Verstreutes
Inhalt: Unselbständig publizierte Gedichte und Gedichtgruppen (Verstreutes)
Textträger: Zeitungen, Zeitschriften, Anthologien und andere Sammelwerke
Verzeichnet sind die von Raeber in Zeitschriften, Zeitungen und Sammelwerken veröffentlichten Texte (Verstreutes). Ausgeschlossen sind bloße Nachdrucke, die auf selbständigen Publikationen basieren.
Rot hervorgehoben sind die Letztfassungen von Gedichten.
Schweizer Rundschau; Monatsschrift für Geistesleben und Kultur, 1944/45, Heft 8, November 1944, S. 534-536 (3-teiliger Zyklus)
- Mendrisiotto 1-3
Wort und Tat. Internationale Monatsschrift 3, Oktober 1946, S. 129 (1 Gedicht)
- Tag und Nacht
Die Tat, Nr. 197, 22. 7. 1950, S. 5 (2 Gedichte)
(dazu Brief von Max Rychner, 18.7.1950)
- Willst du ganz enthüllen jener Gottheit …*
- Du näherst dich
Renaissance. Gespräche und Mitteilungen, Dez. 1950, Heft 1, S. 12-14 (3 Gedichte: Drei Gedichte von Kuno Räber)
- Engel des Lichts
- Was ist im trüben Moor das Reinere
- Wo denn anders ist dieser Strauch
Die Tat, Nr. 188, 14.7.1951, S. 13 (3 Gedichte)
Exemplar mit Widmung: Meiner lieben Mutter / Kuno / 18. 8.51
(dazu Brief von Max Rychner, 3.7.1951)
- Eine schwere Dolde lässt
- Wäre dieser Strom doch schon erhoben
- Nimmer fand ich die Rose
Neue Zürcher Nachrichten, Nr. 27, 1.2.1951, 3. Blatt, S. 8 (1 Gedicht)
- Das Schutzbild
Konturen. Blätter für junge Dichtung 2, Sept. 1953, S. 15-16 (3 Gedichte), hrsg. von Hans Bender
- Der Gang
- Die Jagd
- Der Pfau
Akzente (1954), Heft 2 (April), S. 177-179 (7 Gedichte: Der Gang)
- Der Pfau
- Der Baum
- Der Trauerbaum
- Die verwandelten Schiffe
- Der Gang
- Der Schläfer
- Der Entrückte
Hortulus. Illustrierte Zweimonatsschrift für neue Dichtung 4 (1954), Heft 1 (März), S. 16 (1 Gedicht)
(dazu Brief von Hans Rudolf Hilty, 25.3.1954)
- Auf der Insel gehn die gestrandeten Schiffer
Hortulus 4 (1954), Heft 3 (Sept.), S. 54-57 (9 Gedichte: Etüden);
Separatdruck mit Widmung (Schachtel 93): Avec les salutations les plus cordiales / K.R.
- Die Entführung
- Die Harfe
- Der Trunk
- Die Oase
- Der süße Quell
- Ankunft in der Oase
- Auf der Schaukel
- Das Haupt unterm Linnen
- Der Spiegel
Renaissance. Gespräche und Mitteilungen, Einsiedeln, Sept. 1954, Heft 4, S. 8-9 (2 Gedichte; Autorname: Kuno Räber)
- An den toten Sänger
- Votivbild
Hortulus 5 (1955), Heft 2 (Juni), S. 42 (1 Gedicht)
- Beim Anzünden der Zigarette
Merkur. Deutsche Zeitschrift für europäisches Denken. Begründet von Joachim Moras und Hans Paeschke. Nr. 87 (1955), S. 449-451 (4 Gedichte)
(dazu Brief von Hans Paeschke, 30.12.1954; Absagen der Redaktion hatte Raeber zuvor am 18.5.1950, am 8.11.1950 und am 2.9.1951 erhalten)
- Abend
- Die drei Kammern
- Lied aus der Wiege
- Die heilige Katharina
Jahresring 1956/57. Ein Querschnitt durch die deutsche Literatur und Kunst der Gegenwart. Stuttgart 1956, S. 214-216 (3 Gedichte)
Biographische Angaben:
[…] studierte Geschichte, Literatur, Philosophie in Zürich, Genf, Paris und Basel, wo er 1950 mit einer Arbeit über die Geschichtsbibel Sebastian Francks promovierte. Später ein Jahr Direktor der Schweizer Schule in Rom. 1952 Assistent am Leibniz-Kolleg in Tübingen. Seit 1955 als stellvertretender Protektor im Europa-Kolleg in Hamburg. – „Gesicht im Mittag“, 1950. – Zahlreiche Gedichtveröffentlichungen in Zeitungen und Zeitschriften, vor allem in „Die Tat“, „Konturen“, „Merkur", „Akzente“, „Matière“, „Schweizer Rundschau“, „Hortulus“und „Wort und Tat“. (S. 390)
