Wenn die bräutliche Blume

Synopse

  • Bräutliche Blume des Aufgangs …*

    Notizbuch 1950-51 — Entstanden: 13. März 1951

    Bräutliche Blume des Aufgangs, 
    herabgeschwemmt nach Westen,  
    herabgeschwemmt nach dem glücklichen Land, 
    das in der Wüste, das im Sand  
    05birgt Gold, birgt die Schätze 
    eines verschollenen Königs.
    Aber über dem Grabe wohnt 
    der einsame Mann // 055 
    in den bröckelnden Mauern und 
    10denkt der ewigen Dinge, 
    wenn am Morgen purpurn wogt 
    die Sonne über die Dünen, 
    und am Abend violetten zurückfliesst: 
    denkt der ewigen Dinge unter den Sternen. 
    15Da hervor aus dem Grabe kommen 
    die Geister der Toten, des Königs 
    und seines getöteten Trosses. Und 
    die Bewohner schrecken den Mann, 
    locken hinab in ihr älteres Reich, 
    20in ihr Reich das sonnenfern prangt, 
    bestrahlt vom flackernden Licht 
    der glühenden Gründe. // 056 
    Er aber weiss von den Höhen, 
    wo der Wein wächst und wo der 
    25Strahl durchdringt des fremden Gestirns, 
    das im Herzen des Menschen nagt 
    und nagender täglich
    ihn anverwandelt dem Fremdling: 
    sodass er flieht die Gespenster 
    und mitten in ihrem Toben 
    30einsam kniet unberührt und den 
    Thronenden anfleht und sieht.

  • Bräutliche Blume des Aufgangs …* (A)

    Manuskripte 1951 — Entstanden: 14. März 1951

    Bräutliche Blume des Aufgangs,
    herabgeschwemmt nach Westen,
    herabgeschwemmt nach dem glücklichen Land, 
    das in der Wüste, das im Sand birgt Gold, 
    05birgt die Schätze eines verschollenen Königs. 
    Aber über dem Grabe wohnt der einsame Mann 
    in den bröckelnden Mauern und denkt der ewigen Dinge, 
    wenn am Morgen purpurn  wogt die Sonne
    über die Dünen 
    und am Abend veilchenfarben zurückfliesst. 
    10Kommen hervor aus dem Grabe die Geister
    der Toten, 
    des Königs und seines geopferten Trosses. Sie 
    schrecken den Mann und locken ihn hinab in ihr
    älteres Reich, 
    das sonnenfern prangt, bestrahlt vom schwarzen Licht
    der glühenden Gründe. // 01v
    Er aber ist wie die Höhen, wo Wein wächst und wo 
    der Strahl durchdringt des höchsten Gestirns, 
    15das die Traube der Flamme zuverwandelt: 
    sodass er flieht die Gespenster und in ihrem Toben 
    einsam kniet, unberührt, und den Thronenden
    anfleht und sieht.

  • Wenn die bräutliche Blume des Aufgangs …* (B)

    Manuskripte 1951 — Entstanden: 15. März 1951

    Wenn die bräutliche Blume des Aufgangs,
    herabgeschwemmt nach der Wüste, die Gold birgt im Sand,
    birgt die Schätze des uralten Königs 
    entfaltet am Rande des Himmels die rötliche Blüte, 
    05denkt der einsame Mann in den bröckelnden Mauern
    des Grabmals 
    der ewigen Dinge, noch der ewigen Dinge, wenn die Blume 
    am Abend wiederum schliesst die veilchenfarbene Blüte. 
    Wenn empor aus dem Gewölbe steigt der König 
    und steigt der geopferte Tross, zu schrecken 
    10 den Mann, ihn zu locken hinab in ihr älteres Reich, 
    das sonnenfern prangt im schwarzen Licht der
    glühenden Gründe. 
    Er aber ist wie die Höhen, wo Wein wächst und wo 
    die Flamme sich anverwandelt die Traube, 
    sodass er mitten im Toben des Fürsten einsam 
    15kniet, unberührt und den Hochthronenden
    anfleht und sieht.

  • Wenn die bräutliche Blume des Aufgangs …* (C)

    Manuskripte 1951 — Entstanden: 16. März 1951

    Wenn die bräutliche Blume des Aufgangs, 
    herabgeschwemmt nach der Wüste,
    entfaltet am Rande des Himmels rötlich die Blüte, 
    denkt der einsame Mann in den Mauern des Grabmals 
    05der ewigen Dinge, noch der ewigen Dinge, 
    wenn die Blume wiederum schliesst 
    die veilchenfarbene Blüte, 
    wenn empor aus dem Gewölbe steigt der König, 
    steigt der geopferte Tross, 
    den Mann zu locken in die Jahrtausende nieder, 
    10das sonnenfern prangt im schwarzen Licht 
    der glühenden Gründe. 
    Er aber ist wie die Höhen, wo Wein wächst und wo 
    die Flamme sich anverwandelt die Traube, 
    sodass er, mitten im Toben einsam kniet, 
    und den Hochthronenden anfleht und sieht.

  • Wenn die bräutliche Blume des Aufgangs …* (D)

    Manuskripte 1951 — Entstanden: 26. März 1951

    Wenn die bräutliche Blume des Aufgangs,
    herabgeschwemmt nach der Wüste,
    Öffnet am Rande des Himmels veilchenfarben 
    die Blüte, 
    denkt der einsame Mann in den Mauern des
    Grabmals der ewigen Dinge, 
    noch der ewigen Dinge, wenn die Blume über dem 
    Scheitel ganz entbreitet die rötlich glühenden Blätter 
    05 und aus der Gruft empor steigt die Fürstin mit
     dem geopferten Tross, 
    den Mann zu locken in die Jahrtausende nieder, 
    in das schwarze Licht der sonnenfern prangenden
     
     Gründe<.>
    Er aber ist wie die Höhen, wo Wein wächst // 02
    und wo die Flamme sich anverwandelt die Traube: 
    10 sodass er mitten im Tagspuk einsam kniet 
    und den Thronenden anfleht und sieht.

  • Wenn die bräutliche Blume des Aufgangs …* (E)

    Manuskripte 1951 — Entstanden: 31. August 1951

    Wenn die bräutliche Blume des Aufgangs, herabgeschwemmt
    nach der Wüste,
    öffnet am Rande des Himmels die bläuliche Blüte, 
    denkt der einsame Mann in den Mauern des Grabmals der ewigen Dinge, 
    noch der ewigen Dinge, wenn die Blume über dem Scheitel ganz 
    entbreitet die glühenden Blätter 
    05und aus der Gruft empor steigt die Fürstin mit dem geopferten Tross, 
    den Mann zu locken in die Jahrtausende nieder, 
    in das schwarze Licht der sonnenentsunkenen Gründe. 
    Er aber ist wie die Höhen, wo Wein wächst 
    und wo die Flamme sich anverwandelt die Traube: 
    10sodass er mitten im Tagspuk einsam kniet und den Thro-
    nenden anfleht und schaut.