Synopse

(8)
Dienstag, 22 März 1955    (    )

Im Brunnen

Unten tief im Brunnen sitzend
habe ich dich gleich erkannt:
als du mir, der ängstlich schwitzend,
ob er nackt und hungrig sitzend,
05 bleiben müsse, warfst herab ein Festgewand. 

Unten tief im Brunnen sitzend, 
hab ich dich doch gleich erkannt, 
als du mir mit Seidenlitzen 
und mit Steinen die im Dunkeln deine Sonne widerblitzen, 
10 warfst herab ein Festgewand. 

Soll ich an die Sonne steigen,
soll ich aus dem Schlamm und Sand
mit dem Festgewande steigen.
Lass mich nur im Grunde bleiben, // 095
15 hier mein Herr und Herrscher sein:
wenn ich aus dem Brunnen stiege,
dann wo bliebe, das du mir herabgesandt,
dann wie bliebe ganz und rein dein Festgewand?

Wirf mir Brot und wirf mir Schinken
20 einmal nur, wo still ich sitzend
freue mich am matten Blinken,
deiner Seide, deiner Steine,
an des Tages Widerblinken,
hungrig bin im Dunkeln sitzend.

25 Unten tief im Brunnen sitzend,
habe ich dich gleich erkannt:
als du mir, der nackt und doch vor Ängsten schwitzend,
warfst herab ein Festgewand,
warfst herab dann auch die Speise // 096
30 und zuletzt zur Aufwärtsreise
warfst herab die lange Leiter;
aber diesen Taggeleiter
will ich nicht. Auf meine Weise
will ich Herr und Herrscher sein.

35 Bleib du nur im hellen Land.
Unten tief im Brunnen sitzend,
dank ich dir und denke dein:
schon am eitlen Festgewand
habe ich dich gleich erkannt.

In: Notizbuch 1954-55
Donnerstag, 07 April 1955    (    )

Im Brunnen (A)

Unten tief im Brunnen sitzend,
habe ich dich gleich erkannt:
als du mir, der ängstlich schwitzend, 
ob er nackt und hungrig sitzend, 
05 bleiben müsse? warfst herab ein Festgewand. 

Unten tief im Brunnen sitzend, 
hab ich dich doch gleich erkannt, 
als du mir mit Seidenlitzen und mit Steinen, 
die im Dunkel deine Sonne widerblitzen,
10 warfst herab ein Festgewand. 

Soll ich an die Sonne steigen, 
soll ich aus dem Schlamm und Sand 
mit dem Festgewand dir steigen? 
Lass mich nur im Brunnen bleiben, 
15 hier mein Herr und Herrscher sein: 
Wenn ich aus dem Brunnen stiege, 
dann wo bliebe, das du mir herabgesandt, 
ganz und rein dein Festgewand? 

Wirf mir Brot und wirf mir Schinken 
20 in den Grund, wo still ich sitzend, 
freue mich am matten Blinken 
deiner Seide, deiner Steine, 
doch hungrig bin, im Dunkeln sitzend. // 01v

Unten tief im Brunnen sitzend, 
25 habe ich dich gleich erkannt; 
als du mir, der nackt und doch vor Ängsten schwitzend, 
warfst herab ein Festgewand. 
Warfst herab dann auch die Speise 
und zuletzt zur Aufwärtsreise, 
30 warfst herab die lange Leiter: 
aber diesen Taggeleiter 
will ich nicht. Auf meine Weise 
will ich Herr und Herrscher sein. 

Bleib du nur im lichten Land. 
35 Unten tief im Brunnen sitzend, 
dank ich dir und denke dein: 
schon am eitlen Festgewand, 
das du mir herabgesandt, 
habe ich dich gleich erkannt.

In: Manuskripte 1955
Donnerstag, 21 April 1955    (    )

Im Brunnen (B)

Unten tief im Brunnen sitzend,
habe ich dich gleich erkannt:
als du mir, der ängstlich schwitzte, 
ob er nackt und hungrig sitzen 
05 bleiben müsse? warfst herab ein Festgewand. 

Unten tief im Brunnen sitzend, 
hab ich dich doch gleich erkannt, 
als du mir mit Seidenlitzen 
und mit Steinen, die im Dunkel plötzlich blitzen, 
10 warfst herab ein Festgewand. 

Soll ich aus dem Schlamm und Sand 
mit dem Festgewand dir steigen? 
Lass mich nur im Brunnen bleiben, 
hier mein Herr und Herrscher sein: 
15 Wenn ich aus dem Brunnen stiege, 
dann wo bliebe, das du mir herabgesandt, 
ganz und rein dein Festgewand? 

