Dienstag, 19 Februar 1957

Orpheus im Hafen (A)

Nichts ist hier, was man unbedingt sehen müsste,
nicht wegen Denkmälern gefällt es mir hier,
sondern weil es Stunden gibt,
wo du hier tiefer bist in Venedig als selbst am Rialto:

05 Auf den Stufen des Herberghügels,
das Ohr dem Klang der Sterne geschärft,
die über dem Hafen tönen;
wenn auch zu fern noch, als dass nicht
die Lötlampen in den Schwimmdocks
10 lauter aufsprühten und ihr Ton nicht im Wasser
schnell hinschliffe und wüchse.

Klammre dich nicht an meinem Arm fest.
du sollst dich nicht fürchten,
wenn du das weisse Gesicht gross liegen siehst zwischen den Schiffen
15 mit wehoffenem Mund,
verstummt und fast schlafend. // 01v
Du sollst dich nicht fürchten,
wenn eine geheime
Strömung es sogar in diesen entlegenen Hafen herschwemmte.
20 Städte und Häfen magst immer du suchen,
ich glaube, immer fändest dus wieder.

Drum sieh drüber weg und steige ganz auf den Hügel:
da siehst du alle Lichter im schwarzen
Ölwasser scherzen. Und jenes
25 Gesicht, wenn dus nur willst,
ist einfach der Mond, der sich bescheiden
zwischen leeren, ruhenden Schiffen
spiegelt im Becken. Du sollst dich nicht fürchten.


Blatt 01r (A-5-d_02_018.jpg)

A Orpheus im Hafen

Nicht wegen Denkmälern gefällt es mir hier:

nichts ist hier, was man unbedingt sehen müsste,

nicht wegen Denkmälern gefällt es mir hier,

sondern weil es hier Stunden gibt,

wo du hier tiefer bistx in Venedig als selbst am Rialto:

05 Auf den Stufen des Herberghügels,

das Ohr dem Klang der Sterne geschärft,

die über dem Hafen tönen;

wenn auch zu fern noch, als dass nicht

die Lötlampen lauter aufsprühten in den Schwimmdocks
die Lötlampen lauter aufsprühten in den Schiffen

10 lauter aufsprühten und ihr Ton nicht im Wasser

lau schnell hinschliffe und wüchse.

Klammre dich nicht an meinem Arm fest.

du sollst dich nicht fürchten,

wenn du das weisse Gesicht gross liegen siehst

zwischen den Schiffen

15 mit wehoffenem Mund,

verstummt und fast schlafend. //

Blatt 01v (A-5-d_02_019.jpg)

 

 

 

 

 


Du sollst dich nicht fürchten,

wenn es ein eine geheime

Strömung es sogar schwemmte in diesen entlegenen Hafen

herschwemmte.

20 Städte und Häfen magst immer du suchen,

ich glaube, immer fändest dus wieder ,.

am schnellsten in der schmutzigsten Ölflut.

Drum sieh drüber weg und steige ganz auf den Hügel:

da siehst du alle Lichter im schwarzen schwarzen

Ölwasser scherzen. Und jenes

25 Gesicht, wenn dus nur willst,

ist einfach der Mond, der sich bescheiden

spiegelt im Becken

zwischen leeren, ruhenden Schiffen

spiegelt im Becken. Du sollst dich nicht fürchten.

18¿9. 2.57

 

  • Details:

    V. 01 Emendation: nichtsNichts

  • Besonderes:

    Blagtt beidseitig beschrieben
    Verso (oben): Typoskript (Zwischen den Kerzen), durchgestrichen

  • Letzter Druck: GEDICHTE 1960
  • Textart: Verse
  • Datierung: Vollständiges Datum
  • Strophen: ja
  • Schreibzeug: Bleistift
  • Signatur: A-5-d/02_004
  • Seite / Blatt: 01r/v

Inhalt: 89 Manuskripte und 11 Typoskripte zu 24 Gedichten und 2 szenischen Texten (2 Endfassungen)
Datierung: 27.11.1956 – 31.12.1957
Textträger:114 Einzelblätter (A4-Format); v.a. durchscheinende Makulatur von Gedichttyposkripten und bräunliche Blätter
Umfang: 27 Dossiers, 192 beschriebene Seiten
Publikation: GEDICHTE (10), Verstreutes (2)
Signatur: A-5-d/02 (Schachtel 37)
Herkunft: Mappe EG 57

Wiedergabe: Edierte Texte, Abbildungen, Umschriften

Weitere Fassungen

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