- Tag und Nacht
- Die Sirenen
- Römische Reklamen
Merkur, Nr. 102 (1956), Heft 8 (August), S. 761-763 (4 Gedichte)
- Karussell
- Der Fudschijama
- Der tote Vogel
- Am Flußhafen
Hortulus 6 (1956), Heft 2 (Juni), S. 51 (1 Gedicht)
- Das inwendige Licht
Hortulus 6 (1956), Heft 4, (Dezember) S. 110-111 (1 Gedicht)
- Die Wespen
Transit. Lyrikbuch der Jahrhundertmitte. 1956. Hrsg. mit Randnotizen von Walter Höllerer. Frankfurt a.M.. Suhrkamp 1956, S. 17, 205-206, 271 (3 Gedichte, je thematisch zugeordnet)
- Der Gang
- Am Flußhafen
- Der Pfau
Hortulus 7 (1957), Heft 1 (Juni), S. 37 (1 Gedicht)
- Der Mund (Sacro Bosco in Bomarzo)
Hortulus 7 (1957), Heft 6 (Dezember), S. 179 (1 szenischer Text)
Die Spinne im Busch (Zwischenspiel aus dem Stück «Der Opernabend»)
ensemble. Ein Schweizer Beitrag zur zeitgenössischen Lyrik. Bd. 1. Hrsg. von Peter Lehner. Bern: Benteli 1958, S. 58-65 (7 Gedichte, 3 davon Nachdrucke aus Die verwandelten Schiffe und Gedichte)
- Flüsse, Bäume, Winde
- Der Schacht
- (Der Optiker und der Klavierschüler)
- (Pause)
- Vita contemplativa
- Im Zimmer
- (Die Wespen)
Lyrik unserer Zeit. Hrsg. von Horst Wolff. Dortmund: Städtische Volksbüchereien 1958.
- Im Zimmer
Süddeutsche Zeitung, Nr. 112, 10./11. 5. 1958 (1 Gedicht)
- Der Fischteich
Die Zeit, 22.5.1958, S. ¿
- Es gibt dich also
Die Zeit, Nr. 22, 29.5.1958, S. 5 (1 Gedicht)
- Der heilige Sebastian von Peter Paul Rubens
Neue Zürcher Zeitung, 1.6.1958, Bl. 6 (2 Gedichte)
- Peter Paul Rubens: Der heilige Sebastian
- Die Engelsburg: Kaiser Hadrian spricht
Hortulus 8 (1958), Heft 3 (Juni), S 94 (1 Gedicht)
- Requiem für N.N.
Hortulus 8 (1958), Heft 5 (Oktober), S 157 (1 Gedicht)
Giorgio Orelli. Andante für Egeria (Übersetzung)
Jahresring 1958/59. Ein Querschnitt durch die deutsche Literatur und Kunst der Gegenwart. Stuttgart 1958, S. 206-207 (2 Gedichte)
- Die Sibylle
- Der Fisch und der versunkene Poseidon
Hortulus 9 (1959), Heft 2 (April), S. 44 (1 Gedicht)
- Windmühlen II
Merkur, Nr. 133 (1959), Heft 3 (März), S. 231-233 (3 Gedichte)
- Das Einhorn
- Quasi morto
- Die Staubwolke
Neue Zürcher Zeitung, Fernausgabe Nr. 65, 7.3.1959, Blatt 11 (3 Gedichte)
Literatur und Kunst / Junge Autoren an der Arbeit (zusammen mit Hans Magnus Enzensberger, Rainer Brambach, Walter Gross)
- Metamorphose der Löwen
- Windmühlen
- Neapel: Pizzofalcone
Neue Deutsche Hefte. Hrsg. von Joachim Günther und Rudolf Hartung. Heft 63, Okt. 1959, S. 587-591 (9 Zyklen-Gedichte)
- Miracula St. Marci I-IX
Süddeutsche Zeitung, Nr. 68, 19./20.3.1960 (1 Gedicht)
- Die Münze
Hortulus 10 (1960), Heft 2 (April), S. 52 (2 Gedichte)
- Die Gosse
- Fallschirmspringer
blätter + bilder. Eine Zeitschrift für Dichtung, Musik und Malerei, hrsg. von Horst Bienek und Hans Platschek, 1961, Heft 12 (Jan./Febr.), S. 72-73 (Drei Gedichte)
1 Exemplar mit Tintenkorrekturen (vgl. Raeber an Horst Bienek, 20.3.1961)
- Das Ohr des Dionysos
- Ginster
- Pantheon
Neue Zürcher Zeitung, 9.7.1961, Blatt 6, Sonntagsausgabe Nr. 2591 (4 Gedichte)
Literatur und Kunst / Schweizer Autoren
- Flug
- Einsamer
- Der Spiegel
- Seestück
Das Schönste 7 (1961), Nr. 8 (August). München: Kindler und Schiermeyer Verlag. S. 53 (2 Gedichte)
- Vogel
- November
Süddeutsche Zeitung, 15.6.1963 (2 Gedicht-Nachdrucke)
Darunter: Aus dem soeben im Claassen-Verlag, Hamburg, erschienenen Gedichtband "Flußufer".
