Montag, 04 Juli 1949

Meine Verse Ausdruck eines Spiegellabyrinthes …*

Meine Verse Ausdruck eines Spiegellabyrinthes, allerdings stets versuchend zum Objektiven aufzusteigen: das Objektive ist darin als Postulat, aber noch nicht erreicht als Realität. Die Trennung von der menschlichen Umwelt darin so stark, dass der Kristallraum bald sich selber sprengt. Es kann nicht mehr weiter gegangen werden, ohne dass die Wände zerbrechen. Vor // 077 diesem Bruch aber scheine ich Angst zu haben, ich weiss nicht, wie ihn vollziehen. Die positive Bedeutung solcher Dichtung mag sein, dass sie ein wesentliches Erleben der Generation, eine wesentliche Not und einen Versuch, sie zu gestalten, ausdrückt, den Versuch, das Gefälle der Auflösung in Dienst zu nehmen. Also etwas wie heroischer Realismus. Nur, die Leere ist bald so vollkommen, dass sie nur noch schweigen kann.


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Meine Verse Ausdruck eines

Spiegellabyrinthes, allerdings stets ver-

suchend zum Objektiven aufzu-

steigen: noch mehr das Objektive

ist darin als Postulat, aber noch

nicht erreicht als Realität. Die

Trennung von der menschlichen Um-

welt darin so stark, dass es bald

nicht mehr der Kristallraum bald

sich selber sprengt. Es kann nicht

mehr weiter gegangen werden, ohne

dass die Wände zerbrechen. Vor //

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diesem Bruch aber scheine ich Angst

zu haben, ich weiss nicht, wie ihn voll-

ziehen. Die positive Bedeutung

solcher Dichtung mag sein, dass

sie ein wesentliches Erleben der

Generation, einen weite wesent-

liche Not und einen Versuch,

sie zu gestalten, ausdrückt,

den Versuch, dieasGefälle¿
den Versuch, dieas  Kräfte  der Auf-

lösung in den Dienst zu nehmen.

Also etwas wie heroischer Realis-

mus. Nur, die Leere ist bald

so vollkommen, dass sie nur noch

schweigen kann.

4.7.49

 

  • Besonderes:

    Gleicher Text wieder im Tagebuch, 4.7.1949

  • Letzter Druck: Unpubliziert
  • Textart: Prosanotat
  • Datierung: Vollständiges Datum
  • Schreibzeug: Bleistift
  • Signatur: C-2-b/02
  • Seite / Blatt: 076 (unten), 077 (oben)

Inhalt: Notizen, 47 Entwürfe zu 39 Gedichten (5 Endfassungen)
Datierung: 5.3.1949 – 7.12.1949
Textträger: Blaues Notizbuch, liniert, Bleistift
Umfang: 130 beschriebene Seiten
Publikation: Gesicht im Mittag (6 Gedichte)
Signatur: C-2-b/02 (Schachtel 79)

Bilder: Ganzes Buch (pdf)
Spätere Stufen: Manuskripte 1948-51, Typoskripte 1945-50, 1948-50
Kommentar: 14 Texte rhythmische Prosa, 24 reine Prosanotate und Briefentwürfe
Wiedergabe: Edierte Texte, Abbildungen, Umschriften (19 private Prosanotate nicht erschlossen)

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