Manuskripte 1952
Inhalt: 95 Manuskripte zu 40 Gedichten (19 Endfassungen)
Datierung: 8.2.1952 – 16.12.1952
Textträger: 91 Einzelblätter (A4-Format)
Umfang: 46 Dossiers, 93 beschriebene Seiten
Publikation: Die verwandelten Schiffe (1 Gedicht), Verstreute (1 Gedicht)
Signatur: A-5-c/03 (Schachtel 34)
Herkunft: Hellblaue Mappe EG 1952; beige Mappe EG 52 VD
Wiedergabe: Edierte Texte, Abbildungen, Umschriften
Tag, wo vor des Himmels roher Röte
Tempels metallne Wandung fällt
und die Kämpfer aus den Kammern dringen,
Klageton der Hörner dröhnt verloren
05 Siechen in geborstne Fenster,
wo sie werfen blutige Laken weg.
Aber auf der Schwelle sitzt der Sänger,
hebt Gesang, den lautern Kelch
in den Flammensturm empor, und alle,
10 alle werfen ihm den Sold, ob
schlagend, selbst gefällt vorüber taumelnd,
werfen Sold dem treuen Fremdling hin.
- Details
- Konvolut: Manuskripte 1952
- Letzter Druck: Unpubliziert
- Textart: Verse
- Datierung: vollständig
- Fassung: Zwischenfassung
- Schreibzeug: Bleistift
- Signatur: A-5-c/03_014
- Seite / Blatt: 01
Tag, wo vor Himmels roher Röte
fällt des Tempels metallene Wandung
und aus den Kammern die Kämpfe quellen:
Klageton der Hörner dröhnt
05 Siechen ins geborstne Ohr,
und sie werfen blutige Laken fort.
Aber auf der Schwelle hebt der Sänger
lauteren Kelch des Lieds
zum Flammenmund empor, um ihn zu stillen,
10 der unersättlich säuft
die Wasser auch der tiefsten Bergeshöhlen
und stillt ihn wirklich:
Da die Najaden alle auf dem Trocknen röcheln,
erlischt die Röte überm wüsten Feld,
15 eine schwarze Kruste deckt das erstarrende Metall
des Tempels alten Ort,
darin die Kämpfer sich ernüchtert winden.
Des Bläsers müden Lippen ist das Horn entfallen. // 02v
Und die Nackten raffen
20 schwarze Fetzen zitternd ans Gebrest.
Den Sänger frass des Tores stürzende Glut.
- Details
- Konvolut: Manuskripte 1952
- Letzter Druck: Unpubliziert
- Textart: Verse
- Datierung: vollständig
- Fassung: Zwischenfassung
- Schreibzeug: Bleistift
- Signatur: A-5-c/03_014
- Seite / Blatt: 02r/v
Vor Himmels Röte schmilzt
metallene Wandung des Tempels
und in den Kammern quillt
den Siechen ins geborstene Ohr
05 Klageton des Horns
sodass sie werfen fort die blutigen Laken.
Aber auf der Schwelle hebt der Sänger
lauteren Kelch des Lieds
empor zum Flammenmund, der unersättlich säuft,
10 dass es ihn stille:
wenn die Najaden alle auf dem Trocknen röcheln,
erlischt die Röte überm wüsten Feld,
geronnen deckt Metall, erkaltend
des Hauses alten Ort,
15 wo das Horn entfiel des Bläsers Lippe
und die Nackten raffen
verkohlte Fetzen aus Gebrest.
- Details
- Konvolut: Manuskripte 1952
- Details: V. 01 Emendation: vor → Vor
- Letzter Druck: Unpubliziert
- Textart: Verse
- Datierung: vollständig
- Fassung: Zwischenfassung
- Schreibzeug: Bleistift
- Signatur: A-5-c/03_014
- Seite / Blatt: 03
Riss ich nicht aus mir das Auge,
schmerzte nicht Glut
immer noch
und immer noch Mühsal der Wandrung?
05 Jetzt noch dringt mir das Bild
der Büsche am Hang
und der Schleier der Nymphen,
Sibyllenwort aus der Höhle,
Tanz der gestaffelten Vögel:
10 über den Büschen und Höhlen und dem Wort in der Höhle
regerer Schmuck um den kahlen Gipfel
dringt mir noch in das Auge.
Einzig die Nacht
steigt mir ins Fenster zu ruhen,
15 trägt auf der Schulter den Vogel:
Wort der Sibylle entsiegelt,
kündend den künftigen Altar.
- Details
- Konvolut: Manuskripte 1952
- Besonderes: Verso: abgebrochenes Typoskript (Wenn uns andre immer höhnt die Wölbung)
- Letzter Druck: Unpubliziert
- Textart: Verse
- Datierung: vollständig
- Fassung: Zwischenfassung
- Schreibzeug: Bleistift
- Signatur: A-5-c/03_015
- Seite / Blatt: 01
Täglich weht
über die Büsche am Hang
der Schleier der Nymphe,
schreckt aus der Höhle das Wort der Sibylle
05 die gestaffelten Vögel zum Tanz,
regerem Schmuck um den Gipfel.