- Flucht
- Halkyonische Tage
Lyrik aus dieser Zeit 2 (1963/64). Hrsg. von Kurt Leonhard und Karl Schwedhelm. München/Eßlingen: Bechtle Verlag, S. 57 (1 Gedicht)
- Türe
Süddeutsche Zeitung, Nr. 266, 6./7.11.1965 (1 Gedicht)
- Tausendundeine Nacht: Wüste
Merkur, Nr. 219 (1966), Heft 6 (Juni), S. 549-550 (5 Gedichte)
- Der Ton
- Die Kugel
- See
- Einsicht
- Wenn du mit entfalteten Flügeln
Lyrik aus dieser Zeit 3 (1965/66). Hrsg. von Wolfgang Weyrauch und Johannes Poethen. München/Esslingen: Bechtle Verlag, S. 70 (2 Gedichte)
- Nachmittag am Meer
- An der Tür
- Keller
Süddeutsche Zeitung, Nr. 49, 26./27.2.1966 (4 Gedichte)
- Bei genauerem Hinschaun I-II
Neue Zürcher Zeitung, Fernausgabe Nr. 63 Blatt 21 (Literatur und Kunst), 5.3.1966 (5 Gedichte)
Lyrikseite: Schweizer Autoren (Beat Brechbühl, Hand Rudolf Hilty, Kuno Raeber, Urban Gwerder, Manfred Gsteiger, Heide Keller, Gerhard Meier, Kurt Frey), mit Einleitung
- HASENGEDICHTE I-V
Panorama moderner Lyrik deutschsprechender Länder. Gütersloh 1966, S. 416
Antoinette Vischer. Dokumente zu einem Leben für das Cembalo zusammengestellt von Ule Troxler hrsg. von Markus Kutter. Basel: Birkhäuser Verlag 1976, S. 178
- Hasengedichte IX
Zürcher Festival der Poesie, 22. Sept. 1979 in der Roten Fabrik, Programmheft, S. 14 (3 Gedichte)
- Glück
- Täuschungen
- Wirf dich hinab
Luzerner Neuste Nachrichten, Nr. 295, 21.12.1979, S. 25 (9 Gedichte)
Diese Gedichte sind eine Auswahl bisher unveröffentlichter Arbeiten des in München lebenden Luzerner Schriftstellers Kuno Raeber (geboren 1922). Der Autor ist einer der drei Stipendiaten, denen Mitte Dezember von der Luzerner Literaturförderung 12 000 Franken für ein Werkjahr zugesprochen wurde.
- Untergetaucht
- Sommer und Winter
- Gefunden verloren
- Wohnungen
- Stillung
- Unverändert Verändert
- Rose
- Hinab
- Denkmal
orte. Schweizer Literaturzeitschrift, H. 27, Dez. 1979/Jan. 1980 (1 Gedicht)
- Wären nicht …
Neue Zürcher Zeitung, Nr. 57, 8.9./3.1980 (7 Gedichte)
Beigabe zu dem längeren Artikel Mythen als Seelenbilder / Begegnung mit Kuno Raeber. Anmerkung: Aus dem Manuskript des Gedichtbandes «Reduktionen»
- Täuschungen
- Lauschen
- Grotten
- Schleusen
- Baum
- Sommer
- Worte
Süddeutsche Zeitung, Nr. 265, 15./16.11.1980 (2 Gedichte)
Die Gedichte von Kuno Raeber erscheinen im Frühjahr nächsten Jahres in Rogners Edition bei Ullstein unter dem Titel «Reduktionen»
- Drüben
- Aufgerissen
Neue Zürcher Zeitung, Nr. 128, 4./5.6.1983 (11 Gedichte)
(2 Seiten, mit Foto, vorweg zu Raebers Abgewandt Zugewandt 1985, mit Essay Das schweizerische Sprachdilemma)
Kommentarspalte:
Schrift-Mundart?
