Manchmal gedenken wir Lauten

Synopse

  • Tag und Nacht.

    Typoskripte 1943-46 — Nicht datiert! . . . (Dezember 1945 *)

    Manchmal gedenken wir Lauten
    mittags des stilleren Mondes,
    der nicht in Flammen uns wärmt,
    dennoch die Nächte erhellt.
    05 Manchmal, ob auch wir nicht wollen,
    steht inmitten des Herzens
    aufrecht und dunkel die Pappel,
    auf ihrem Wipfel der Mond,
    ruhend vom einsamen Gang
    10durch die sternblühende Nacht.
    Nacht rührt oft uns die Seele,
    oft uns Lärmenden noch:
    War sie nicht Schossraum des Worts,
    das unsre Welten erschuf?
    15Fiel es nicht klingend in sie, 
    trug nicht Nacht die Musik?
    Stille der Nächte allein
    nährte den wachsenden Ton.
    Und das Dunkel des Raums
    20wiegte das Licht in den Tag.
    Aber die Mutter verging
    klaglos im Schmerz der Geburt.
    Siehe, die Pappel, sie trägt
    dunkel im Wipfel den Mond:
    25Stille im Herzen des Lärms
    und des grell - lichten Tags
    wächst schon neu eine Nacht.

  • Tag und Nacht (1946)

    Verstreutes — Publiziert: Oktober 1946

    Manchmal gedenken wir Lauten
    mittags des stilleren Mondes,
    der nicht in Flammen uns wärmt,
    dennoch die Nächte erhellt.
    05Manchmal, ob auch wir nicht wollen,
    steht inmitten des Herzens
    aufrecht und dunkel die Pappel,
    auf ihrem Wipfel der Mond,
    ruhend vom einsamen Gang
    10durch die sternblühende Nacht.
    Nacht rührt oft uns die Seele,
    oft uns Lärmenden noch:
    war sie nicht Schossraum des Worts,
    das unsre Welten erschuf?
    15Fiel es nicht klingend in sie, 
    trug nicht Nacht die Musik?
    Stille der Nächte allein
    nährte den wachsenden Ton.
    Und das Dunkel des Raums
    20wiegte das Licht in den Tag.
    Aber die Mutter verging
    klaglos im Schmerz der Geburt.
    Doch die Pappel, sie trägt
    dunkel im Wipfel den Mond:
    25Stille im Herzen des Lärms
    und des grell-lichten Tags
    wächst schon neu eine Nacht.