Die Porphyrsäule

Synopse

  • Dreht empor die Säule aus Porphyr …*

    Notizbuch 1952-54 — Entstanden: 03. April 1952

    Dreht empor die Säule aus Porphyr
    und endet in dem gipsernen Torso:  
    unwürdig höhnt die Bekrönung
    starken Tänzer, der immer bleibt 
    05am selben Ort und Räume besitzt 
    an dem einen Punkt ohne Zahl, 
    Grotten hineingedehnt in 
    dies blaue Gebirge: schweres Gebirge 
    gelockert, doch ein wenig erleichtert 
    10durch diese Grotten, deren tropfende 
    Wände mancher noch nur ahnt. 
    Und hier tanzt die Säule, bewegt 
    sich immer am selben Ort, wunderbar // 023 
    dreht sie sich nach der Musik 
    15der Mädchen am Quell, der Sän-
    gerinnen dort hinten. 
    Immer gehöhnt von dem Torso, der 
    gipsernen Krönung. Hämisch bleibt 
    er zuhöchst, weiss jeder Drehung 
    20schnell sich zu schmiegen und fängt 
    vom Licht des Morgens, das 
    durch eine winzige Luke fällt // 024 
    überraschend herab, stets den ersten 
    Strahl mit seiner schäbigen Blösse. 

  • Empor dreht hoch die Säule aus Porphyr (A)

    Manuskripte 1952 — Entstanden: 04. April 1952

    Empor dreht hoch die Säule aus Porphyr,
    bis wo der gipserne Torso höhnisch 
    sie krönt: der starke Tänzer stets am selben Ort 
    bewegt, besitzend dennoch diese ganze Grotte, 
    05die sich unendlich ins Gebirge[,] dehnt 
    ins schwere, gelockert nur durch diese Grotte: 
    wir ahnen alle nur die ferne Wölbung, 
    wenn Tropfen uns fallen in das Haar. 
    Hier tanzt die Säule, dreht sich nach Gesang 
    10der Mädchen dort am Quell, 
    immer gehöhnt vom Torso, alberner Bekrönung, 
    der sich wiegt, der gipserne, und schnell sich 
    schmiegt der runden Drehung, 
    fangend vom Licht des Morgens, 
    15– Taube, die fällt durch eine kleine Lücke 
    auf einmal herab –, den ersten Strahl, 
    vom Licht des Morgens immer grinsend, schäbig.

  • Höhnisch krönt aus schäbigem Gips der Torso (B)

    Manuskripte 1952 — Entstanden: 06. April 1952

    Höhnisch krönt aus schäbigem Gips der Torso 
    hochgewundner Porphyrsäule Tanz: 
    starker Tanz am selben Ort allein 
    hat zu eigen diese ganze Grotte, 
    05die sich unterm schweren Felsen dehnt. 
    Alle ahnen nur die ferne Wölbung, 
    wenn die Tropfen fallen in das Haar. 
    Immer tanzt die Säule, dreht sich, horchend 
    Liedern Mädchen dort am Quell, 
    10stets gehöhnt vom Torso, der sich albern, 
    gipsern schmiegt der runden Drehung an, 
    fängt die Taube weg, die durch die Lücke 
    fällt herab am Morgen, erstes Licht. 
    Grinsend fängt er es der schönen Säule weg.

  • Höhnisch krönt der Torso, schäbiger Gips (C)

    Manuskripte 1952 — Entstanden: 07. April 1952

    Höhnisch krönt der Torso, schäbiger Gips
    hochgewundenen Tanz der Porphyrsäule: 
    unverrücktem Tanz am selben Ort 
    wird zu eigen diese ganze Grotte, 
    05die den schweren Felsen unterdehnt: 
    alle ahnen nur die ferne Wölbung, 
    wenn die Tropfen fallen in das Haar. 
    Nur die Säule fasst sie, tanzend nach den 
    Liedern dreier Mädchen dort am Quell, 
    10stets gehöhnt vom Torso, der sich albern 
    wendig schmiegt der runden Drehung an. 
    Der die Taube fängt, die durch die Lücke 
    fällt herab am Morgen, erstes Licht, 
    weg der Säule fängt mit bröckelndem Genick.

  • Unverrücktem Tanz der Porphyrsäule (D)

    Manuskripte 1952 — Entstanden: 08. April 1952

    Unverrücktem Tanz der Porphyrsäule
    wird zu eigen diese nächtige Grotte, 
    die den Felsen riesig unterdehnt. 
    Wo wir andern fürchten nur die Wölbung, 
    05wenn die Tropfen fallen in das Haar, 
    fasst in ihren Wirbel sie die Säule, 
    stets gehöhnt vom Torso, der sie albern 
    krönt, sich schmiegt der schnellen Drehung an. 
    Ja, die Taube fängt er weg, die durch die 
    10Lücke schwebt herab, mit spröden Stümpfen 
    fängt er weg der Säule einzigen Strahl.

