Frankfurt am Main II

Synopse

  • Quattorze juillet

    Notizbuch 1980-88 — Entstanden: 15. Juli 1982

    Nicht den von 1789 in Paris
    nein, den von 1794 meine ich
    in Frankfurt am Main, den
    vierzehnten Juli. Goethe war
    05weit fort in Weimar. Die Frau
    Rath lebte immerhin noch. Aber
    beide hatten
    keinen Sinn für das, was da
    vorging, als Franz
    10von Toskana als Letzter // 138
    die Römische Krone empfing, Sakra-
    ment und
    Beschwörung einer magischen
    Ordnung voraus-
    15weisend auf das
    Imperium, das
    universale, das Reich
    des Ewigen Friedens, das es
    bis heute nicht gibt, auch der
    20Völkerbund und die Vereinten
    Nationen sind erst
    dürftige Voranzeigen weniger
    sinnen-
    fällig als der Flug des
    25Adlers, dafür mehr schon
    urbi e orbi. Die Tiara
    der Adler die Krone
    Konrads aus Byzanz
    für Goethe und die Frau Rath // 139
    30waren das alles Antiquitäten. Das Allge-
    meine gab es für sie
    höchstens als eine moralische
    Übereinkunft der
    Menschen als eine
    35Versittlichung ihres
    Umgangs. Das Reich
    war ihnen nur noch ein
    Überbleibsel der
    mittleren Zeit und die Krönung des Kaisers
    40ein gemütliches Schauspiel aus der
    Stadtgeschichte von Frankfurt. Was ist es
    da zu verwundern, dass die
    Söhne und Enkel
    den Frankfurter 14. Juli über
    45dem Pariser vergassen und aus dem
    Reich ein weiteres
    Kästchen machten unter den vielen // 140
    Staatskästchen einander
    bedrängend zerquetschend auf der
    50 schmalen Strasse
    zur Macht und zum Reichtum.
    Die Doppelkrone des oberen und des
    unteren Reiches
    wandert ins Museum der Horus-
    55 falke in den Zoologischen Garten.
    Der wahrhaft
    sittliche wahr-
    haft vernünftige Mensch
    versteht die Zeichen nicht mehr und hat
    60 sie, der glückliche hat sie
    gar nicht mehr nötig.

  • Frankfurt am Main II / Vierzehnter Juli (A)

    Manuskripte 1979-83 — Entstanden: 11. Dezember 1982

    Nicht der von 1789 in Paris nein
    der von 1794 ist gemeint in
    Frankfurt am Main der
    vierzehnte Juli Goethe
    05war weit fort in Weimar die Frau
    Rath lebte immer noch aber beide
    hatten keinen Sinn für das was da
    vorging als Franz
    von Toskana als Letzter
    10die Römische Krone empfing
    Sakrament und Beschwörung einer
    magischen Ordnung voraus-
    weisend auf das universale
    Reich des ewigen Friedens das es
    15bis heute nicht gibt und auch der
    Völkerbund und die Vereinten
    Nationen sind erst
    Voranzeigen weniger sinnen-
    fällig als der Flug des
    20Adlers vom Nil bis zum Main war dafür
    mehr schon Urbi et Orbi aber die Krone // 05v
    die heilige Lanze für Goethe
    und für die Frau Rath waren nur
    Antiquitäten das All-
    25gemeine gab es für sie nur als eine
    moralische Übereinkunft der Menschen als eine
    Versittlichung ihres privaten
    Umgangs miteinander das Reich
    war ihnen nur noch
    30ein Überbleibsel der
    mittleren Zeit und die Krönung des Kaisers
    ein gemütliches Schauspiel aus der
    Stadtgeschichte von Frankfurt was ist es
    da zu verwundern, dass die
    35Söhne und Enkel den Frankfurter 14. Juli über
    dem Pariser vergassen und aus dem
    Reich ein weiteres
    Kästchen machten unter den vielen
    Staatskästchen einander
    40bedrängend zerquetschend auf der
    schmalen Strasse zur Über-
    macht und zum Reichtum die Doppel-
    krone des oberen und des
    unteren Reiches kommt ins
    45Museum der Horus-
    falke in den Zoologischen Garten der wahrhaft ||
    sittliche wahr-
    haft vernünftige Mensch
    versteht die Zeichen nicht mehr und hat
    50 sie der glückliche
    gar nicht mehr nötig.

  • Frankfurt am Main II / Der Vierzehnte Juli (B)