m.v. Der Schriftsteller Kuno Raeber hat sich seit seiner Mittelschulzeit in Luzern intensiv mit dem Verhältnis und den Wechselwirkungen von Hochsprache und Dialekt auseinandergesetzt. Da er seit 1958 in München wohnhaft ist, hat er wohl bewusster als die hier ansässigen Schweizer wahrgenommen, wie sehr sich der Gebrauch der beiden Idiome in den letzten Jahrzehnten gewandelt hat. Raebers Beobachtungen münden in die These, dass der Dialekt in der Schweiz nahe daran sei, selber Hochsprache zu werden, und dass auch der nächste Schritt, nämlich die Annahme des Alemannischen als Hoch- und Schriftsprache, unmittelbar bevorstehe. Diese Entwicklung, die freilich mit seinem eigenen Kulturverständnis unvereinbar ist und vor deren Folgen er mit allem Nachdruck warnt, hat Raeber in einem Essay analysiert, den wir hier in gekürzter Form veröffentlichen […].
Parallel zu diesem Essay und zu hochdeutschen Gedichten hat Kuno Raeber in den letzten zwei Jahren auch Lyrik in Luzerner Alemannisch geschrieben, um auszuprobieren, ob und wieweit der Dialekt ihm selbst als künstlerisches Ausdrucksmittel dienen könnte. Der Essay und die Gedichte, von denen wir hier einige vorstellen, sollen zusammen in einem Buch mit dem Titel «Abgewandt Zugewandt» erscheinen. Die Entscheidung für oder gegen die Einführung der Mundart als Sprache der öffentlichen Kommunikation und der Literatur wird nach Raeber allerdings eine politische sein.
- Escorial
- Escorial
- Meerkrebs
- De Chräbs
- New York
- De Alexius am Empire State
- Aber hinaus
- Vorsi
- Die Kugel
- Alles hinab
- Abgewandt Zugewandt
Luzerner Neu(e)ste Nachrichten, Nr. 169, 23.7.1983 (7 Gedichte)
(Beibehaltung des in den Typoskripten verwendeten ïe, allerdings mit Trema auf dem e)
Begleittext:
Kubo Raeber: Dialekt-Gedichte
Bü. Die hier abgedruckten Gedichte stammen vom 1922 in Luzern geborenen Schriftsteller Kuno Raeber (Bild), der seit 1958 in München lebt. Raeber, der 1950 in Basel promoviert hat, veröffentlichte bisher mehrere Romane und Gedichtbände. Für seinen letzten Roman, « Das Ei» , war er 1979 von der Luzerner Literaturförderung mit einem Werkjahr ausgezeichnet worden.
Raeber hat in den letzten zwei Jahren viele Gedichte in Luzerner Alemannisch geschrieben; daneben entstand Lyrik in hochdeutscher Sprache. Sie sollen im Herbst in einem Buch mit dem Titel «Abgewandt Zugewandt» erscheinen, der auch einen Essay Raebers über das Schweizer Sprachdilemma Hochdeutsch-Mundart enthält. Raeber glaubt, dass das Alemannische, der Dialekt, «in der Schweiz nahe daran» ist, «selber zur Hochsprache zu werden», dass die Balance zwischen beiden Idiomen nicht mehr existiert.
Der «Auslandschweizer» Raeber warnt vor der Eingleisigkeit: «Der heutige Schweizer erlebt sein Land als einen geschlossenen, von seiner nächsten Umgebung durch eine zwar unsichtbare, aber desto schärfere Linie abgetrennten Raum. Stuttgart liegt ihm ferner als New York» .
- Schwöre
- Schlöttli ond Gschtältli
- Fredetal
- Neu York I / II / IV
- De Schoppe
Tages-Anzeiger, 21.10.1983, S. 27 (5 Gedichte)
Unter dem Titel «Abgewandt Zugewandt» soll demnächst ein Gedichtband des Luzerners Kuno Raeber erscheinen: Raeber lebt seit 1958 in München. Die Gedichte, von denen wir hier einen Eindruck vermitteln wollen, sind zweisprachig: Hochdeutsch und Luzerner Alemannisch. Mit dem Spannungsfeld zwischen Mundart und sogenannter Schriftsprache befasst sich Raeber seit längerer Zeit: davon zeugt auch das Nachwort des Gedichtbandes «Über das schweizerische Sprachdilemma».
- Gfrörni
- Kennst Du nicht?
