Sonntag, 13 Mai 1956

Gleiten (B)

Oft schleift das Kind sein Spielzeug über die Fliesen 
und gleitet und fällt dann hin, hin und wieder, 
weil es, versucht von der Glätte des gebohnerten Bodens, 
zu schnell geglitten. 

05 Dies bemerkt es so richtig als reizvoll am Tag erst, 
wo man es wegführt in die weite Weisse des Saales, 
dessen Betreten ein livrierter Wächter verbietet; 
es sei denn, man ziehe in der Eingangshalle Filzschuhe über, 
unförmige: Damit zu gleiten, 
10 vorsichtig, bedächtig, hat eigentlich gar keinen Witz mehr. 
Das Spielzeug darf man hier nicht hinter sich herziehn, 
es scheppert, und das schickt sich nicht im Saal verblichener
Fürsten. 

Und so unternimmt es das Kind, 
es hineinzutragen unter der Schürze 
15 und stellt es dann auf in der Mitte: 
und siehe, es klingt. 
Sodass der Wächter, missgünstig, herbeischleicht. 
Doch ehe er ausholt und zuschlägt, zögert er: 
ob er es nicht doch vielleicht vergessen, übersehen hat in der
Liste? // 04
20 Einen Augenblick hält ihn dies auf, 
bis er sich pflichtbewusst aufrafft und zuschlägt desto bestimmter. 
Und alles ist schlimmer: 

Scherben sind jetzt auf den Fliesen (des Saales) 
und Tränen trüben und des Kindes Schluchzer zerkratzen die
Weisse:
25 Wenn es nur glitte, glitte und zöge hinter sich her das scheppernde 
Spielzeug, 
selbst ohne Filz an den Füssen.


Blatt 03 (A-5-c_13_084.jpg)

B Gleiten

Oft schleift es das Kind sein Spielzeug über die Fliesen 

und gleitet und fällt dann hin, hin und wieder, 

weil es zu schn, versucht von der Glätte des gebohnerten Bodens, 

zu schnell geglitten. 

05 Dies bemerkt es so recht richtig als reizvoll am Tag erst, 

wo man es wegführt in die weite Weisse des Saales, 

dessen Betreten ein livrierter Wächter verbietet; 

es sei denn, man ziehe in der Eingangshalle Filzschuhe über, 

unförmige: Damit zu gleiten, 

10 vorsichtig, bedächtig, hat eigentlich gar keinen Witz mehr. 

Das Spielzeug darf man hier nicht hinter sich herziehn, 

es scheppert, und das schickt sich nicht im Saal verblichener Fürsten.

Und so unternimmt es das Kind, es hin

es hineinzutragen unter der Schürze 

15 und stellt es dann auf in der Mitte: 

und siehe, es klingt. 

Sodass der Wächter , unsicher, missgünstig, herbeischleicht. 

Doch ehe er ausholt und zuschlägt, zögert er: 

ob er es nichtdoch
ob er es nicht  vielleicht über vergass, übersah in der Liste.
ob er es nicht  vielleicht vergessen, übersehen hat in der Liste? //

Blatt 04 (A-5-c_13_085.jpg)

B Gleiten 2

20 Einen Augenblick hält ihn dies auf, 

bis er sichpflichtbewusst
bis er sich  aufrafft und zuschlägt desto bestimmter. 

Und alles ist schlimmer: 

Scherben sind jetzt auf den Fliesen (des silbernen Saales,) 

und Tränen trüben unddes Kindes
und Tränen trüben und  Schluchzer de zerkratzen die Weisse:

25 Wenn es nur glitte, glitte und zöge hinter sich her das scheppernde

\ Spielzeug,

selbst ohne Filz an den Füssen.

13.5.56

 

  • Besonderes:

    Verso: Typoskripte (↑Brief an Dekan Basel 1950 / ↑Erklärung zur Diss. 1950)

  • Letzter Druck: Unpubliziert
  • Textart: Verse
  • Datierung: Vollständiges Datum
  • Strophen: ja
  • Schreibzeug: Bleistift
  • Signatur: A-5-c/13_009
  • Seite / Blatt: 03, 04

Inhalt: 68 Manuskripte und 14 Typoskripte zu 14 Gedichten (keine Endfassungen)
Datierung: 27.1.1956 – 7.11.1956
Textträger: 113 Einzelblätter (A4-Format); v.a. durchscheinende Makulatur von Dissertation und Gedichttyposkripten, Nov. 1956 bräunliche Blätter
Umfang: 15 Dossiers, 128 beschriebene Seiten
Publikation: Die verwandelten Schiffe (7 Gedichte), Verstreutes (2 Gedichte)
Signatur: A-5-c/13 (Schachtel 36)
Herkunft: Grüne Mappe EG 56

Wiedergabe: Edierte Texte, Abbildungen, Umschriften

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