    Manuskripte 1979-83 — Entstanden: 02. Februar 1983

    Nicht der von 1789 in Paris
    der von 1794 in Frankfurt am Main der
    vierzehnte Juli Goethe
    war weit fort in Weimar die Frau
    05Rath lebte immer noch beide
    hatten keinen Sinn für das was da
    vorging als Franz
    von Toskana als Letzter
    die Römische Krone empfing
    10Sakrament und Beschwörung einer
    magischen Ordnung voraus-
    weisend auf das universale
    Reich des ewigen Friedens das es
    bis heute nicht gibt und auch der
    15Völkerbund und die Vereinten
    Nationen sind erst
    Voranzeigen weniger sinnen-
    fällig als der lange
    Flug des Adlers vom Nil bis zum Main aber dafür // 6v
    20schon allgemeiner die Krone
    die heilige Lanze waren für Goethe
    und für die Frau Rath nur
    Antiquitäten das All-
    gemeine gab es für sie nur als eine
    25moralische Übereinkunft der Menschen das Reich
    war ihnen nur ein Überbleibsel
    der mittleren Zeit und die Krönung des Kaisers
    ein gemütliches Schauspiel aus der
    Heimatgeschichte was ist es
    30da zu verwundern dass die
    Söhne und Enkel den Frankfurter 14. Juli über // 07
    dem Pariser vergassen und aus dem
    Reich einen weiteren
    Kastenwagen machten unter den vielen
    35Kastenwägen alle plombiert und verriegelt einander
    bedrängend zerquetschend auf der
    schmalen Strasse zur Über-
    macht und zum Reichtum die Doppel-
    krone des Oberen und des
    40Unteren Reiches kommt ins
    Museum der Horus-
    falke in den Zoologischen Garten der wahrhaft
    sittliche wahrhaft
    vernünftige Mensch versteht die
    45Zeichen nicht und hat sie
    der glückliche
    auch nicht mehr nötig.

  • FRANKFURT AM MAIN II / Der Vierzehnte Juli

    Typoskripte 1983 — Entstanden: 1983

    Nicht der von 1789 in Paris 
    der von 1794 in Frankfurt am Main der 
    vierzehnte Juli Goethe
    war weit fort in Weimar die Frau
    05Rat lebte immer noch beide
    hatten keinen Sinn für das was da
    vorging als der grämliche
    Franz von Toskana als Letzter
    die Römische Krone empfing
    10Sakrament und Beschwörung einer
    magischen Ordnung voraus-
    weisend auf das universale
    Reich des ewigen Friedens das es
    bis heute nicht gibt und auch der
    15Völkerbund und die Vereinten
    Nationen sind erst
    Voranzeigen weniger sinnen-
    fällig als der lange
    Flug des Adlers vom Nil bis zum Main aber dafür
    20schon allgemeiner die Krone
    die heilige Lanze waren für Goethe
    und für die Frau Rat nur
    Antiquitäten das All-
    gemeine gab es für sie nur als eine
    25moralische Übereinkunft der Menschen das Reich
    war ein Überbleibsel
    der mittleren Zeit und die Krönung des Kaisers
    ein gemütliches Schauspiel aus der 
    Heimatgeschichte was ist es
    30da zu verwundern dass die
    Söhne und Enkel den Frankfurter vierzehnten Juli über
    dem Pariser vergassen und aus dem // 
    Reich einen weiteren
    Panzerwagen machten unter den vielen
    35Panzerwägen alle plombiert und einander
    bedrängend zerquetschend auf der
    schmalen Strasse zur Welt-
    macht und zum Reichtum die Doppel-
    krone des Oberen und des
    40Unteren Reichs kommt ins
    Museum der Horus-
    falke in den Zoologischen Garten der wahrhaft
    sittliche wahrhaft
    vernünftige Mensch versteht die
    45Zeichen nicht und hat sie
    der glückliche
    auch nicht mehr nötig.

  • Frankfurt am Main / II / Der Vierzehnte Juli

    Hochdeutsche Gedichte 1985 — Publiziert: 1985

    Nicht der von 1789 in Paris
    der von 1794 in Frankfurt am Main der
    vierzehnte Juli Goethe
    war weit fort in Weimar die Frau
    05Rat lebte immer noch beide
    hatten keinen Sinn für das was da
    vorging als der grämliche
    Franz von Toskana als Letzter
    die Römische Krone empfing
    10Sakrament und Beschwörung
    magischen Ordnung voraus-
    weisend auf das universale
    Reich des ewigen Friedens das es
    bis heute nicht gibt und auch der
    15Völkerbund und die Vereinten
    Nationen sind erst
    Voranzeigen weniger sinnen-
    fällig als der lange
    Flug des Adlers vom Nil bis zum Main aber dafür
    20schon allgemeiner die Krone
    die heilige Lanze waren für Goethe
    und für die Frau Rat nur
    Antiquitäten das All-
    gemeine gab es für sie nur als eine
    25moralische Übereinkunft der Menschen das Reich
    war ein Überbleibsel
    der mittleren Zeit und die Krönung des Kaisers
    ein gemütliches Schauspiel aus der // 061
    Heimatgeschichte was ist es
    30da zu verwundern daß die
    Söhne und Enkel den Frankfurter vierzehnten Juli über
    dem Pariser vergassen und aus dem
    Reich einen weiteren
    Panzerwagen machten unter den vielen
    35Panzerwägen alle plombiert und einander
    bedrängend zerquetschend auf der
    schmalen Straße zur Welt-
    macht und zum Reichtum die Doppel-
    krone des Oberen und des
    40Unteren Reichs kommt ins
    Museum der Horus-
    falke in den Zoologischen Garten der wahrhaft
    sittliche wahrhaft
    vernünftige Mensch versteht die
    45Zeichen nicht und hat sie
    der glückliche
    auch nicht mehr nötig.