Tagebuch
Inhalt: Tagebuchauszüge zur Poetik und zu einzelnen Gedichten
Datierung: 1948 – 1991
Umfang: Ausgewählte Textstellen aus ca. 20 Tagebuch-Heften
Signatur: C-2-a/01 …, C-2-c/01 … (Schachtel 77-79)
Wiedergabe: Textkonstitution ohne Verzeichnung der Korrekturen
Die NZZ brachte einen Artikel über Märchenmotive in der heutigen Lyrik. Darin erschien auch mein Gedicht // über das Mädchen mit dem nächtlichen Löwen. Als Beispiel für die Vergeblichkeit des Erweckungskusses. Dieser kleine Hinweis hob meine Stimmung sofort. Und ich musste über mich lachen, über meinen Durst nach Anerkennung, wie wenig schon genügt, um mich glücklich zu machen. […]
- Details
- Konvolut: Tagebuch
- Details: Tagebuch eines Greises XIV
- Besonderes: Vgl. Metamorphose der Löwen (Gedichte 1960)
- Textart: Prosanotat
- Datierung: vollständig
- Fassung: Zwischenfassung
- Schreibzeug: Tinte
- Signatur: C-2-c/13
- Seite / Blatt: 950v
- Textverweis: METAMORPHOSE DER LÖWEN
- Werke / Chronos: Bd.6, 603, 604
Idee für einen Roman: Expedition zur Suche nach dem Haupt Johannes des Täufers.
[…]
- Details
- Konvolut: Tagebuch
- Besonderes: Tagebuch eines Greises XIV
- Textart: Prosanotat
- Datierung: vollständig
- Fassung: Zwischenfassung
- Schreibzeug: Tinte
- Signatur: C-2-c/13
- Seite / Blatt: 956r/v, 957r
- Werke / Chronos: Bd.6, 603, 604
Gedichtzyklus: „Der Basar“ oder „Der Soukh“: Die gewürzduftenden Schluchten, Jerusalem, die zur Grabeskirche führen und von da zur Kirche der Dormitio. Der Herr, mit den Engeln, tausend Engeln, steigt herab und füllt, mit den Engeln, den Raum und nimmt die weissgoldene Seele aus der Brust seiner Mutter und trägt sie weg über die duftenden, lärmenden Schluchten und über sein Grabhaus hinweg zu den Bergen, den Höhlen, woraus die Anachoreten hervorkommen und schauen und lauschen dem Gesang der Engel: Ich habe dich, meine Braut, meine Schwester, meine Mutter gefunden //und trage dich heim in die Rose. Ihr Duft, vereint mit allen Gerüchen der Berge, Gebirge, den Haufen der Spezereien, betäubt, eine fremde Erfahrung, die Sinne der Händler, Magier, Lehrer, Metzger, Juweliere, Schneider und Schuster. Die nicht wissen, woher das kommt, was das ist. Aber es ist in ihnen, steigt heraus aus ihrem eigenen Herzen. Ein ungeheurer, heiliger Wahnsinn.
- Details
- Konvolut: Tagebuch
- Besonderes:
Tagebuch eines Greises XIV
Zyklus nicht ausgeführt - Textart: Prosanotat
- Datierung: vollständig
- Fassung: Zwischenfassung
- Schreibzeug: Tinte
- Signatur: C-2-c/13
- Seite / Blatt: 986v, 987
- Werke / Chronos: Bd.6, 610
Mein „Realismus“, wie Chr. E. das nennt: Mein Gedicht, womit ich meine Arbeit als Ganzes bezeichne, besteht und entsteht aus Worten. Eines zieht das andere nach sich. Es sind da Bilder, Gedanken, ohne Zweifel. Aber sie stützen sich auf die Worte, die mich verführen und weiterführen, Klang und Rhythmus der // Worte und Sätze sind das Netz, die Armatur, welche alles, schwingend, enthält und trägt. Es wäre da die Gefahr der leeren Rhetorik, wenn es nicht die Leidenschaft der Gestaltung gäbe, den Hauch, der durch alles hindurchweht. Der Zwang zum Ausdruck, der alles vorantreibt. Ein Spieler, ein Jongleur, so sehe ich mich als Autor, den die Worte, die Satzströme leiten. Die Bilder, Gestalten, Gedanken kommen dann als Material herbei, ohne geht es ja nicht. Aber am Ende kommt es darauf nicht an.
