Synopse

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Sonntag, 30 April 1944    (    )

Sonett. / Dem Bruder

Warum hast du den Weg so schnell gefunden,
Der heimlich her in diese Lichtung führt?
Schon hat dich, Dunklen, hell der Strahl berührt
Des Mittags. Und, vom Rausche überwunden,

05 Gehst tanzend du, in Zauberzwang gebunden.
Wer hätte die Gefährdung je gespürt,
Bevor des Taumels Wut, zu hoch geschürt,
Der Seele reines Antlitz ihm zerschunden?

Doch unser lang schon angefangner Reigen
10 Soll heischend dich in seine Wirbel ziehn,
Ob du auch eines klar beschränkten Ganges 

Entbehren musst: im schwindenden Verneigen
Des grössern Rings, des immer höher hin
Gehobnen Lieds und strengeren Gesanges.
 

In: Typoskripte Thomas Raeber
Sonntag, 30 April 1944    (    )

Warum hast du den Pfad so schnell gefunden …*

Warum hast du den Pfad so schnell gefunden,
der heimlich her zu dieser Lichtung führt?
Schon hat dich, Dunklen, hell der Strahl berührt
des Mittags. Und vom Rausche überwunden

05 gehst tanzend du, in Zauberzwang gebunden.
Wer hätte die Gefährdung je gespürt,
bevor des Taumels Wut, zu hoch geschürt,
der Seele reines Antlitz ihm zerschunden?

Doch unser lang schon angefangner Reigen
10 soll gleichwohl dich in seine Wirbel ziehn,
ob du auch eines klar beschränkten Ganges

entbehren musst: es wächst im schönen Neigen
das stolzre Herz, und weiter weht dahin
der hohe Klang vereinigten Gesanges.

Meinem Bruder Thomas zum
zwanzigsten Geburtstag, 30. April 1944
Kuno.

In: Manuskripte divers
Montag, 01 Mai 1944    (    )

Sonett.

Warum hast du den Weg so schnell gefunden,
Der heimlich her in diese Lichtung führt?
Schon hat dich, Dunklen, hell der Strahl berührt
Des Mittags. Und, vom Rausche überwunden,

05 Gehst tanzend du, in Zauberzwang gebunden.
Wer hätte die Gefährdung je gespürt,
Bevor des Taumels Wut, zu hoch geschürt,
Der Seele reines Antlitz ihm zerschunden?

Doch unser lang schon angefangner Reigen
10 Soll gleichwohl dich in seine Wirbel ziehn,
Ob du auch eines klar beschränkten Ganges 

Entbehren musst: es wächst im schönen Neigen
Das stolzre Herz, und weiter weht dahin
Der hohe Klang vereinigten Gesanges.

In: Typoskripte Thomas Raeber
Montag, 01 Mai 1944    (    )

Sonett.

Warum hast du den Weg so schnell gefunden,
Der heimlich her in diese Lichtung führt?
Schon hat dich, Dunklen, hell der Strahl berührt
Des Mittags. Und, vom Rausche überwunden,

05 Gehst tanzend du, in Zauberzwang gebunden.
Wer hätte die Gefährdung je gespürt,
Bevor des Taumels Wut, zu hoch geschürt,
Der Seele reines Antlitz ihm zerschunden?

Doch unser lang schon angefangner Reigen
10 Soll gleichwohl dich in seine Wirbel ziehn,
Ob du auch eines klar beschränkten Ganges

Entbehren musst: es wächst im schönen Neigen
Das stolzre Herz, und weiter weht dahin
Der hohe Klang vereinigten Gesanges.

In: Typoskripte 1943-46
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