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Montag, 18 Februar 1963

18.2.1963

Gedichte: Man kann sie nicht einfach weiterschreiben, auch wenn man Einfälle hat. Es muss noch etwas anderes dazukommen: Die Notwendigkeit, jetzt gerade eben dies zu sagen und es in und mit einem Gedicht zu sagen. Es reicht nicht aus, zu wissen, dass man ein Gedicht schreiben kann. Im Gegenteil, vielleicht wäre es besser, wenn ich fürchten würde, kein Gedicht schreiben zu können. Wenn ich ängstlich probieren und kämpfen und immer // wieder neu anfangen müsste. Im Augenblick wenigstens hat das Gedichteschreiben die Spannung für mich verloren. Ich wiederhole mich vielleicht nicht plump, ich beherrsche das Metier gut genug, um das zu vermeiden. Aber auch diese Tricks sind bereits Klischee. Nicht so sehr die Worte, die Motive, die Bilder, die Rhythmen sind immer dieselben als die Gefühls- und Gedankenbewegungen, denen die Gedichte // entspringen. Zuerst muss ich mich selbst ändern, daraus folgt alles andere von selber. Und dann muss ich die Poesie sich ausruhen, gleichsam neue Kraft schöpfen lassen, ich muss Prosa schreiben, viel, sehr viel Prosa. Bisher hält man mich für einen Lyriker, die Leute sollen sehen, dass ich ein noch besserer Prosaist bin.

  • Textart: Prosanotat
  • Datierung: Vollständiges Datum
  • Schreibzeug: Tinte
  • Signatur: C-2-a/16
  • Werke / Chronos: Bd.6, 336, 337

Inhalt: Tagebuchauszüge zur Poetik und zu einzelnen Gedichten
Datierung: 1948 – 1991
Umfang: Ausgewählte Textstellen aus ca. 20 Tagebuch-Heften
Signatur: C-2-a/01 …, C-2-c/01 … (Schachtel 77-79)

Wiedergabe: Textkonstitution ohne Verzeichnung der Korrekturen