter

schmeckt und das nie

weich wird

10 auf der ich sitze und vergeblich das Blatt,

das bitter schmeckt,

weich zu kauen versuche.

Vielleicht erspäht es die Klippe,

aber ich fürchte
aber ich glaube, die Stürme sind schneller,

reissen
15 treiben das Eisvogelweibchen

     in den Gischt, in die Schäume, nach sieben

Tagen schrickst du, mein Meer, Schläfer,

weiss auf und verschlingst

das Eisv Eisvogelweibchen, das mit dem toten

20 Männchen hin- und her irrt, verschlingst

mit der        auch
die   Klippe und mich, der ich ,

dösend,
kaue das bittere Blatt

kaue. Nach sieben //

Seite 054 (A-5-e_06_054.jpg)

Tagen mein Schläfer, vergisst du,
Tagen mein Schläfer weisser,

Schläfer, erw erwachst du vergisst du,

wach gerüttelt, plötzlich, nach sieben

all deine Träume auf einmal

Tagen, (all deine) Träume.
Tagen, (all  die

wach gerüttelt und weiss

wach gerüttelt und weiss,

25 wach und weiss gerüttelt, vergisst du

plötzlich die Träume.

9.6.62

 

  • Letzter Druck: FLUSSUFER 1963
  • Textart: Verse
  • Datierung: Vollständiges Datum
  • Fassung: Erste Fassung
  • Schreibzeug: Bleistift
  • Signatur: A-5-e/06
  • Seite / Blatt: 052, 053, 054
  • Werke / Chronos: Dieses enorme Gedicht, 142

Inhalt: 118 Entwürfe zu 103 Gedichten (10 Endfassungen)
Datierung: 18.1.1961 – 27.9.1965
Textträger: Braunes Notizbuch, liniert; ab S. 98 (Gebüsch) perforierter Innenrand; Bleistift;
    S. 95 (Teich) - 142 (Treppen) violett, einzelne mit blauem Stift
Umfang: 186 beschriebene Seiten
Publikation: Flussufer (35 Gedichte), Verstreutes (18)
Signatur: A-5-e/06 (Schachtel 29)

Bilder: Ganzes Buch (pdf)
Spätere Stufen: Manuskripte 1961, 1962, 1963, 1964-65, Typoskripte 1961, 1962, 1963, 1965
Wiedergabe: Edierte Texte, Abbildungen, Umschriften

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