
01 Unfähigkeit mich der Welt und ih-
ren Forderungen anzupassen. Steter Kon-
flikt zwischen innerer und äusserer Reali-
tät. Einsicht in die Notwendigkeit des Kom-
promisses (um überhaupt leben zu können)
Aber gänzliches Versagen vor der Aufgabe,
den Kompromiss zu erreichen.
02 Die Fähigkeit zwi¿ zu wissenschaftlicher Tätig- //

keit verliert sich immer mehr, die Mög-
lichkeit wissenschaftlich zu denken und zu
folgern verringert sich mir, je mehr mein
Wille zur dichterischen Arbeit wächst.
03 Aber mit Dichtung allein
lässt sich nun einmal nichts anfangen:
schon der sachliche Erfolg dabei, die An-
erkennung, die rein platonische An-
erkennung durch die Umwelt ist dabei
sehr fraglich, der materielle Erfolg
für die nächsten Jahre auf jeden Fall
ausgeschlossen und für später nicht
wahrscheinlich.
04 Und ich muss leben, rein physisch
muss ich meine Existenz bestreiten kön-
nen, ich muss ein Minimum an An-
sehen unter den in der Gesellschaft
erstreben: ich bin viel zu empfind-
sam, mein Gleichgewicht viel zu
labil – leider muss ich es sagen, aber
vielfache Erfahrung zeigt es mir unwiderleg-
lich – meine Substanz viel zu verletzbar, //

als dass ich mir die völlige Trennung, die scharfe
Abspaltung vom vom Menschlichen leisten
könnte ohne schwerste Gefährdung Gefahren
zu laufen: meine Neigung zu Depressio-
nen könnte sich wieder so verstärken, dass
ich gänzlich arbeits- und fühlunfähig
würde. Dann wäre aber nichts erreicht,
aller „Heroismus“ vergeblich, der Ein-
satz hätte sich nicht gelohnt.
05 Es muss mir gelingen, zu schwe-
ben, mich zu halten im Raum der mensch-
lichen Gesetze und meiner eigenen in-
neren. Mit oder ohne Studium, mit oder
ohne Examen. Solche Dinge sind Mittel,
die man einsetzt oder verwirft, je nach Zweck-
mässigkeit, sine ira et studio!
6.1.49