Nah sind die Götter die im Stillen kämpfen
in unsern Schlaf droht schon ihr weh Geklirre. // 036
Dass sie an unsern reinen Stunden zehren
dies ist's allein worob wir sie zu schelten
05 worob wir sie zu hassen wagen:
Denn reine Stunden sind uns Sündern selten
da wir im Reich der Liebe gehn und uns Umarmung
an jedem Kreuzweg glänzt. <Das liess sich dort verbannen,
was euer Höchstes ist und euren Adel macht?
10 In jenem nächtens nur betretnen Tal
lässt ihr was euch dem Anfang ähnlich macht?
Ihr seid die Sklaven eines untern Gottes,
des höchsten Söhne ihr> Erinnre nicht
uns an den trauervollen Abstieg, den zu gehen // 037
15 der Vater aus dem Licht zu gehn uns zwang.
Wir waren Kinder und doch schon Befleckte
eh wir es wussten war das Glück verscherzt.
War unser Heimatrecht im Einen nichtig
in bunte Vielfalt uns der Spruch verwies.
20 <Wollt Wendung ihr nicht fliehn da euch der Tod
entzückte? Das Reine ist doch glimmend noch in euch.
Und wenn ihr anfacht dieses Geistes Funken
so öffnet sich am dunklen Ort das Tor
wo ihr es nimmermehr vermutet, die Pforte
25 auf geht sie plötzlich in das grosse Licht.>
Nah sind die Götter die im Stillen kämpfen …* (a*)
- Details
- Konvolut: Notizbuch 1949
- Details:
Spitzklammern von Raeber eingefügt
V. 25 Emendation: grosse, → grosse - Besonderes:
Vgl. die Tagebucheintragung gleichentags: Lektüre von Georges "Stern des Bundes" beendet:
es ist wohl unmöglich, sich dem Eindruck dieses aufs letzte angespannten Willlens zur Gestaltung, zur Beschwörung eines neuen Daseins zu entziehen. Das Zeitgebundene, Verkrampfte sinkt in diesem Buch weit zurück hinter den glühenden Eros zu einem anderen Menschen, zu einem neuen Reich nach aller Zersplitterung. […] Ich schreibe stets an meinen Versen. Langsam kommt mir die Vermutung, dass sie alle zusammen, alles was ich seit letztem Jahr geschrieben habe, vor allem aber seit Januar, sinnvoll zusammengehört, dass man es bei einem allfälligen Druck nach dem inliegenden Prinzip ordnen müsste. Die einzelnen Gedichte wären dann Kapitel eines Buches, das sich eigentlich nur als Ganzes verstehen lässt. - Letzter Druck: Unpubliziert
- Textart: Verse
- Datierung: vollständig
- Fassung: Erste Fassung
- Schreibzeug: Bleistift
- Signatur: C-2-b/02
- Seite / Blatt: 035 (unten), 036, 037 (oben)

Nah sind die Götter die im Stillen kämp-
fen
in unsern Schlaf droht schon ihr
weh Geklirre. //

Dass sie an unsern reinen Stunden zehren
dies ist’s allein worob wir sie zu schelten
05 worob wir sie zu hassen wagen:
Denn reine Stunden sind uns Sündern
selten
da wir im Reich der Liebe gehn und uns
Umarmung
an jedem Kreuzweg glänzt. <Das liess sich
dort
hier verbannen,
was ihr euer Höchstes ist und euren Adel
macht?
10 In die jenem nächtens nur betretnen Tal
lässt ihr was euch dem Anfang ähn-
lich macht?
Ihr seid die Sklaven eines untern Gottes,
Söhne ihr des
Höchsten,
des höchsten Söhne ihr> Erinnre nicht uns
uns an den trauervollen Abstieg, den aus
zu gehen //

15 der Vater aus dem Licht zu gehn uns zwang.
Wir waren Kinder und doch schon Befleckte
eh wir es wussten war das Glück verscherzt.
War unser Heimatrecht im Einen nichtig
in bunte Vielfalt uns der Spruch verwies.
20 <Wollt Wendung ihr nicht fliehn da
euch der Tod
entzückte? Das Reine ist doch glimmend
noch in euch.
Und wenn ihr anfacht dieses Geistes Fun-
ken
so öffnet sich am dunklen Ort das Tor
wo ihr es nimmermehr vermutet, die
Pforte
auf geht sie
25 plötzlich in das grosse, grosse Licht.>
4.5.49
Inhalt: Notizen, 47 Entwürfe zu 39 Gedichten (5 Endfassungen)
Datierung: 5.3.1949 – 7.12.1949
Textträger: Blaues Notizbuch, liniert, Bleistift
Umfang: 130 beschriebene Seiten
Publikation: Gesicht im Mittag (6 Gedichte)
Signatur: C-2-b/02 (Schachtel 79)
Spätere Stufen: Manuskripte 1948-51, Typoskripte 1945-50, 1948-50
Kommentar: 14 Texte rhythmische Prosa, 24 reine Prosanotate und Briefentwürfe
Wiedergabe: Edierte Texte, Abbildungen, Umschriften (19 private Prosanotate nicht erschlossen)