- Lichtung
- De Chöbel
- S Libli
Neue Zürcher Zeitung, Nr. 291, 14./15.12.1991, S. 27 (4 Gedicht-Nachdrucke aus Reduktionen)
Im Hinblick auf die Zusprechung des Luzerner Kunstpreises am 15.12.1991
→ Umfangreiche Zusammenstellung von verstreuten Texten in D-3-a-01/a-t (Schachtel 92)
Wer es vermöchte
dich hinauszuführen zum Schilfplatz,
wo der schlammbärtige Greis einen Moment
innehielte im Ausgießen des Flußkrugs,
05 um, wenn auch umsonst, zu entdecken,
warum du hier stöhnend am Baum stehst:
Wer dies vermöchte,
dem bliebe erspart,
in der Lapislazulihöhle der Kirche
10 aufzuzucken unter dem Schwirren
eines jeden einzelnen Pfeils,
der aus dem Hinterhalt der Gebete
deinen Leib trifft.
Dort draußen schwängen die Engel
15 sich von den Zweigen, zu trocknen
mit Linnen dein Blut,
so daß noch stummer stünde das Staunen des Greises.
Wenn er dich auch vielleicht, mit Mühe, endlich erkennte,
so erkennten dich kaum je die verdrängten
20 Luftgeister, Flußfrauen, Dryaden:
wer es vermöchte …
- Details
- Konvolut: Verstreutes
- Besonderes: Übertitel: Gedichte von Kuno Raeber
- Zeitschrift: Neue Zürcher Zeitung, 1.6.1958, Bl. 6
- Letzter Druck: GEDICHTE 1960
- Textart: Verse
- Fassung: Zwischenfassung
Als ich die Augen auftat in der Kammer,
bekam ich Angst und begann
mich durch das Grabmal langsam aufwärts zu tasten.
Oben richtete ich mir Gemächer,
05 wo ich in schwerem Brokat ging und,
voll Lust zur Uebertreibung, eine dreifache Krone trug:
Die Reste von Bescheidenheit,
die ich im Leben von den Alten noch hatte,
ließ ich jetzt ganz weg,
10 da mir die Biegung der Seele so wichtig geworden war seither.
Und nur gelegentlich, zur Entspannung,
befleißigte ich mich der Sprache und Gestik
verzückter Fische,
die einfach, ohne Reflexion,
15 still schimmernd schwimmen.
Bis ich mich schließlich,
nach all den vielen Versuchen,
mein Imperium so darzustellen,
daß keiner, den es ergriff,
20 sich ihm jemals wieder entziehen könnte:
entschied für eines der Bilder,
die lange wirken, auch wenn sie
den Verdacht der bloßen Maskerade auf sich ziehn,
und trat auf die Zinne:
25 Die Flügel noch gebreitet vom Herabflug,
das Schwert der Seuche in die Scheide steckend;
kurz, in der schönen Pose
des nach langem Groll versöhnten,
durch Bitten, Bußasche, Kerzen und Prozessionen
endlich beschwichtigten
30 und so auf dieser hohen Stelle fromm erinnert
festgehaltnen
die Stadt beruhigenden Engels.
- Details
- Konvolut: Verstreutes
- Besonderes: Strophengliederung, ev. aus Layoutgründen; Übertitel: Gedichte von Kuno Raeber
- Zeitschrift: Neue Zürcher Zeitung, 1.6.1958, Bl. 6
- Letzter Druck: GEDICHTE 1960
- Textart: Verse
- Fassung: Zwischenfassung
Dass du nicht mit den anderen Schiffern
einstiegst in Birnau
in die rosig erlöschende Muschel,
sondern es vorzogst,
05 die Zustellung des ohnehin
unvermeidlichen Befehls
an der Autobahn zu erzwingen …
Nicht erlaubt ist dies Auge,
das nur schaut und nicht ansieht.
10 Immerhin, das hattest du nun zu verstehen beschlossen:
die Gefahr für die andern
Verkehrsteilnehmer
bei so plötzlichem Wechsel des Glanzes –
Aber «Was wollen Sie hier an der Straße?»
15 «Nichts, nichts, was sollte ich wollen?»
«Wissen Sie nicht …?»
Du hast leider vergessen,
dich rechtzeitig mit andern,
zwecks Wahrnehmung deiner Interessen,
20 zusammenzuschließen.
Du weißt von keinen Interessen,
es sei denn von diesem Bedürfnis,
das manchmal unüberwindlich da ist:
einen dürren Zweig mit dem Fuß
25 von der Straße weg in die Gräser zu schieben.