Wirf mir lieber Brot und Schinken 
in den Grund, wo still ich sitze 
20 und mich freu am matten Blinken 
deiner Seide, deiner Steine, 
doch hungrig schon seit Stunden sitze. // 02v

Untern tief im Brunnen sitzend, 
habe ich dich gleich erkannt: 
25 als du mir, der nackt vor Ängsten schwitzte, 
warfst herab ein Festgewand, 
warfst herab dann auch die Speise 
und zuletzt zur Aufwärtsreise 
warfst herab die leichte Leiter: 
30 aber diesen Taggeleiter 
will ich nicht. Auf meine Weise 
will ich Herr und Herrscher sein. 

Bleib allein im trocknen Land. 
Unten tief im Brunnen sitzend, 
35 wink ich dir und danke dir:
schon am eitlen Festgewand, 
das du mir herabgesandt, 
habe ich dich gleich erkannt.

In: Manuskripte 1955
Donnerstag, 05 Mai 1955    (    )

Im Brunnen (C)

Unten tief im Brunnen sitzend,
habe ich dich gleich erkannt: 
als du mir, der ängstlich schwitzte, 
ob er nackt und hungrig sitzen 
05 bleiben müsse? warfst herab das Festgewand. 

Unten tief im Brunnen sitzend, 
hab ich dich doch gleich erkannt, 
als du mir mit Seidenlitzen 
und mit Steinen, die im Dunkel plötzlich blitzen, 
10 warfst herab ein Festgewand. 

Soll ich aus dem Schlamm und Sand 
mit dem Festgewand dir steigen? 
Lass mich nur mein Herr und Herrscher 
hier im Brunnen unten bleiben: 
15 Wenn ich aus dem Brunnen stiege, 
dann wie bliebe, das du mir herabgesandt, 
heil und ganz dein Festgewand? 

Wirf mir lieber Brot und Schinken 
in den Grund, wo still ich sitze 
20 und mich freu am seltnen Blinken 
deiner Steine, deiner Seide, 
doch seit Stunden hungrig sitze. // 03v

Unten tief im Brunnen sitzend, 
habe ich dich gleich erkannt: 
25 als du mir, der nackt vor Ängsten schwitzte, 
warfst herab das Festgewand, 
warfst herab dann auch die Speise 
und zuletzt zur Kletterreise 
warfst herab die leichte Leiter; 
30 aber diesen Aufwärtsleiter 
will ich nicht. Nach eigner Weise 
will ich Brunnenherrscher sein. 

Bleib allein im trocknen Land. 
Unten tief im Brunnen sitzend 
35 wink ich dir und lache dir: 
schon am eitlen Festgewand, 
das du mir herabgesandt, 
habe ich dich gleich erkannt.

In: Manuskripte 1955
Mittwoch, 22 Juni 1955    (    )

Im Brunnen (D)

Unten tief im Brunnen sitzend,
habe ich dich gleich erkannt: 
als du mir, der ängstlich schwitzte, 
ob er nackt und hungrig sitzen 
05 bleiben müsse, warfst herab das Festgewand. 

Unten tief im Brunnen sitzend, 
habe ich dich gleich erkannt: 
als du mir mit Seidenlitzen 
und mit Steinen, die im Dunkel plötzlich blitzen, 
10 warfst herab ein Festgewand. 

Soll ich aus dem Schlamm und Sand 
mit dem Festgewand dir steigen? 
Lass mich als mein Herr und Herrscher 
hier im Brunnen unten bleiben: 
15 Wenn ich aus dem Brunnen stiege, 
wie dann bliebe, das du mir herabgesandt, 
heil und ganz dein Festgewand? 

Wirf mir lieber Brot und Schinken 
in den Grund, wo still ich sitze 
20 und mich freu am seltnen Blinken 
deiner Steine deiner Seide, 
doch seit Stunden hungrig sitze. // 05

Unten tief im Brunnen sitzend, 
habe ich dich gleich erkannt: 
25 als du mir, der nackt vor Ängsten schwitzte, 
warfst herab das Festgewand, 
warfst herab dann auch die Speise 
und zuletzt zur Kletterreise 
warfst herab die leichte Leiter: 
30 aber diesen Aufwärtsleiter 
will ich nicht. Nach eigner Weise 
will ich Brunnenherscher sein. 

Schon am eitlen Festgewand, 
das du mir herabgesandt, 
35 habe ich dich gleich erkannt. 
Unten tief im Brunnen sitzend 
wink ich dir und lache dir: 
Bleib allein im trocknen Land.

In: Manuskripte 1955
Mittwoch, 06 Juli 1955    (    )

Im Brunnen (E)

Unten tief im Brunnen sitzend,
habe ich dich gleich erkannt:
als du mir, der ängstlich schwitzte, 
ob er nackt und hungrig sitzen 
05 bleiben müsse, warfst herab ein Festgewand. 

