Donnerstag, 16 November 1950

Wie ein Wild geht die Wolke …* (B)

Wie ein Wild geht die Wolke
und enteilt dem verfolgenden Blau.
Und hüllt ihre Schwärze in Rot des Abends.
Wenn aber der Prinz auf dem ebenhölzernen Pferd
05 sich aufhebt und vor der Röte reitet,
dann ist verzaubert das Blau,
vergisst die Verfolgung, trachtet nur,
den Reiter zu halten, zu ziehn
in die reine Wollust der Klarheit,
10 der immer grössern am Abend,
der ganz grossen: wenn alles schwand
und grün ist gen Westen
und am Rand aus eingewalztem Gold der Himmel: //02v
Drin schwebt das Pferd aus Ebenholz , wiegt in der
15 Glut und jauchzt der Reiter,
weiter hinein in das Bett
der sinkend gekühlten Sonne
hinter dem goldenen Vorhang.
Allein bleibt mit geringen Lichtern
20 der Palast und auf der Zinne die Braut,
ungetröstet von den Sternen, die nun
heraufkommen einer nach dem andern,
geleitend den silbernen Jüngling, den Mond,
auch er verlassen, entflohn dem andern Reich.
25 Er kommt und nimmt die Verschmähte,
fährt sie hinweg zum Kuss, zur Hochzeit
über des grünen Ozeans Wogen,
dorthin, wo keiner sie findet: in die
Grotte aus Kuss und Umarmung und
stillschweigendem Glück.

  • Letzter Druck: Unpubliziert
  • Textart: Verse
  • Datierung: Vollständiges Datum
  • Signatur: A-3-c
  • Seite / Blatt: 02r/v

Inhalt: Manuskripte aus verschiedenen Dossiers außerhalb der normalen archivalischen Zuordnung

Wiedergabe: Edierte Texte

Weitere Fassungen

Manuskripte divers (alph.)
(Total: 12 )
Manuskripte divers (Datum)
(Total: 12 )