Einzig die Nacht
steigt mir ins Fenster, zu ruhen,
trägt auf der Schulter die Eule und öffnet
10 das Wort der Sibylle.
Die gestaffelten Vögel vom Tanz
weist in die Höhle zurück zum Wort der Sibylle,
zieht den Schleier der Nymphe
weg von den Büschen
15 einzig die Nacht.
- Details
- Konvolut: Manuskripte 1952
- Besonderes: Verso: abgebrochenes Typoskript↑ (Wenn uns andre immer höhnt die Wölbung)
- Letzter Druck: Unpubliziert
- Textart: Verse
- Datierung: vollständig
- Fassung: Letzte Fassung
- Schreibzeug: Bleistift
- Signatur: A-5-c/03_015
- Seite / Blatt: 02
Sonne, Monde gleiten in den Schlund
glühen Drachs am Himmelsrand:
Wilder späht er übers Band,
das der Hirte zog ums Insel-Rund,
05 wo die Lämmer weiden blindlings in der Nacht.
Trug geschorner Flockenwolle hohe Fracht
still hinweg das Schiff, vom Insel-Rund
findend einen Pass im Band,
barg er hinter Himmelsrand
10 mehr als Sonnen vor dem glühen Schlund.
- Details
- Konvolut: Manuskripte 1952
- Details:
V. 04, 07 Emendation: Insel Rund → Insel-Rund
V. 09 er] ev. statt es - Besonderes: Verso: Abgebrochenes Typoskript↑ (Wenn uns andre immer höhnt die Wölbung)
- Letzter Druck: Unpubliziert
- Textart: Verse
- Datierung: vollständig
- Fassung: Zwischenfassung
- Schreibzeug: Bleistift
- Signatur: A-5-c/03_016
- Seite / Blatt: 01
Und bist erwacht du an dem eklen Tisch,
die Strasse draussen kaut und rülpst den Fisch,
der dennoch lebt und glänzt im Element,
ein stinkend hier verwesendes Gemisch
05 aus Gier der Händler und Gefluch, Geknirsch
der Strassenbahn:
den Schergen fiel er hin,
wo sind, die seiner Glorie nahn,
den Meeresthron und schön bewegten Sinn
10 des Flossenspiels im Traume fahn?
- Details
- Konvolut: Manuskripte 1952
- Besonderes: Zusamman mit (C); z. T. gereimt; Verso: Typoskript (Wer das Fleisch noch duldet), durchgestrichen
- Letzter Druck: Unpubliziert
- Textart: Verse
- Datierung: vollständig
- Fassung: Zwischenfassung
- Schreibzeug: Bleistift
- Signatur: A-5-c/03_017
- Seite / Blatt: 01 (oben)
Und bist erwacht du an dem eklen Tisch,
die Strasse draussen kaut und rülpst den Fisch,
der denooch lebt und glänzt im Element,
im stinkend hier verwesenden Gemisch
05 aus Händlergier und Fluch, Geknirsch
der Strassenbahn:
den Schergen fiel er hin.
Wo sind, die seiner Glorie nahn,
den Meeresthron und schön bewegten Sinn
10 des Flossenspiels im Traume fahn?
- Details
- Konvolut: Manuskripte 1952
- Besonderes:
Zusammen mit (B); z. T. gereimt
Verso: Typoskript (Wer das Fleisch noch duldet), durchgestrichen - Letzter Druck: Unpubliziert
- Textart: Verse
- Datierung: fehlt
- Fassung: Zwischenfassung
- Schreibzeug: Bleistift
- Signatur: A-5-c/03_017
- Seite / Blatt: 01 (unten)
Die tiefe Quelle steigt und quillt ins Bild,
das auf dem regen Spiegel zweifelnd schwebt,
hinab mich lockt, zwar schön doch unbelebt:
es will des Blutes Feur und Pulse wild
05 vermählen sich im drohenden Gefild.
Wend ich zurück ins Spiel der Freunde mich
und trinke Lichts und Lachens starken Wein,
quillt stärker stets der Quell. Das Bild allein,
da Spiegel bricht, nicht heil erhält er sich:
10 weil vor dem Flehn um Blut ich schaudernd wich.
