Dienstag, 08 November 1955

Das inwendige Licht (D)

„Das inwendige Licht, das Gott selbst in uns anzündet, 
kann durch die sinnliche Erfahrung der Welt geweckt werden“, 
geweckt durch den Lampenladen in der Ladenstrasse der Vorstadt, 
wenn er mir auf den Weg durch die Gärten schon von weitem
entgegenbleckt; 
05 diese grellste Goldfüllung in der Reihe der vielen, 
die unten ins Gebiss aus altmodischen Villen eingesetzt sind, 
vermag der alten Gaslampen summendes Bienenkorblicht zu wecken. 

Das hindert mich nicht, die Verkäuferin anzubrummen, 
weil sie mir keine hohen roten Schirme für meine Wandlampen 
verkaufen kann, 
10 sondern nur niedrige aus gelbem Pergament mit grünen Zierstreifen 
und Goldrand, 
wie sie nachgerade auch Hinz und Kunz haben. 

Ihre Entschuldigung erstickt in der Donnerlawine der Hochbahn, 
die mich, wäre es nicht schon sechs Uhr ins Zentrum brächte, 
wo man alle Arten von Schirmen findet, 
15 sogar solche, aus denen das innere Licht durch über die ganze Fläche 
verteilte Sternlöcher leuchtet. // 10

Dafür zertrümmert mein Löffel, wenn ich resigniert im Bahnhofbuffet 
die Milch umrühre, 
aus Versehen zugleich mit der Haut das Glasdach des Bahnsteigs, 
wo eben Tamino aus den Zügen, aus den Pissoirs und von den Treppen 
Hunde und Katzen und blinde Greise mit weissen Stäben anlockt 
20 und mit dem Klanglicht der Flöte allen ihr dösendes Licht weckt.


Blatt 09 (A-5-c_11_180.jpg)

D Das inwendige Licht

I „Das inwendige Licht, das Gott selbst in uns anzündet,

kann durch die sinnliche Erfahrung der Welt geweckt werden“,

geweckt durch den Lampenladen in der Ladenstrasse der Vorstadt,

schon von weitemddden
wenn er mir ↔  auf  meinen Weg durch die Gärten schon w von weitem

entgegenbleckt;

05 diese grellste Goldfüllung in der Reihe der vielen,

die unten ins Gebiss aus altmodischen Villen eingesetzt sind,

vermag der alten Gaslampen summendes Bienenkorblicht zu

wecken.

II Das hindert mich nicht, die Verkäuferin anzubrummen,

weil sie mir keine hohen roten Schirme für meine Wandlampen

verkaufen kann,

sondern nur niedrige aus gelbem (Ölpapier)
10 sondern nur niedrige aus gelbem Pergament mit grünen Zier-

streifen und Goldrand,

wie sie nachgerade auch Hinz und Kunz haben. 

 Ihre
III Die Entschuldigung erstickt in der Donnerlawine der Hochbahn,

die mich, wäre es nicht schon sechs Uhr ins Zentrum trüge brächte,

wo man alle Arten von Schirmen findet,

15 sogar solche, aus denen das innere Licht durch über die ganze

Fläche verteilte Sternlöcher leuchtet. //

Blatt 10 (A-5-c_11_181.jpg)

D Das inwendige Licht 2

Dafür zertrümmert mein Löffel, wenn ichresigniert
Dafür zertrümmert mein Löffel, wenn ich  im Bahnhofbuffet die Milch

resigniert die Milch umrühre,

aus Versehen zugleich mit der Haut das Glasdach des Bahnsteigs,

wo eben aus Tamino aus den Zügen, aus den Pissoirs und von

den Treppen

Hunde anlockt und Katzen und blinde Greise mit weissen

Stäben anlockt

und mit dem Klang(ruf)
20 und mit dem Klanglicht der Flöte allen ihr dösendes Licht weckt.

8.11.55

 

  • Besonderes:

    alR Strophennumerierung I-IV
    Verso: Typoskripte↑ (Sebastian Franck, S. 44)

  • Letzter Druck: Die verwandelten Schiffe 1957
  • Textart: Verse
  • Datierung: Vollständiges Datum
  • Strophen: ja
  • Schreibzeug: Bleistift
  • Signatur: A-5-c/11_021
  • Seite / Blatt: 09, 10

Inhalt: 135 Manuskripte und 21 Typoskripte zu 24 Gedichten (keine Endfassung)
Datierung: 14.11.1954 – 21.11.1955
Textträger: 200 Einzelblätter (A4-Format); v.a. durchscheinende Makulatur von Dissertation und Gedichttyposkripten
Umfang: 25 Dossiers, 213 beschriebene Seiten
Publikation: Die verwandelten Schiffe (12 Gedichte), GEDICHTE (1 Gedicht), Verstreutes (2)
Signatur: A-5-c/11 (Schachtel 36)
Herkunft: Nr. 1-15: braune Mappe EG 55 I; Nr. 16-25: rote Mappe EG 55 II

Wiedergabe: Edierte Texte, Abbildungen, Umschriften

Weitere Fassungen

Manuskripte 1955 (alph.)
(Total: 156 )
Manuskripte 1955 (Datum)
(Total: 156 )
Suchen: Manuskripte 1955