Entstanden: 16. August 1958
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Das EinhornC

Du hebst das Horn

und vergiftest die Winde, 

hebst es auf vor dem Wald, 

den versteckten 

05 Blüten, den Teichen mit Rosen, 

den Grotten voll von Lianen. 

Du senkst das Horn 

und dringst hinein in den Wald; 

da sind die Blüten verfault 

10 und die verkohlt die riesigen Bäume. 

Der Teich ist ein Moor ohne Rosen, 

Moder die Grotten. 

Du musst aber weiter, du musst 

du musst durch die Gänge

durch die Gänge, die gleich deinem Horn 

15 gewunden sind, doch nicht purpurn. //

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Das EinhornC 2

Weh deinem Vlies ,

denn da drinnen liegt nicht Minotauros. 

Unter zerbrochnen 

Glasdächern uralter Fabriken

20 bei rostroten Maschinen, 

die keiner mehr zu bedienen versteht, 

liegen die Mumien da, 


Könige aus Leder 

und Krokodile mit blätternden Schuppen, 

25 (Blätter, duftende Blüten) 

Augen, offen und schimmlig, 

(im Teich die offenen Rosen). //

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Das EinhornC 3

Hebe wieder
Hebe nochmals dein Horn, 

dann ist nur noch Staub ., und du watest.

Und du watest.

Dann ist Staub nur noch statt Moder

30 Staub ist nur noch statt Moder. 

Statt Labyrinth, statt Mumien

statt Mumien ist nur noch Staub. 

Und du watest bis zu den Knöcheln 

tief
ganz im flimmernden Staub, 

35 watest im Kreis und siehst 

überall eine Jungfrau.

16.VIII.58

 

Infos
  • Besonderes: Blaugraue Tinte; verso: Typoskript↑ (Wenn du nicht vermagst das Unlenkbare zu lenken)
  • Letzter Druck: Verstreutes
  • Textart: Verse
  • Datierung: vollständig
  • Fassung: Zwischenfassung
  • Schreibzeug: Tinte
  • Signatur: A-5-d/05_003
  • Seite / Blatt: 07, 08, 09