- Details
- Konvolut: Manuskripte 1952
- Letzter Druck: Unpubliziert
- Textart: Verse
- Datierung: vollständig
- Fassung: Zwischenfassung
- Schreibzeug: Bleistift
- Signatur: A-5-c/03_018
- Seite / Blatt: 01
Mond ist gross als Lampe uns entzündet,
Glocke giessend lichten Klang ins Ried;
wo die Vögel, halb im Schlafe, plätschern
schwebt uns bald die Fülle Lichts ums Haupt:
05 von des Tages wirrem Weg bestaubt,
lechzen wir im nächtigen Quell zu plätschern
und zu lassen fürs Gebirg das Ried,
wo sich jäh der nackte Busch entzündet.
Seine Flamme, Mond verdrängend, kündet
10 jenen Vogel, der sich selbst verbrannt:
nahe Ankunft mit entblössten Füssen
wir erflehen, dass uns selbst erneut
Phönix, sammelnd Glieder, die zerstreut,
Asche rings, dass mit behenden Füssen
15 wir uns, wenn uns Haut und Haar verbrannt,
nahn der Ödnis, die den Gipfel kündet.
- Details
- Konvolut: Manuskripte 1952
- Besonderes: Verso: Abgebrochenes Typoskript↑ (Wenn uns andre immer höhnt die Wölbung)
- Letzter Druck: Unpubliziert
- Textart: Verse
- Datierung: vollständig
- Fassung: Zwischenfassung
- Schreibzeug: Bleistift
- Signatur: A-5-c/03_019
- Seite / Blatt: 01
Mond, die grosse Glocke ist entzündet,
giesst den lichten Abendklang ins Ried,
Wasservögel, halb im Schlafe, plätschern.
Bald schon tönt uns voller Glanz ums Haupt.
05 Von des Tages Steppengang bestaubt,
lechzen wir, im nächtgen Quell zu plätschern
und zu lassen fürs Gebirg das Ried,
wo sich jäh der nackte Busch entzündet.
Seine Flamme, Mond verdrängend, kündet
10 jenen Vogel, der sich selbst verbrannt:
wir erflehen mit entblössten Füssen,
dass, aus Asche jugendlich erneut,
Phönix sammle Brüder, die zerstreut,
uns vereine; mit behenden Füssen
15 dass wir, deren Kleid und Haar verbrannt,
nahn der Ödnis dann, die Gipfel kündet. // 02v
Hier nun erst sind Hang und Tal verbündet,
dünstet tief das Ried mit mancher Brut,
Quellen singen, die zu Tale wachsen,
20 in den Pausen, wenn der grosse Mond[,]
abschwillt und ihn sanfte Wolke lohnt:
dann steigt Vogel, und die Flügel wachsen,
tot noch eben, Feuerbusches Brut,
heisse Loh, dem obern Glanz verbündet.
- Details
- Konvolut: Manuskripte 1952
- Details:
V. 01, 02: Satzzeichen unklar, emendiert
V. 02 Emendation: Abend Klang → Abendklang
V. 03 Emendation: Wasser Vögel → Wasservögel
V. 05 Emendation: von → Von - Besonderes: Verso: Forts. unter abgebrochener Typoskriptzeile (Wenn uns andre immer höhnt die Wölbung), gestrichen;
- Letzter Druck: Unpubliziert
- Textart: Verse
- Datierung: vollständig
- Fassung: Zwischenfassung
- Schreibzeug: Bleistift
- Signatur: A-5-c/03_019
- Seite / Blatt: 02r/v
Mond, die grosse Glocke, schwebt entzündet,
giesst den lichten Abendklang ins Ried.
Wasservögel, halb im Schlafe, plätschern,
eh uns tönt der volle Glanz ums Haupt.
05 Von des Tages Steppengang bestaubt,
lechzen wir, im nächtgen Quell zu plätschern
und wir lassen fürs Gebirg das Ried,
wo sich jäh der nackte Busch entzündet.
Lohe Flamme, Mond verdrängend, kündet
10 jenen Vogel, der sich selbst verbrannt:
wir erflehen mit entblössten Füssen,
dass, aus Asche jugendlich erneut,
Phönix sammle Wandrer, die zerstreut,
dass wir sichrer, mit behenden Füssen
15 stark vereinte, Haar und Schuh verbrannt,
nahn der Ödnis dann, die Gipfel kündet.
Hier zuerst sind Hang und Tal verbündet,
dünstet tief das Ried mit mancher Brut,
Quellen tönen, die zu Tale wachsen,
20 in den Pausen, wenn der grosse Mond
abschwillt und ihn sanfte Wolke lohnt:
dann steigt Vogel, und die Flügel wachsen,
tot noch eben, Feuerbusches Brut,
heisse Loh, dem obern Glanz verbündet.
- Details
- Konvolut: Manuskripte 1952
- Details: V. 14 Emendation: sichrer; → sichrer,
- Letzter Druck: Unpubliziert
- Textart: Verse
- Datierung: vollständig
- Fassung: Zwischenfassung
- Schreibzeug: Bleistift
- Signatur: A-5-c/03_019
- Seite / Blatt: 03