Aber gross ist noch und trotz allem
rein und glänzend das Dach des heiligen Hauses.
Das der Gott besucht, das der Vollkommne besucht,
wo sie wartet, die wartende harrt, die Seele,
05 die Geliebte, die Frau, die gläubige Seele.
Jahre warn es zuvor, Jahrhunderte,
so schien ihr, dass sie wartete,
bis er da war unter dem reinen und stets noch glänzenden Dach.
Und zugleich stieg er auf in ihr,
10 und sie wusste, dass immer er dagewesen. // 033
In ihrem Innern, unten, verborgen.
Nun stieg er auf, hoch schoss er empor:
wie die entrollte Schlange, die wittert
das lang gesuchte Opfer: sie ist Opfer des Gottes.
15 Sie ist nicht mehr da, sie ist in der Schlange,
in der aufschiessenden Glut.
Und jenes erfüllt sie, das stets in ihr war,
klein und glühend. Davon glüht sie nun ganz.
Und so fand denn der Gott, wie er kam,
20 wie immer, nur noch sich selbst, fand
die hoch züngelnde Schlange. Und er war
traurig, wie er sie sah, die seit je er gesehen.
Aber gross ist noch und trotz allem …*
- Details
- Konvolut: Notizbuch 1950
- Letzter Druck: Unpubliziert
- Textart: Verse
- Datierung: vollständig
- Fassung: Erste Fassung
- Schreibzeug: Bleistift
- Signatur: C-2-b/03
- Seite / Blatt: 032, 033

Aber gross ist noch und trotz
allem
rein und glänzend das Dach
des heiligen
Hauses.
Das der Gott besucht, das der Voll-
kommne besucht,
die wo sie wartet, die wartende
harrt, die Seele,
05 die Geliebte, die Frau, die
gläubige Seele.
Jahre sin¿ warn es zuvor, Jahr-
hunderte,
so schien ihr, dass sie wartete,
bis er da war bis unter dem reinen
bis er da war bis unter dem reinen
und stets noch glän-
zenden Dach.
Und zugleich stieg er auf in ihr,
10 und sie wusste, dass immer
er dagewesen. //

In ihrem Innern, unten, verborgen.
Nun stieg er auf, hoch schoss er em-
por:
wie die entrollte Schlange, die
wittert
das lang gesuchte Opfer:
sie ist Opfer des
Gottes.
15 Sie ist nicht mehr da, sie ist in
der Schlange,
in der aufschiessenden Glut.
Und jenes erfüllt sie, das stets
in ihr war,
klein und glühtend. Davon glüht
sie nun ganz.
Und so fand denn der Gott, w¿ wie
er kam,
20 wie immer, nur noch sich selbst, fand
die hoch züngelnde Schlange. Und er war
traurig, wie er sie sah, die ste seit
je er gesehen.
26.12.49
Inhalt: Notizen, Prosa, 71 Entwürfe zu 54 Gedichten (8 Endfassungen)
Datierung: 7.12.1949 – 10.11.1950
Textträger: Blaues Notizbuch, liniert; Bleistift
Umfang: 144 beschriebene Seiten
Publikation: Gesicht im Mittag (7 Gedichte), Verstreutes (3 Gedichte)
Signatur: C-2-b/03 (Schachtel 79)
Spätere Stufen: Manuskripte 1948-51, Typoskripte 1945-50, 1948-50, Kutter
Kommentar: 9 Texte rhythmische Prosa, 21 reine Prosanotate, 1 Briefentwurf
Wiedergabe: Edierte Texte, Abbildungen, Umschriften (3 private Prosanotate nicht erschlossen)