Entstanden: 10. November 1950

Die Notwendigkeiten literarischer Äusserung sind verschieden: es gibt jene innerste, spontane, die einfach in die Finger drängt, die Gestalt sucht um jeden Preis. Es gibt auch die andere aus dem Bewusstsein // 141 unbedingter Verpflichtung unter gesammelter Anstrengung mit Beschwörung aller Kräfte auszusagen, den Stoff zu durchformen wie ein Handwerker seinen Stoff formt. Dichtung ist hier Kunsthandwerk, das freilich fragwürdig wird, wenn der Anteil des spontanen Elements darin unter ein notwendiges Minimum sinkt. So treffen hellenistische Vergleiche von Gedichten mit geschnittenen Gemmen durchaus zu; es bedarf das Gedicht wie die Gemme eines Bildes, eines Ursprungsbildes oder zumindest einer Ursprungsempfindung im Geiste des Künstlers, // 142 dann aber vor allem auch des Stoffes, daraus das Bild geschnitten wird, des Wissens und grossen technischen Könnens. Dazu sehr gut Curtius über T. S. Eliot.

Infos
  • Besonderes: Gleicher Text wieder im Tagebuch, 10.11.1950
  • Letzter Druck: Unpubliziert
  • Textart: Prosanotat
  • Datierung: vollständig
  • Fassung: Zwischenfassung
  • Schreibzeug: Bleistift
  • Signatur: C-2-b/03
  • Seite / Blatt: 140 (unten), 141, 142 (oben)