  • Unverrücktem Tanz der Porphyrsäule (E)

    Manuskripte 1952 — Entstanden: 12. April 1952

    Unverrücktem Tanz der Porphyrsäule
    wird zu eigen diese nächtige Grotte,
    die den Felsen riesig unterdehnt. 
    Wo wir andern fürchten nur die Wölbung, 
    05wenn die Tropfen fallen in das Haar, 
    saugt in ihren Wirbel sie die Säule. 
    Stets gehöhnt vom Torso, der sie gipsern 
    krönt, sich schmiegt der schnellen Drehung an. 
    Ja, die Taube fängt er weg, die durch die 
    10Lücke schwebt herab, mit spröden Stümpfen 
    fängt er weg der Säule einzigen Gast.

  • Wo wir andern fürchten nur die Wölbung …* (F)

    Manuskripte 1952 — Nicht datiert! . . . (April 1952 *)

    Wo wir andern fürchten nur die Wölbung,
    wenn die Tropfen fallen auf das Haupt, 
    saugt in seinen Wirbel diese Grotte, 
    die den Felsen riesig unterdehnt, 
    05unverrückter Tanz der Prophyrsäule.

  • Wenn uns andre immer höhnt die Wölbung …* (G)

    Manuskripte 1952 — Entstanden: 16. April 1952

    Wenn uns andre immer höhnt die Wölbung
    und die Tropfen speit auf unser Haupt, 
    saugt in seinen Wirbel nächtige Grotte, 
    die den Felsen riesig unterdehnt, 
    05unverrückter Tanz der Porphyrsäule. 
    Aber sie, zum Hohne, krönt der Torso, 
    gipsern hält er doch der Drehung stand. 
    Ja, die Taube fängt er weg, die durch die 
    Lücke schwebt herab, mit spröden Stümpfen 
    10fängt er weg der Säule einzigen Trost und Gast.

  • Wenn uns andern immer speit die Wölbung …* (H)

    Manuskripte 1952 — Entstanden: 17. April 1952

    Wenn uns andern immer speit die Wölbung
    höhnisch schreckend Tropfen auf das Haupt

  • Wenn uns andern immer speit die Wölbung ...*

    Typoskripte Kutter — Nicht datiert! . . . (April 1952 *)

    Wenn uns andern immer speit die Wölbung,
    höhnisch schreckend, Tropfen auf das Haupt,
    saugt in seinen Wirbel nächtige Grotte,
    die den Felsen riesig unterdehnt,
    05 unverrückter Tanz der Porphyrsäule.
    Aber sie, zum Hohne, krönt der Torso:
    gipsern hält er doch der Drehung stand.
    Ja, die Taube fängt er weg, die durch die
    Lücke schwebt herab; mit spröden Stümpfen
    10 fängt er weg der Säule Trost und einzigen Gast.

  • Die Porphyrsäule (B*)

    Typoskripte 1952 — Entstanden: 1952

    Wenn uns andern immer speit die Wölbung,
    höhnisch schreckend, Tropfen auf das Haupt,
    saugt in seinen Wirbel nächtige Grotte,
    die den Felsen riesig unterdehnt,
    05 unverrückter Tanz der Porphyrsäule.
    Aber sie, zum Hohne, krönt der Torso:
    gipsern hält er doch der Drehung stand.
    Ja, die Taube fängt er weg, die durch die
    Lücke schwebt herab; mit spröden Stümpfen
    10 fängt er weg der Säule Trost und einzigen Gast.

  • Wenn uns andern immer speit die Wölbung …* (A*)

    Typoskripte 1952 — Entstanden: 1952

    Wenn uns andern immer speit die Wölbung,
    höhnisch schreckend, Tropfen auf das Haupt,
    saugt in seinen Wirbel nächtige Grotte,
    die den Felsen riesig unterdehnt,
    05 unverrückter Tanz der Porphyrsäule.
    Aber sie, zum Hohne, krönt der Torso:
    gipsern hält er doch der Drehung stand.
    Ja, die Taube fängt er weg, die durch die
    Lücke schwebt herab; mit spröden Stümpfen
    10 fängt er weg der Säule Trost und einzigen Gast.

  • Die Porphyrsäule (**)

    Typoskripte 1952 — Entstanden: 1952

    Wenn uns andern immer speit die Wölbung,
    höhnisch schreckend, Tropfen auf das Haupt,
    saugt in seinen Wirbel nächtige Grotte,
    die den Felsen riesig unterdehnt,
    05 unverrückter Tanz der Porphyrsäule.
    Aber sie, zum Hohne, krönt der Torso:
    gipsern hält er doch der Drehung stand.
    Ja, die Taube fängt er weg, die durch die
    Lücke schwebt herab; mit spröden Stümpfen
    10 fängt er weg der Säule Trost und einzigen Gast.