Bergung der Toten aus diesem Sturm an der lieblichen Küste; wie sie kommen: alle vom Fest und schaun diese schrecklichen Züge, furchtbar betroffen von dem, was niemals sie ahnten: hinter dem Meer, dort muss es Zerstörung geben und etwas wie Tod, das sie, Unsterbliche, nicht kennen. Herauf, von dunklen Riffen im Meer, aus unterseeischen Höhlen kommen wohl Leichen, kommen die toten Najaden, die schönen, ehmals schönen, nun blau erwürgten Nymphen. Wer hat sie furchtbar getötet, wer ihr schönes Dasein zerstört: hier liegen sie alle und mit ihnen der Wassermann, der grüne Herrscher mit dem Schlammbart, // 073 das Haupt von Schlinggewächsen umwunden: welche Trauer im gebrochenen Auge. Von draussen aber kommen schon die Schiffer herein und melden: dort treibt auf den Wellen, auf dem ruhigen, glatten, glänzenden Wasser, der grosse Gott selbst mit dem Dreispitz, ungeheurer Kadaver, schwarz, schwarz, von den Vögeln der See, den schreienden Vögeln. Schon Geruch der Verwesung in allen Häusern. Trauriger Mittag.
Bergung der Toten aus diesem Sturm …*
- Details
- Konvolut: Notizbuch 1949
- Details: Emendation: Riffen im mehr → Riffen im Meer
- Letzter Druck: Unpubliziert
- Textart: Prosagedicht
- Datierung: vollständig
- Fassung: Erste Fassung, Letzte Fassung
- Schreibzeug: Bleistift
- Signatur: C-2-b/02
- Seite / Blatt: 072, 073 (oben)

Bergung der Toten aus diesem Sturm
an der einst lieblichen Küste; wie
sie kommen: alle vom Fest und
schaun diese schrecklichen Züge,
furchtbar betroffen von dem, was nie-
mals sie ahnten: hinter dem Meer,
dort muss es Zerstörung geben und
etwas wie Tod, das sie, Unsterbliche,
nicht kennen. Herauf, von dunk-
len Riffen im mehr, aus unter-
seeischen Höhlen Kammern kom-
men wohl Leichen, kommen die
toten Najaden, die schönen, eh-
mals schönen, nun blau erwürg-
ten Nymphen. Wer hat sie
furchtbar getötet, wer fureht-
ihr schönes Dasein zerstört:
hier liegen sie alle und mit
ihnen der Wassermann, der grü-
ne Herrscher mit dem Schlamm- //

bart, das Haupt von Schling-
gewächsen umwunden: welche
Trauer im gebrochenen Auge.
Von draussen aber kommen schon
die Schiffer herein und
melden: dort treibt auf den
Wellen, auf dem ruhigen, glatten,
glänzenden Wasser, der grosse
Gott selbst mit dem Dreispitz,
ungeheurer Kadaver, schwarz,
schwarz, von den Vögeln der See,
den schreienden Vögeln. Schon
Geruch der Verwesung in allen Häu-
sern. Trauriger Mittag.
20.6.49
Inhalt: Notizen, 47 Entwürfe zu 39 Gedichten (5 Endfassungen)
Datierung: 5.3.1949 – 7.12.1949
Textträger: Blaues Notizbuch, liniert, Bleistift
Umfang: 130 beschriebene Seiten
Publikation: Gesicht im Mittag (6 Gedichte)
Signatur: C-2-b/02 (Schachtel 79)
Spätere Stufen: Manuskripte 1948-51, Typoskripte 1945-50, 1948-50
Kommentar: 14 Texte rhythmische Prosa, 24 reine Prosanotate und Briefentwürfe
Wiedergabe: Edierte Texte, Abbildungen, Umschriften (19 private Prosanotate nicht erschlossen)