- Details
- Konvolut: Verstreutes
- Zeitschrift: Hortulus. Illustrierte Zweimonatsschrift für neue Dichtung 8 (1958), H. 3 (Juni), S. 94·
- Letzter Druck: Verstreutes
- Textart: Verse
- Fassung: Letzte Fassung
- Werke / Chronos: Bd.7, 189
Doch heute, ohne Begehren, trage ich dich
in der Brieftasche als ein Ikon
und folge mit unglaublichem Gefallen
der grünen Sternbahn der Schlange,
05 die die Hand eines Knaben hinausschoß:
fest sitzt er auf Klettermasts
halber Höhe, vollauf dort zufrieden.
Die rosige Luft, die sich sammelt in seinem Hemd,
die Vesperstunde hat sie mählich, allmählich
10 hingegossen über den ganzen Hügel.
Kräht ein Truthahn seine Korallen, scheint es,
daß der Rauch auf den Dächern zittert davon.
Nonnen, ausgegangen ohne die Zöglinge, stehn
über einem Felshang wie Ziegen: verlorne Gesichter,
15 gebeugt über verlorene Blumen.
- Details
- Konvolut: Verstreutes
- Besonderes: Gedicht von Giorgio Orelli; «Aus dem Italienischen von Kuno Raeber»
- Zeitschrift: Hortulus 8 (Oktober 1958), S. 157
- Letzter Druck: Verstreutes
- Textart: Verse
- Datierung: pauschal (Konvolut)
- Fassung: Letzte Fassung
Nur in den ersten
Nächten des Frühlings erregt
der Gesang der Sibylle:
»Wie unter Tiburs Bäumen,
05 wenn da der Dichter saß
und unter Götterträumen
der Jahre Flucht vergaß …«
die Gebirge zum Grünen.
Treibt den einen in die Hotelbar, die
10 von Lippenrot heißen
Schnäpse zu trinken.
Den andern erregt er,
die rauhe Uralte
selber im Tempel zu suchen: Sie hat sich
15 in der Cella verborgen.
Und voll
strahlt jetzt erst der Mond. Die Hänge
dampfen; die Droge
wäre jetzt wohl am stärksten.
20 Doch ihn erschrecken
Ruinen schon wieder, und Blüten
fand er so üppig sonst nur auf Gräbern.
Sogar die Kaskaden, sie fallen
stumm vor der Stimme,
25 die aus der Cella
»Wo ihn die Ulme kühlte
und wo sie stolz und froh
um Silberblüten spielte,
die Flut des Anio«
30 im Wachtraum heiser herabschreit.
- Details
- Konvolut: Verstreutes
- Besonderes: Erstes von 2 Gedichten
- Zeitschrift: Jahresring 1958/59, S. 206-207
- Letzter Druck: GEDICHTE 1960
- Textart: Verse
- Datierung: pauschal (Konvolut)
- Fassung: Zwischenfassung
Die Fischhändlerin leert
den Eimer aus auf die Straße: das Wasser
kommt nicht auf gegen den heißen
Asphalt und ist, kaum
05 er es nur begriff, schon verdunstet.
Der Fisch aber war
gerade so weit,
als man ihn fing heute früh:
»Seit ich einmal ins Licht
10 und in die Wärme hinaufstieß,
von wo vor langem der Hochfisch, der seither,
Seesterne im Ohr, auf der Brust
Polypen, im Grund liegt,
herabgestürzt war:
15 Seit ich einmal hinaufstieß,
fürchte ich mich: Das Kühle
war nicht mehr da. Mir erstarrten
die Kiemen. Die Flossen
fanden nicht Widerstand mehr,
20 sich voran zu bewegen …
Gehn wir alle dorthin und verlieren
wie der Hochfisch Kiemen und Flossen?:
Nach wievielen Toden?
Der Hochfisch war Übertreibung. Unten
25 muß man bleiben und die
verdächtigen Höhen vermeiden.
Wohnen will ich von morgen
an in seinem noch freien
Ohr, wo die Erinnerung
30 Ansporn und Warnung zugleich ist … «
Gerade so weit war der Fisch,
als man ihn fing heute früh.
Doch das Wasser, das die Händlerin ausgießt,
kommt gegen den heißen
35 Asphalt der Straße nicht auf
und ist, kaum er es nur
begriff, schon verdunstet.
- Details
- Konvolut: Verstreutes
- Besonderes: Zweites von 2 Gedichten
- Zeitschrift: Jahresring 1958/59, S. 207-208
- Letzter Druck: GEDICHTE 1960
- Textart: Verse
- Datierung: pauschal (Konvolut)
- Fassung: Zwischenfassung
Ich habe den Berg mit dem weißen
Parthenon vergessen.
