Entstanden: 25. April 1949

Väter gehn
und heilige Söhne
durch die Öde
die ist ohne Wasser ohne Tier:
05 und reichen sich – einer dem andern –
Vermächtnis des Lebens: 
abgeschieden zu sein 
stets im Einen zu weilen 
langsam zu brennen im 
10 unmerklichen Licht 
lange Tage hindurch // 029
lange Sommer 
der Verlassenheit 
der grausamen Verlassenheit, 
15 nur zuweilen  gelabt 
wie von einer plötzlichen Quelle 
unter seltener Palme entsprungen, 
nur zuweilen gelabt
von einem einzigen Nu 
20 einem Augenblick 
der Einheit mit Gott 
der flammenden Schmelzung des Eignen 
in dies Grenzenlose 
das immer nahe gewusst wird 
25 und nimmer nahe gefühlt. 
O Labsal, Labsal 
der Quelle 
entsprungen zu Mitten der Nacht 
dem der fastet und harrt 
30 und flieht den Schlaf // 030
weil er nicht will
betroffen als Feigling
vorüber lassen den Herrn
der kommt und geht wann es ihn gut dünkt
35 Weil er fürchtet den Morgen,
wo in ödester Öde
ihn erschlüge das Wissen:
er war da und ich hab' ihn verfehlt.
So besteigt er denn
40 allnächtlich die Säule
hoch schauende über die Dünen: 
hier muss er wachen 
sie straft kleinste Minute des Schlafes 
mit ewigem Tod. 
45 Er aber kniet und breitet die Arme 
und wartet der Stunde 
– vergeblich zumeist –
der seltenen Stunde 
die einmal kommt des Jahres // 031
50 oder zweimal: 
da ihn die Flamme zerreisst, 
da er sich eins weiss 
mit dem Geliebten 
zum unsäglichen Leben getötet. 
55 Was sind gegen solche Minute 
Jahrzehnte der Mühsal: 
Im Ursprung zu sein allein 
ist Leben.

Infos
  • Letzter Druck: Unpubliziert
  • Textart: Verse
  • Datierung: vollständig
  • Fassung: Erste Fassung
  • Schreibzeug: Bleistift
  • Signatur: C-2-b/02
  • Seite / Blatt: 028 (unten), 029, 030, 031 (oben)