Unten tief im Brunnen sitzend, 
habe ich dich gleich erkannt: 
als du mir mit Seidenlitzen 
und mit Steinen, die im Dunkel plötzlich blitzen, 
10 warfst herab ein Festgewand. 

Soll ich aus dem Schlamm und Sand 
mit dem Festgewand dir steigen? – 
Lass mich als mein Herr und Herrscher 
hier im Brunnen unten bleiben: 
15 Wenn ich aus dem Brunnen stiege, 
wie dann bliebe, das du mir herabgesandt, 
heil und ganz dein Festgewand? 

Wirf mir lieber Brot und Schinken 
in den Grund, wo still ich sitze 
20 und mich freu am seltnen Blinken 
deiner Seide, deiner Steine, 
doch seit Stunden hungrig sitze. // 07

Unten tief im Brunnen sitzend,
habe ich dich gleich erkannt: 
25 als du mir, der nackt vor Ängsten schwitzte,
warfst herab das Festgewand,
warfst herab dann auch die Speise
und zuletzt zur Kletterreise
warfst herab die leichte Leiter:
30 aber diesen Aufwärtsleiter
will ich nicht. Nach eigner Weise
will ich Brunnenherrscher sein. 

Unten tief im Brunnen sitzend,
wink ich dir und lache dir:
35 Bleib allein im trocknen Land.
Schon am eitlen Festgewand
habe ich dich gleich erkannt.

In: Manuskripte 1955
Datiert: 1955    (    )

Im Brunnen (F)

unten tief im Brunnen sitzend,
habe ich dich gleich erkannt: 
als du mir, der ängstlich schwitzte, 
ob er nackt und hungrig sitzen 
05 bleiben müsse, warfst herab ein Festgewand. 

Unten tief im Brunnen sitzend, 
habe ich dich gleich erkannt: 
als du mir mit Seidenlitzen 
und mit Steinen, die im Dunkel plötzlich blitzen, 
10 warfst herab ein Festgewand. 

Soll ich aus dem Schlamm und Sand 
mit dem Festgewand dir steigen? – 
Lass mich als mein Herr und Herrscher 
hier im Brunnen unten bleiben: 
15 Wenn ich aus dem Brunnen stiege,
wie dann bliebe, das du mir herabgesandt, 
heil und ganz dein Festgewand? 

Wirf mir lieber  Brot und Schinken 
in den Grund, wo gern ich sitze 
20 und mich freu am seltnen Blinken 
deiner Seide, deiner Steine – 
doch seit Stunden hungrig sitze. 

Unten tief im Brunnen sitzend, 
habe ich dich gleich erkannt: 
25 als du mir, der nackt vor Aengsten schwitzte, 
warfst herab das Festgewand, 
warfst herab dann auch die Speise 
und zuletzt zur Kletterreise 
warfst herab die leichte Leiter: 
30 aber diesen Aufwärtsleiter 
will ich nicht. Nach eigner Weise // 08v
will ich Brunnenherrscher sein. 

Unten tief im Brunnen sitzend 
wink ich dir und lache dir: 
35 Bleib allein im trocknen Land. 
Schon am eitlen Festgewand 
habe ich dich gleich erkannt.

In: Manuskripte 1955
Datiert: 1955    (    )

Im Brunnen

Unten tief im Brunnen sitzend 
habe ich dich gleich erkannt:
als du mir, der ängstlich schwitzte,
ob er nackt und hungrig sitzen
05 bleiben müsse, warfst herab ein Festgewand.

Unten tief im Brunnen sitzend
habe ich dich gleich erkannt:
als du mir mit Seidenlitzen
und mit Steinen, die im Dunkel plötzlich blitzen,
10 warfst herab ein Festgewand.

Soll ich aus dem Schlamm und Sand
mit dem Festgewand dir steigen?
lass mich als mein Herr und Herrscher
hier im Brunnen unten bleiben:
15 Wenn ich aus dem Brunnen stiege,
wie dann bliebe, das du mir herabgesandt,
heil und ganz dein Festgewand?

Wirf mir lieber Brot und Schinken
in den Grund, wo gern ich sitze
20 und mich freu am seltnen Blinken
deiner Seide, deiner Steine –
doch seit Stunden hungrig sitze.

Unten tief im Brunnen sitzend
habe ich dich geich erkannt:
25 als du mir, der nackt vor Aengsten schwitzte,
warfst herab das Festgewand,
warfst herab dann auch die Speise
und zuletzt zur Kletterreise
warfst herab die leichte Leiter:
30 Aber diesen Aufwärtsleiter
will ich nicht. Nach eigner Weise
will ich Brunnenherrscher sein. // 01v

Unten tief im Brunnen sitzend
wink ich dir und lache dir:
35 Bleib allein im trocknen Land.
Schon am eitlen Festgewand
habe ich dich gleich erkannt.

In: Typoskripte 1955
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