Und das Haus des Erechtheus mit den Karyatiden
hab ich vergessen.
05 Hör ich das Wort Erechtheion,
seh ich deinen gestreiften Pullover
zwischen den Karyatiden,
quasi morto.
Jetzt, im Sand des saronischen Golfs ist unser Irren
10 zwischen Phaleron und Piräus nur noch ein Stummfilm,
unser erster Gang zum Lykabettos (oder wars zum Hymettos?)
ein Sandspiel der Kinder.
Quasi morto,
im Sand des saronischen Golfs
15 schmeckt mein Mund dein Ohr
salzig und schmeckt mein Mund
Salz und Öl deiner Schulter.
Quasi morto,
voll ist dein Ohr am saronischen Golf von den Bienen,
20 voll vom Gesumm des Hymettos.
Ich habe die Namen vergessen:
Athen, Lykabettos, Hymettos,
Phaleron und Piräus,
Salz und Öl deiner Schulter im Mund
25 und das Summen im Ohr, in deinem, in meinem,
der Bienen des fernen Hymettos.
O, quasi morto.
- Details
- Konvolut: Verstreutes
- Besonderes: Zweites von 3 Gedichten (GEDICHTE)
- Zeitschrift: Merkur, Nr. 133, März 1959, S. 232
- Letzter Druck: GEDICHTE 1960
- Textart: Verse
- Datierung: Monat + Jahr
- Fassung: Zwischenfassung
- Signatur: D-3-b-01/a
- Identisch mit: GEDICHTE 1960
Werfen die persischen Reiter dort drüben
die Wolke am Horizont auf?
Wenn sie heranstöben, wären
sie freilich enttäuscht;
05 denn sie fänden hier nicht den Kaiser
im Purpurzelt, sie fänden
den unrasierten Reisenden nur, von dem sich
kein Genius, sein Gesicht verhüllend, mehr wendet.
Genien verhüllen und wenden
10 sich nur in purpurnen Zelten.
Aber die Luft
entwich längst aus den Reifen.
Und schösse auch eine Lanze
heraus aus der Wolke,
15 sie durchschlüge einen rostigen Kühler.
Und löste sich trotzdem die Ordnung
des Heers auf, so doch nur,
damit es sich um den Wagen versammle: die Marke,
das Baujahr, die Zahl
20 der Pferdekräfte zu sehen.
Doch wahrscheinlich wirft niemand mehr Lanzen,
wahrscheinlich haben alle neuere Wagen
gesehen und fahren in Panzern vorüber …:
Sind die persischen Reiter,
25 der Genius und das purpurne Zelt,
sind sie Julians,
sind sie sein eigener Tod, den die Wolke
vom Horizont dort drüben heranträgt?
- Details
- Konvolut: Verstreutes
- Details: V. 23 kein Doppelpunkt (GEDICHTE 1960)
- Besonderes: Letztes von 3 Gedichten (GEDICHTE)
- Zeitschrift: Merkur, Nr. 133, März 1959, S. 233
- Letzter Druck: GEDICHTE 1960
- Textart: Verse
- Datierung: Monat + Jahr
- Fassung: Zwischenfassung
- Signatur: D-3-b-01/a
- Identisch mit: GEDICHTE 1960
Du hebst das Horn
und vergiftest die Winde,
hebst es auf vor dem Wald,
den versteckten
05 Blüten, den Teichen mit Rosen,
den Grotten voll von Lianen.
Du senkst das Horn
und dringst hinein in den Wald;
da sind die Blüten verfault
10 und verkohlt die riesigen Bäume.
Der Teich ist ein Moor ohne Rosen,
Moder die Grotten.
Du mußt aber weiter, du mußt
durch die Gänge, die gleich deinem Horn
15 gewunden sind, doch nicht purpurn.
Weh deinem Vlies:
da drinnen liegt nicht Minotauros.
Unter zerbrochnen
GIasdächern uralter Fabriken
20 bei rostroten Maschinen,
die keiner mehr zu bedienen versteht,
liegen die Mumien da,
Könige aus Leder
und Krokodile mit blätternden Schuppen
25 (Blätter, duftende Blüten),
Augen, offen und schimmlig
(im Teich die offenen Rosen). –
Hebe wieder dein Horn
dann ist nur noch Staub, und du watest.
30 Staub ist nur noch statt Moder. // 232
Statt Labyrinthen,
statt Mumien ist nur noch Staub.
Und du watest bis zu den Knöcheln
tief im flimmernden Staub,
35 watest im Kreis und siehst
überall eine Jungfrau.