02 Abver natürlich stimmt das alles nur halb. Ich bin nicht imstande, das Ganze, das Eine und das Andere, gleichzeitig zu sagen. Ein anderes Mal die andere Hälfte. Es geht mir damit so wie dem heiligen Augustinus mit der Trinität am Meer. Das Ganze ist, auf einmal, nicht zu fassen.
03 Auszuführen: Freunde, Förderer, // Kunden als Problem des Puritaners.
- Details
- Konvolut: Tagebuch
- Besonderes: Tagebuch eines Greises XIV
- Textart: Prosanotat
- Datierung: vollständig
- Fassung: Zwischenfassung
- Schreibzeug: Tinte
- Signatur: C-2-c /13
- Seite / Blatt: 987r/, 988rv
- Werke / Chronos: Bd.6, 610
Die Sprache trägt. Die Rhythmen und Bilder zeugen neue Rhythmen und Bilder, oft weiss ich selbst nicht, ich kann oft nicht erklären, warum gerade dies aus dem anderen folgt, der Zusammenhang ist mir zwar evident und zwingend, aber ich kann nicht sagen, warum. Es ist mir alles klar, aber nicht „logisch“ in dem Sinn, dass ich den Grund dafür benennen könnte. Ich weiss es in meiner Seele, in meinem Gefühl, aber nicht in meinem Kopf. Ein lyrisches Prinzip gleichsam, das ich walten lasse, wenn es nur im Ganzen stimmt, die Sache, die ich zeigen will, zur Anschauung bringt. Die Wahrheit // wohnt in meinem Wesen, in den Eingeweiden, im Leib, in der schreibenden Hand. Der Klang ist da, die Vision. Ein gefährliches Verfahren, weil am Ende alles falsch sein kann, ohne dass ich es merke. Aber ich habe mich meinem Dämon übergeben, der mich leitet. Ich greife zwar, ordnend, ein mit dem Verstand, doch nur sehr behutsam, um ja nicht das in den Worten, den Bildern, der Satzmelodie Verborgene [nicht] zu stören oder gar zu zerstören: „Stern und Blume, Geist und Kleid, Lieb, Leid und Zeit und Ewigkeit“. Oder wie Novalis es sagt: „Wenn nicht // mehr Zahlen und Figuren sind Schlüssel aller Kreaturen, dann fliegt vor einem geheimen Wort das ganze verkehrte Wesen fort“.
02 Aber unheimlich ist dies ohne Zweifel, ein Entlangtasten am Rand des Kraters. Hinein in die glühende Masse zu fallen, nach innen, oder hinaus in die tote graue Asche, nach aussen. Gibt es da eine Wahl?
03 Platen: Leer, akademisch, mit aus dem Kopf herbeigeholten, aus dem literarischen Fundus hervorgezogenen Gedanken und Bildern, theatralisch kostümierten Gefühlen. Es ist da wohl ein Drang zum Ausdruck, aber ohne die Glut, die von innen und unten her, von zuunterst, // alles zusammenzuschmelzen vermöchte. Er bleibt, ganz undichterisch, immer vernünftig. Verstand wohl, aber kein Pneuma.
- Details
- Konvolut: Tagebuch
- Besonderes:
Tagebuch eines Greises XIV
Stern und Blume …] variiertes Brentano-Zitat in Bilder Bilder 1994 - Textart: Prosanotat
- Datierung: vollständig
- Fassung: Zwischenfassung
- Schreibzeug: Tinte
- Signatur: C-2-c /13
- Seite / Blatt: 1018r/v, 1019r/v