Montag, 24 Dezember 1956

Von Paul Huber, 24.12.1956

Lieber Kuno,

[…]

Ich danke Dir herzlich für die Gedichte. In der relativen Musse der Ferienzeit habe ich mich an sie herangewagt. Die Seelenwanderung an den Abgrund vor dem Fudschijama habe ich ziemlich leicht mitvollzogen. Mehr Mühe bereiten mir immer noch jene Gedichte, in denen Du eine eben geschaute Wirklichkeit in Dich hineinnimmst und sie dort zum Sinnbild werden lässt. Es scheint mir, gerade jene Verse, bei denen dem Leser keine Auflösung der Chiffre weiterhilft, jene also, in denen er genau gleichgestimmt mit Dir schauen muss, seien die kostbaren. „Der tote Vogel“ wirkt auf mich dem gegenüber eher als in ein konstruiertes Bild verborgener Gedankengang. – Ein schlichtes, schönes Lyricum: „Tag + Nacht“. – Bemerkenswert, wie die römischen Reklamen ihre moderne Prägung sofort verlieren und in die Märchenheimat Deiner Blickwelt aufgenommen werden : Nicht in allen Gedichten vermag ich dem Bogen zu folgen, mit dem Du ein äusseres Bild Dir einverleibst, Dir oder Deiner Traumwelt, in der Bilder lautlos aufsteigen, sich vermengen, verschwinden, in der kein Wind weht, kein Schritt durch den Raum hallt: das absolut unbezogene Insichberuhen eines jeden Moments in dem Versrhythmus: Schwereloses Sein? Verdünntes Sein? Erlösende Gelassenheit? //

[…]

  • Besonderes:

     Betr. vermutlich Jahresring 56/57 und Merkur, Nr. 102 (1956)

  • Letzter Druck: Unpubliziert
  • Textart: Brief
  • Datierung: Vollständiges Datum
  • Schreibzeug: Tinte
  • Signatur: B-2-HUBE

Inhalt: Briefstellen zur Gedichtproduktion
Signatur: Vgl. Angabe bei den einzelnen Texten

Kommentar: Die Auswahl ist beschränkt auf einige wenige Briefe, v. a. aus der Verlagskorrespondenz;
vgl. auch einige Briefentwürfe Raebers in den Notizbüchern
Wiedergabe: Textkonstitution ohne Verzeichnung der Korrekturen

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