- Details
- Konvolut: Verstreutes
- Besonderes: Erstes von 3 Gedichten (GEDICHTE)
- Zeitschrift: Merkur, Nr. 133, März 1959, S. 231-232
- Letzter Druck: Verstreutes
- Textart: Verse
- Datierung: Monat + Jahr
- Fassung: Letzte Fassung
- Signatur: D-3-b-01/a
- Werke / Chronos: Bd.7, 190-191
Das Mädchen weint am Morgen und trinkt seine Milch
und vergißt den nächtlichen Löwen.
Aber in der nächsten Nacht kommt aus der Ecke
hinter dem Schrank ein anderer Löwe hervor
und erfüllt das Zimmer mit der Schnauze
und mit der Mähne.
05 Und das Mädchen küßt ihn, wenn es auch zittert.
Und zum Lohn verwandelt sich der Löwe zum Prinzen.
Aber Prinzen vertragen Küsse nicht besser als Löwen:
er erstarrt und liegt, ein Steinblock, in der Ecke
des Zimmers.
Das Mädchen weint am Morgen und trinkt seine Milch
und vergißt den nächtlichen Löwen.
10 Aber in der nächsten Nacht wird es den neuen Löwen
doch wieder küssen.
Bald liegen die Findlinge in allen Ecken des Zimmers,
zurückgelassen von den nächtlichen Gletschern.
Die Besucher tun, als ob sie nichts sähen;
sie wissen ja nichts von der Sekunde des Prinzen.
15 Das Mädchen weint am Morgen und trinkt seine Milch
und vergißt den nächtlichen Löwen.
- Details
- Konvolut: Verstreutes
- Besonderes: Unter: Junge Autoren an der Arbeit; erstes von 3 Gedichten
- Zeitschrift: Neue Zürcher Zeitung, Nr. 65, 7.3.1959 (Blatt 11, Literatur und Kunst), Fernausgabe
- Letzter Druck: GEDICHTE 1960
- Textart: Verse
- Datierung: vollständig
- Fassung: Zwischenfassung
- Signatur: D-3-a-01/f
- Identisch mit: GEDICHTE 1960
Der Wind vom Gebirge ist kalt,
sie weichen vom Sandstrand aus
und küssen sich in der Grotte.
Der Wind vom Gebirge ist kalt,
05 aber nur er weckt die toten
Rosen: sie blühen nur in der Drehung,
sausende Rosen des Winds, aus dem Grund
Wasser aufsaugende Rosen.
Sie riechen den Duft nicht, bevor
10 die Pampelmuse, rot geworden, vom Tisch fällt.
Jetzt frieren sie vor der Grotte; die Rosen
erloschen auch für sie, die allein
sahen rot sausen das Beet bis zum Gebirge.
Der Wind vom Gebirge war kalt.
15 Sie wichen vom Sandstrand aus
und küßten sich in der Grotte.
Sie kommen schon aus der Grotte.
Die kalte Stunde des Winds
vom Gebirge allein ist die Stunde der Rosen.
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- Konvolut: Verstreutes
- Besonderes: Unter: Junge Autoren an der Arbeit; zweites von 3 Gedichten
- Zeitschrift: Neue Zürcher Zeitung, Nr. 65, 7.3.1959 (Blatt 11), Fernausgabe
- Letzter Druck: GEDICHTE 1960
- Textart: Verse
- Datierung: vollständig
- Fassung: Zwischenfassung
- Signatur: D-3-a-01/f
Der Mond blieb in den Wolken hängen,
sie flackern über den Arkadenhof.
Die Gloriole der Madonna in der Ecke
verzichtet zu erhellen den Arkadenhof.
05 Die zwei Soutanen verbieten's,
sie fahren aus dem Tor, verdunkeln
mit großem Flattern den Arkadenhof.
Der Mond fiel in die zwei Soutanen.
Sie flattern von seinem Flackern und befehlen
10 der Gloriole: «Bleib geduckt!»,
«Bleib finster!» dem Arkadenhof.
Die Wolken fahren leer,
und die Soutanen flattern,
gefangen ist der Mond und treibt mit Flackern
15 die zwei Soutanen über den Arkadenhof.
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- Konvolut: Verstreutes
- Besonderes: Unter: Junge Autoren an der Arbeit; letztes von 3 Gedichten
- Zeitschrift: Neue Zürcher Zeitung, Nr. 65, 7.3.1959 (Blatt 11), Fernausgabe
- Letzter Druck: GEDICHTE 1960
- Textart: Verse
- Fassung: Zwischenfassung
- Signatur: D-3-a-01/f
- Identisch mit: GEDICHTE 1960